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Schadenmanager mit Diplom

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Schadenmanager mit Diplom

Neuer Ausbildungsgang soll Kenntnisse in der Unfallschadenabwicklung vermitteln

Die Kfz-Unfallschadenabwicklung hat sich seit Beginn dieses Jahrtausends zu einem ganz speziellen Geschäftsfeld entwickelt. Wer sich hier als Instandsetzungsbetrieb nicht auskennt, wirft sich selbst aus dem Rennen um die Reparaturaufträge. EDV-Schadenkalkulation, digitale Kommunikation mit Versicherern, Schadennetz-Anwendungen und Fahrzeughersteller-konforme Reparaturmethoden sind nur die übergeordneten Begriffe, die es zu beherrschen gilt. Ein profitables Betriebsergebnis setzt die Beherrschung des kompletten Umfeldes voraus.

Die Unfallschadenmanager (USM) sind die „personifizierten Schaltstellen“ im Betrieb, die sich im gesamten Spektrum der Unfallschadenabwicklung und -instandsetzung als Generalisten auskennen. Sie wissen die betroffenen Autofahrer nach einem Unfallschaden richtig anzusprechen, sind die „Kümmerer“ für alle jetzt erforderlichen Belange. Sie geben dem Kunden die Sicherheit, dass er alles bekommt, was ihm zusteht. Sie haben den Überblick, wann ein Rechtsanwalt und/oder Sachverständiger hinzugezogen werden muss. Der Kunde bleibt mobil und die Werkstatt erhält über die EDV-Schadenkalkulation mit schneller Antwort vom Versicherer einen minutiös geplanten Prozessablauf. Zum Arbeitsbeginn sind die Ersatzteile vorhanden, sodass die Reparatur-Vorgabezeiten wie geplant eingehalten werden können. Das ist die Basis für ein profitables Arbeiten – insbesondere dann, wenn der Druck auf den Stundenverrechnungssatz ständig steigt. Die Qualitätssicherungskontrollen greifen nach jedem abgeschlossenen Reparaturschritt: Karosserie-Instandsetzung – Lackiervorbereitung – Lackierung – Endmontage. Das gilt auch für den Fall, dass eine Fremdlackiererei fester Prozessbestandteil ist. Und zu guter Letzt sorgt der USM durch ein gezieltes „Pre-Crash-Marketing“ dafür, dass die Auftragslage für den Betrieb auf hohem Niveau bleibt.
Bisher nicht im Lehrplan
Die Ausbildung für das Beherrschen dieser Anforderungen steht bislang in keinem Lehrplan von beruflichen Bildungsstätten. Das hat zur Folge, dass weder Lehrkräfte noch Ausbilder ausreichend in der Thematik ausgebildet werden. In einem Life-Long-Learning-Projekt, gefördert von der Europäischen Kommission im Förderprogramm Leonardo da Vinci, soll dieses Defizit behoben werden. Zugleich ist eine pilotartige Implementierung des Qualifizierungsprofils in sechs europäischen Ländern vorgesehen.
Im Institut für Technik und Bildung (ITB) der Universität Bremen wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Georg Spöttl der Bedarf an qualifizierten USM-Lehrkräften und -Ausbildern erkannt. In enger Kooperation mit dem Ingenieurbüro Damschen und dem Kalkulations-Software-Spezialisten „Audatex“ wurden zwei Pilot-Seminare mit Studenten für das Lehramt an beruflichen Schulen, Schwerpunkt Kfz-Technik (Master of Education), durchgeführt. Die Seminaristen mussten vier Ausbildungsphasen und die Abschlussprüfung absolvieren:
  • 1. Theoretische Vorbereitung auf alle USM Kompetenzfelder
  • 2. Wochenend-Seminar „Schaden-Kalkulation“ und „Unfallschaden-Instandsetzung“ (mit Eingangsprüfung „Vorbereitung“)
  • 3. Betriebspraktikum „Unfallschaden-Abwicklung“
  • 4. Wochenend-Seminar „Betriebsprozesse, Betriebswirtschaft, Grundlagen des Kfz-Versicherungsrechts“
  • 5. Abschlussprüfung (praktische Unfallschadenkalkulation und Theorietest).
Die Erkenntnisse aus den beiden Pilot-Seminaren und die europaweiten Sektorkenntnisse des Ing.-Büros Damschen, von Audatex sowie dem ITB führten schließlich zur Antragstellung für ein europäisches Innovationstransferprojekt. Die dafür spezialisierten ITB-Mitarbeiter (Dr. Klaus Ruth und Nils Petermann) sorgten dafür, dass alle organisatorischen Hürden der Antragstellung überwunden werden konnten. Dem Antrag wurde stattgegeben und das „Kick-off-Meeting“ für das auf zwei Jahre angelegte Projekt konnte am 8./9. November 2012 in Bremen stattfinden. Insgesamt 6 europäische Länder mit 9 Partnern sind an dem Projekt beteiligt.

„Reparaturmarkt ist heute in weiten Teilen vom Schadenmanagement geprägt.“
Michael Rehm
Das Institut Technik und Bildung der Universität Bremen ist unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Georg Spöttl als Entwicklungs-Experte für die Berufsausbildung im Kfz-Bereich weltweit tätig. Darauf basierend ist die mehr als 20-jährige Verbindung zu Karl Damschen, Ingenieurbüro Damschen, dem Spezialisten für Tätigkeiten im Unfallschadenmarkt, kein Zufall. Durch den ständigen Erfahrungsaustausch konnte der Bedarf nach einer zielgerichteten Qualifizierung für die Personen mit Schlüssel-funktionen bei einer Unfallschaden-Abwicklung – den Unfallschadenmanagern – festgestellt werden. Nach professioneller Vorbereitung durch Pilot-Seminare mit Studenten für das Lehramt an beruflichen Schulen, Schwerpunkt Kfz-Technik (Master of Education), wurde der Projektantrag für eine europäische Studie gestellt, dem die EU gefolgt ist.
Das Lackiererblatt sprach mit beiden Spezialisten sowohl über die Hintergründe der Projektdurchführung als auch über die Ergebniserwartungen für die Praxis.
Herr Damschen, was ist der Grund für die Entwicklung eines europäischen Ausbildungsgangs namens „Schadenmanagement“?
Schadenmanagement ist ein Faktor, der den Reparaturmarkt stark beeinflusst und sehr viele Bereiche im Betrieb tangiert. Wer einen großen Teil des Umsatzes mit gelenkten Schäden erzielt, muss entsprechend kalkulieren, im Zweifelsfall auch reparieren. Dazu bedarf es einer Fülle von Kenntnissen und Fertigkeiten, die im Zuge des neuen Ausbildungsgangs vermittelt werden.
An diesem europäischen Ausbildungsprojekt sind die Länder Bulgarien, Estland, Schweden, Deutschland, Holland und Spanien beteiligt. Wie kommt es zu dieser Zusammenstellung?
Unter anderem dadurch, dass die EU, die das Projekt fördert, die Auflage macht, dass unter den Teilnehmern Know-how-Geber wie Deutschland oder Holland und Know-how-Empfänger wie Bulgarien oder Estland sind.
Nun sind aber die Unterschiede in der Ausprägung des Schadenmanagements schon zwischen Holland und Deutschland sehr stark. Was ist mit Ländern, in denen der Prozess erst am Anfang steht?
Zunächst einmal halte ich es für eine verbreitete Fehleinschätzung, dass die Verhältnisse in Holland und Deutschland so unterschiedlich sind. Auch bei uns ist der Reparaturmarkt in weiten Teilen bereits vom Schadenmanagement geprägt. Grundsätzlich sind aber Unterschiede zwischen den Ländern kein Problem. Wir befinden uns ja momentan in einer Pilotphase, in der die Inhalte erarbeitet werden. In einem zweiten Schritt geht es an die Verankerung der Inhalte in den Lehrplänen – und hier erfolgen natürlich Anpassungen an die Situation der jeweiligen Länder.
Bisher wurden im Pilotprojekt Berufsschullehrerinnen und -lehrer ausgebildet. Wann wird es eine Ausbildungsmöglichkeit für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Reparaturbetrieben geben?
Auch hier gibt es mehrere Projektstufen. Zunächst werden mit den Lehrern die Multiplikatoren ausgebildet. Dann wird erarbeitet, wie man Wissen über Schadenmanagement in die klassische Ausbildung von Lackierern, Mechatronikern oder Karosseriebauern einfließen lässt. Nachher wird es einen eigenen Ausbildungsgang geben, der Teilnehmern mit Kfz-technischem Vorwissen einen Abschluss als Schadenmanager ermöglichen wird.
Welcher klassischen Position im Betrieb wird dieser Schadenmanager entsprechen? Eher der Reparaturannahme? Oder der Akquise?
Das hängt stark vom Betrieb ab – in großen Betrieben kann man sich nicht nur einen Schadenmanager vorstellen, sondern zum Beispiel einen mit eher technischem und einen mit eher kaufmännischem Profil. In kleinen Betrieben wird dagegen einer alles machen müssen.
Wie sieht der Zeithorizont aus?
Bis zur Automechanika 2014 möchten wir ein Fortbildungsangebot ausgearbeitet haben.
Herr Damschen, vielen Dank für das Gespräch.

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