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„Wir sagten einfach: Versuchen wir’s“

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„Wir sagten einfach: Versuchen wir’s“

Knöpfle Design engagiert sich bei der Integration benachteiligter Jugendlicher

Michael Rehm

Wenn Sylvia und Arno Knöpfle über ihre Mitarbeiter sprechen, besteht die Gefahr, dass sie ins Schwärmen geraten. Zum Beispiel über Sebastian – der junge Mann liefere richtig gute Arbeit ab, erzählt Firmenchefin Sylvia Knöpfle, er könne ein Fahrzeug selbständig innen und außen reinigen, „und wenn er Zeit hat, hilft er auch den Kollegen in der Lackiervorbereitung.“
Wer nun glaubt, das sei nichts Besonderes, liegt falsch. Denn es dürfte nur wenige Handwerksbetriebe geben, die Jugendlichen wie Sebastian überhaupt eine Chance geben. Der junge Mann ist durch eine motorische Störung gehandicapt. „Für eine Behindertenwerkstatt war er überqualifiziert, an eine reguläre Lehre war aber auch nicht zu denken“, erinnert sich Arno Knöpfle, Lackierermeister und Chef der Firma Knöpfle Design in Titisee-Neustadt. „Der Kontakt zu uns kam über die Eltern des Jungen zustande. Die merkten, er kann nicht untätig zu Hause sein, sondern muss etwas tun. Wir sagten einfach: Versuchen wir´s.“ Der Versuch war erfolgreich. „Der Junge öffnete sich sehr schnell und hat im Rahmen seiner Möglichkeiten immer mehr Tätigkeiten übernommen“, erzählt Knöpfle. „Er kommt als einer der Ersten, arbeitet hoch motiviert, bis man ihn irgendwann ermahnen muss, endlich Feierabend zu machen“, ergänzt Sylivia Knöpfle, „schließlich darf er aufgrund seiner Behinderung nicht mehr als vier Stunden pro Tag arbeiten.“
Dass die Firma Knöpfle Design in diesem Fall Anlaufstelle war, kommt nicht von ungefähr. „Wir engagieren uns schon seit Langem als familien- und behindertenfreundlicher Betrieb“, berichtet Sylvia Knöpfle. „Dabei arbeiten wir mit den Schulen und Förderschulen, der Agentur für Arbeit, dem Integrationsamt und vielen weiteren Institutionen zusammen, um auch für benachteiligte Jugendliche eine Ausbildungschance zu schaffen. So haben wir zum Beispiel schon etliche Plätze für ein Betriebspraktikum zur Verfügung gestellt.“
Ein solches war auch der Startschuss für eine andere kurvenreiche, dafür umso typischere Karriere bei Knöpfle Design. Bei einem Schulpraktikum, das Arton in der Firma absolvierte, hatte der Schüler so viel Spaß, dass er auch nachher fast jeden Tag im Betrieb aufkreuzte und mitarbeiten wollte. „Erst haben wir uns nichts dabei gedacht“, erinnert sich Sylvia Knöpfle, „aber irgendwann kam heraus, dass er die Schule dafür schwänzte. Er hatte einfach keine Lust mehr auf Schule, sondern wollte partout arbeiten. Wir haben dann gemeinsam mit dem Jungen, seinen Eltern und der Schule verhandelt.“ Ergebnis: Er durfte ein Langzeitpraktikum im Lackierbetrieb machen, nebenher wurde mit der Firmenchefin Deutsch und Mathe gebüffelt, bis zum Hauptschulabschluss. Im Anschluss daran absolvierte Arton noch eine Lehre im Betrieb. „Danach hat er uns zwar leider verlassen“, resümiert Arno Knöpfle, „aber immerhin mit Schulabschluss und fertiger Berufsausbildung.“
Frage der Einstellung
Nach dem Grund für so viel Engagement muss man nicht lange suchen. „Das ist zum einen einfach eine Frage der Einstellung“, meint Arno Knöpfle, „wir finden, es lohnt sich, sozial aktiv zu sein, wir sind auch im Verband, in einer Partei und in Vereinen eingebunden.“ Es gibt aber auch eine ganz persönliche Motivation. „Unsere eigene Tochter wollte unbedingt Schreinerin werden, fand aber aufgrund einer verhältnismäßig leichten körperlichen Behinderung weit und breit keine Lehrstelle“, erzählt Knöpfle. „Dabei ging es weniger um die Behinderung selbst, sondern alle hatten scheinbar Angst vor gar nicht näher genannten Komplikationen. Sie wollten sich einfach nicht auf das Thema einlassen. Für uns war das der Anlass zu sagen: Wegen eines Handicaps weisen wir niemanden ab, der bei uns arbeiten möchte. Und so hat sich das dann über die Jahre entwickelt.“
Nun ist Knöpfle Design aber keineswegs ein gemeinnütziger Verein, sondern ein ganz normaler Lackier- und Karosseriebetrieb, der sich im harten Wettbewerb durchsetzen muss. „Voraussetzung dafür sind Mitarbeiter, die fachlich hervorragend sind, aber auch, das ist uns sehr wichtig, bei der Integration der schwierigeren Fälle mitziehen“, betont Arno Knöpfle. „Wir binden unsere Mitarbeiter ein, wenn es darum geht, einem vermeintlich problematischen Praktikanten oder Auszubildenden eine Chance zu geben, und bisher haben sie immer Verständnis gezeigt und mitgezogen. Ich muss sagen, wir sind unheimlich stolz auf unsere Stammbelegschaft; bei uns ist jeder für den anderen da, das macht das Arbeiten für Alle angenehmer, sodass am Ende auch Alle profitieren.“
Dicke belohnt
Für ihr Engagement bei der Förderung benachteiligter Jugendlicher ist die Firma bereits mehrfach von unterschiedlichen Institutionen ausgezeichnet worden. Sehr gemischte Reaktionen kommen dagegen von Mitbewerbern, die vom sozialen Einsatz der Firma Knöpfle erfahren. Arno Knöpfle: „Da hört man schon manchmal die Frage ‚Was habt Ihr eigentlich von all dem Aufwand? Das kostet Euch doch nur Zeit und Geld!‘ Aber da kann ich nur sagen: Wir werden dicke belohnt. Als wir zum Beispiel einen Tag der offenen Tür veranstaltet haben, ist von einer Behindertenwerkstatt, mit der wir ab und zu zusammenarbeiten, die Musikgruppe vorbeigekommen, einfach so, unangekündigt, und hat den ganzen Tag für Stimmung gesorgt.“
Belohnt fühlen sich Knöpfles aber auch bei der täglichen Arbeit. „Gerade die scheinbar schwierigen Mitarbeitern legen ein Engagement an den Tag – da kann man nur den Hut ziehen“, erzählt Knöpfle. „Das sind Menschen, denen vieles wirklich schwer fällt, aber der Einsatz und die Freude, die sie an der Arbeit haben, obwohl manches misslingt, ist unglaublich. Wenn dann etwas funktioniert und man sagt, das hast Du jetzt gut gemacht, sind gerade diese Mitarbeiter für den Rest des Tages auf Wolke sieben – da könnte ich wirklich ins Schwärmen kommen.“
Weitere Informationen: Tel.: 07651/5298 www.knoepfle-design.de

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