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Bleifrei, aber nicht so super

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Bleifrei, aber nicht so super

Alternativen zum bleihaltigen Schwemmzinn sind gefragt

Der Lackierer spachtelt, der Karosseriemann verschwemmt – auf einen einfachen Nenner gebracht, sind das die beiden Möglichkeiten, Unregelmäßigkeiten im Untergrund, die sich nicht ausbeulen lassen, auszugleichen. Die hochwertige Reparaturqualität der Schwemmtechnik basiert auf der Verbindungsgrundlage zwischen dem Karosseriestahlblech und dem Schwemmzinn. Da sich das Schwemmzinn mit Hilfe der Verzinnungspaste fest mit dem Stahlblech verbindet, ist eine dauerhafte und zugleich belastbare Reparaturlösung gegeben.

Entsorgung gibt Ausschlag
Während Spachtelmasse in zahlreichen, immer weiter verbesserten und unterschiedlichen Anforderungen angepassten Varianten auf den Markt kommt, hatte sich beim Verschwemmen im Grunde seit Jahrzehnten nichts geändert – bis die Altautoverordnung dem Einsatz von bleihaltigem Schwemmzinn einen Riegel vorschob. Die Altautoverordnung schreibt vor, dass Fahrzeuge ab dem Produktionsdatum Juli 2003 so gut wie kein Blei mehr enthalten dürfen. Die wenigen Ausnahmen beziehen sich auf einige wenige Anbauteile mit bleihaltigen Bestandteilen, die durch Ersatzmaterialien so schnell nicht ersetzt werden können. Aber auch hierfür sind Übergangszeiträume und Endtermine festgelegt worden, bis zu denen das Blei komplett durch andere Materialien ausgewechselt sein muss. Wenn also im Reparaturfall das Verzinnen mit bleihaltigem Schwemmzinn erfolgen würde, wäre die Altautoverordnung unterlaufen. Beim bislang eingesetzten Schwemmzinn beträgt der Bleianteil bis zu 70 Prozent, sodass dieses Material in der Regel nicht mehr verwendet werden darf. Doch keine Regel ohne Ausnahmen. Bestehende Vorräte – man munkelt, dass diese beträchtlich sind – dürfen aufgebraucht werden, und an Fahrzeugen, die älter als Baujahr 2003 liegen, kann das traditionelle Schwemmzinn verwendet werden.
Schmales Verarbeitungsfenster
Dennoch wurde mit Hochdruck bleifreies Schwemmzinn gesucht und gefunden. Als Blei-Ersatz wird üblicherweise Zink verwendet. Ein gesetzeskonformer Schwemmzinnstab besteht daher in der Regel aus einer Zink-/Zinn-Legierung. Allerdings ist das Auftragen des bleifreien Schwemmzinns sowie die anschließende „Modellierung“ auf der Karosserieoberfläche nicht mehr ganz so einfach. Rainer Rath, Inhaber der Firma Rath Karosserie Technik & Schulung: „Das bleihaltige Schwemmzinn zeichnete sich durch ein breites Verarbeitungsfenster aus. Der Temperaturbereich, innerhalb dessen es „teigig“ war und modelliert werden konnte, war wesentlich größer als beim bleifreien Zinn. Dieses ist, vereinfacht gesagt, sehr schnell entweder zu flüssig oder zu fest.“
Nicht alle Anwender kommen damit auf Anhieb zurecht, und auch manche Autohersteller suchen Alternativen zum bleihaltigen Verschwemmen eher in neuen Spachtelmassen. Dennoch werden Karosseriereparateure, die weiterhin einen metallischen Oberflächenauftrag haben möchte, beim Verschwemmen bleiben. Ob bleifrei oder nicht, Materialien und Verfahren sind sich sehr ähnlich.
Produkte vergleichen
Zum Schwemmen braucht man verschiedenartig geformte Löthölzer. Die Oberflächenbeschaffenheit der aus Hartholz (Esche oder Weißdorn) gefertigten Löthölzer und die Schmierstoffe (Bienenwachs oder Öl) sind entscheidend für die Qualität der Schwemmarbeit. Die Löthölzer sind stets sauber zu halten. Nach der Benutzung sind sie im dafür vorgesehenen Schutzbehältnis abzulegen.
Löthölzer werden ausschließlich zum Modellieren von Schwemmzinn verwendet. Erfahrungsgemäß werden die Löthölzer nach und nach den Anforderungen angepasst. Das heißt, die Hölzer werden in ihrer Form und Größe individuell zugeschnitten und bearbeitet. So erstellt sich der Anwender im Laufe der Zeit sein Spezialsortiment an Löthölzern, das im Handel nicht erhältlich ist. Je nach Handhabung entstehen Riefen an der Arbeitsfläche, die nachgearbeitet werden müssen. Hierbei wird das Lötholz zuerst mit einem groben Schleifpapier (Körnung 120), danach mit einem Feinschleifpapier (bis zu Körnung 800) abgeschliffen.
Eine wichtige Rolle spielt die Schwemmpaste, die dazu dient, den Untergrund vorzubereiten und optimale Verbindung zwischen Karosserieblech und Schwemmschicht herzustellen. Bleifreie Zinnstangen bieten unterschiedliche Hersteller an. „Hier lohnt es sich, die Produkte zu vergleichen“, weiß Rainer Rath. „Speziell beim bleifreien Zinn gibt es extreme Unterschiede. Während manche Materialien unter Hitze sehr dünnflüssig werden und tropfen, kommen andere fast an die Verarbeitungseigenschaften des bleihaltigen Zinns heran.“ Benötigt werden außerdem Bienenwachs oder Öl, um die Oberfläche bei der Bearbeitung gleitfähig zu halten.
Nahtlos modellieren
Der zu verschwemmende Bereich wird zunächst mit der Zopfrundbürste oder einer Kunststoffgewebescheibe absolut blank geschliffen. Anschließend wird die Schwemmpaste mit einem Pinsel aufgetragen und mit der Schweißbrenner-Flamme erhitzt, bis sie sich aufperlt und sich leicht braun verfärbt.
Dann wird die Schwemmzinn-Stange an der Spitze erhitzt, bis das Material weich ist und sich an der Reparaturstelle verteilen lässt. Bevor das Schwemmzinn auf der Reparaturfläche in Form modelliert wird, muss es verdichtet werden. Hierdurch wird die Porenbildung im Schwemmzinn ausgeschlossen. Luftkammern und Einschlüsse von Fett oder Staub werden dadurch vermieden.
Anschließend wird das Schwemmzinn auf der Reparaturfläche mit dem Lötholz in Form gearbeitet und geglättet. Um eine glatte Flächenkontur zu erreichen, sind die Übergänge vom Schwemmzinn ins Stahlblech möglichst nahtlos zu gestalten. Im unmittelbaren Arbeitsbereich der Reparaturstelle ist auf gleichmäßige Wärmeeinbringung und kontinuierliche Temperatureinhaltung zu achten. Zur Wiederherstellung der originalen Formgebung der Blechoberfläche wird das überschüssige Schwemmzinn mit dem Karosseriehobel im Kreuzgangverfahren abgetragen. Der maschinelle Abtrag wird vorzugsweise an für den Karosseriehobel schwer zugänglichen Bereichen wie zum Beispiel engen Radien an den Säulenbereichen angewendet. Zum Schutz vor frei werdenden Metallpartikeln sind Schutzvorkehrungen wie Schutzbrille, Absaugung und Partikelmaske zu treffen.
Stärkere Konkurrenz
„Das Verschwemmen wird auch in der bleifreien Version seinen Platz innerhalb der Reparaturtechniken behalten“, resümiert Rainer Rath. „Kleine Reparaturstellen und Übergänge eignen sich, vom Zeitaufwand her betrachtet, ideal für die Schwemmtechnik. Reparateure mit Karosseriebau-Hintergrund arbeiten nun einmal bevorzugt mit einem metallischen Medium, aber auch Lackierer zeigen sich in unseren Trainings überrascht von den Möglichkeiten dieses Verfahrens. Trotzdem werden in Zukunft auch in diesem Bereich, nicht zuletzt angestoßen durch die Fahrzeugserie, optimierte Spachtel noch häufiger verwendet werden.“ MR
In der nächste Folge: Neue Metallspachtel

Praxisnah
Der Beitrag basiert auf dem Karosserietraining „Ausbeulen mit System“ der Firma Rath Karosserie Technik & Schulung. Für Fahrzeughersteller, Sachverständige, Karosseriebauer und Lackierer bietet Rainer Rath ein breites Spektrum von Schulungen und Trainings, die sich durch intensive Praxisnähe auszeichnen und Lernerfolg in kleinen Gruppen garantieren.
Rath Karosserie
Technik & Schulung
Tel: 07051/ 953446
Fax. 07051/ 953445

Kennen Sie Ihre Handelsspanne?

Michael Zülch ist Experte für den Teilevertrieb sowie Geschäftsführer der zülchconsulting gmbh, die Karosserie- und Lackierbetriebe in betriebswirtschaftlichen Fragen berät.
Herr Zülch, welche betriebswirtschaftlichen Aspekte sollte die Werkstatt beim Teileeinkauf beachten?
Ganz wichtig ist die richtige Berechnung der Handelsspanne. Leider kennen viele Betriebe ihre Teilemarge nicht oder kalkulieren falsch. Die Werkstatt muss wissen, was sie mit den Ersatzteilen verdient.
Wie kann der Betrieb die Teilemarge kalkulieren?
Zunächst müssen die reinen Wareneinsatzkosten sowie die jeweiligen Umsätze in einem bestimmten Zeitraum, z. B. Monat, Quartal oder Jahr, für die Ersatzteile ermittelt werden. Bitten Sie ihren Steuerberater diese Position separat in der BWA auszuweisen. Dann kann der Inhaber die erreichte Handelsspanne für Ersatzteile ermitteln. Sie spiegelt das Verhältnis des kalkulierten Rohertrages zum Umsatz wider. Damit hat der Unternehmer die Möglichkeit überhaupt erst einmal zu sehen, welche Handelsspanne aktuell erwirtschaftet wird. Dies ist wichtig, denn hierüber finanzieren sich Kosten für das Handling, Lager, Reklamationsbearbeitung und Administration. Natürlich sollte auch ein Teilegewinn enthalten sein. Denn Aufwand und Teilerendite sind nicht im Stundenverrechnungssatz berechnet.
Doch Vorsicht: die Handelsspanne ist nicht gleich Aufschlag. Um eine Spanne von 20 Prozent zu erreichen, muss der Unternehmer 25 Prozent auf den EK-Preis des Ersatzteiles legen. Mit einer einfachen Formel können Sie diesen Margenaufschlag berechnen: Handelsspanne von 20 Prozent multipliziert mit 100, das Ergebnis wird durch das Ergebnis 100 minus Handelsspanne dividiert. Das ergibt 25 Prozent. Dies ist der richtige Aufschlag.
Welche Handelsspanne ist üblich?
Grundsätzlich muss jeder Betrieb sein eigenes Maß finden und ausloten was der Markt bereit ist zu bezahlen. Nach unserer Erfahrung ist eine Handelsspanne von 15 bis 30 Prozent möglich.
Herr Zülch, vielen Dank für das Gespräch.

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