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Industrielackierung: „Zweites Standbein schadet nie“

Lackiererei Heiler zeigt, wie lukrativ Industrielackierung sein kann
Industrielackierung: „Zweites Standbein schadet nie“

Industrielackierungen sind, wie die Lackiererei Heiler beweist, ein spannendes Betätigungsfeld und ein ebenso naheliegendes wie lukratives zweites Standbein.

Die Lackiererei Heiler in Waghäusel feiert in diesem Jahr ihr 75-jähriges Bestehen und wird in der dritten Generation von Mario und Jochen Heiler geleitet. Jochen Heiler ist für den Karosseriebereich verantwortlich, Mario Heiler leitet die Lackiererei, wo zweigleisig gefahren wird. Neben der Pkw-Reparaturlackierung hat man sich dort schon früh ein starkes zweites Standbein in der Lackierung von Großfahrzeugen und Industrieteilen geschaffen. Über die Herausforderungen dieses Unternehmensbereichs sprachen wir mit Mario Heiler.

Herr Heiler, wie hat sich bei Ihnen der Bereich Industrielackierung entwickelt? Wann erfolgte der Einstieg?

Mario Heiler: Die Firma Heiler hat schon seit 1975 parallel zur Pkw-Lackierung mit der Lackierung von Lastzügen, Tankwagen und Industrieteilen gewidmet. Die Reparaturlackierung von Großfahrzeugen haben wir allerdings in den 90er-Jahren wieder zurückgefahren.

Warum?

Mario Heiler: Hier wurde immer stärker ein Komplettangebot aus Strahlen, Grundieren und Lackieren gefordert, das wir aus unterschiedlichen Gründen nicht erfüllen konnten. Außerdem herrscht in diesem Segment ein immer stärkerer Preisdruck, bei dem wir mit unserer hochwertigen Ausstattung und unseren hoch qualifizierten Mitarbeitern schwer mithalten können.

Ihr Leistungsangebot abseits vom Pkw hat sich also mit der Zeit verändert?

Mario Heiler: Ja, und zwar hin zu Kleinserien von Objekten aller Art. Wir beschichten zum Beispiel Motorengehäuse, Lüfter, Türen oder Rahmen für Reklameschilder.

Was ist der gemeinsame Nenner?

Mario Heiler: Man könnte sagen, wir kümmern uns um alle Aufträge, die in die Kabine passen, sich nass beschichten lassen – und bei denen das Volumen nicht so hoch ist, dass ein größerer reiner Lohnbeschichter die besseren Karten hätte. Im Grunde genommen füllen wir Nischen – und von denen gibt es genug.

Sie haben die Nass-Applikation erwähnt – welche Unterschiede gibt es hier im Vergleich zur Pkw-Lackierung?

Mario Heiler: Was die Hardware angeht, gar keine so großen. Wir benutzen die gewohnten SATA-Fließbecherpistolen, vielleicht statt einer X 5500 eher eine Jet 1000B. Wichtig sind Pistolen, die eine auch bei Industrieaufträgen gefragte hohe Präzision mit einer hohen Flächenleistung verbinden.

Welche Unterschiede gibt es dann, was die Applikation angeht?

Mario Heiler: Anders als beim Pkw haben wir es mit immer wieder unterschiedlichen und oft sehr komplexen Werkstückgeometrien zu tun. Es gibt also keine Standard-Applikation im Sinne von „zwei Spritzgänge im Kreuzgang“, sondern die Applikationsweise muss immer dem Werkstück und der verwendeten Lackqualität angepasst werden. Wenn ich zum Beispiel Lüfterlamellen beschichte, kann es sinnvoll sein, zuerst mit reduziertem Druck ganz vorsichtig einen dünnen Gang vorzulegen, um dann in einem zweiten Gang klassisch weiterzulackieren. Bei der Industrielackierung ist Eigeninitiative und auch ein bisschen Improvisationsvermögen gefragt – und das nicht nur bei der Applikation.

Wo noch?

Mario Heiler: Ein ganz entscheidender Punkt besteht darin, zu lackierende Teile sicher und so zu befestigen, dass alle zu beschichtenden Partien gut erreicht werden können. Jeder kennt die Massen von unterschiedlichen
Lackierhaken, die bei solchen Arbeiten benutzt werden. Das ist aber nur eine, vielleicht sogar die einfachste Möglichkeit, Objekte zu befestigen. Wir haben da bereits die unterschiedlichsten und teils auch sehr aufwendige Lösungen finden müssen.

Was lässt sich zum Material sagen? Welche Lacke benutzen Sie?

Mario Heiler: Wir arbeiten im Pkw-Bereich mit Spies Hecker-Lacken und im Industriebereich mit dem PercotopMischsystem von Axalta. Wir können damit im Prinzip alle Farbtöne und unterschiedliche Lackqualitäten erzielen.

Das heißt, man kommt mit einem einzigen System aus?

Mario Heiler: Man könnte – es kommt aber vor, dass Auftraggeber andere Materialien vorschreiben oder sogar stellen, was wir allerdings nach Möglichkeit zu vermeiden versuchen.

Kommt es umgekehrt vor, dass Auftraggeber sich gar nicht um das Material kümmern, sodass Sie einen Lackaufbau entsprechend den Anforderungen an die Beschichtung entwickeln oder wählen?

Mario Heiler: Das ist beinahe die Regel. Wir bekommen eine Art Pflichtenheft mit dem, was die Beschichtung leisten muss, überlegen dann, welche Lackqualität passt, lackieren Muster, die dann gewisse Tests durchlaufen, und irgendwann geht es in die „Serie“. Man muss auch berücksichtigen, dass die Untergründe vielfältiger und manchmal anspruchsvoller sind als im Pkw-Bereich; auch hier muss man sich auskennen und Erfahrung sammeln.

Technisches Know-how ist also in hohem Maße gefragt. Wie sieht es mit Investitionen in Equipment aus? Wenn Sie nass applizieren, sind ja zunächst nur andere Lackierpistolen gefragt …

Mario Heiler: Das mag für einen Einstieg reichen, bei uns waren die Investitionen dann schon umfangreicher. So haben wir eine neue Halle für Industrieaufträge gebaut, inklusive einer Lackierkabine in Übergröße von SEHON, die problemlos auch für Pkw benutzt werden kann, denn hier möchten wir ein Höchstmaß an Flexibilität erhalten. Die Kabine verfügt, das ist der größte Unterschied, über ein von Hand zu bedienendes Deckenschienen-Transportsystem, sodass wir Teile berührungsfrei durch die Kabine bewegen können.

Wie kommen Sie im Industriebereich an Aufträge?

Mario Heiler: Da gibt es kein Patentrezept. Sehr viel geht über persönliches Netzwerken bei den Unternehmen, oft auch aus dem näheren Umfeld, die etwas zu lackieren haben – und da gibt es nicht wenige. Und wenn man ein bestimmtes Leistungsprofil hat, spricht es sich auch herum – man wird gesucht und gefunden.

Wenn Sie Pkw- und Industrielackierung unter betriebswirtschaftlichem Gesichtspunkt betrachten – lässt sich sagen, welcher Bereich lukrativer ist?

Mario Heiler: Das ist nicht leicht zu sagen. Klar ist, dass ich in der Pkw-Lackierung mit höheren Stundensätzen rechnen kann, während Industrieprojekte oftmals knapp kalkuliert sind. Andererseits besteht bei langfristigen Industrieaufträgen oft die Möglichkeit, mit der Zeit schneller, routinierter und effektiver zu werden. Das gilt in noch stärkerem Maße für den administrativen Aufwand. Beim Unfallschaden ist der jedes Mal gleich hoch. Beim Industrieauftrag gibt vielleicht eine aufwendige Anlaufphase, danach werden viele Aufträge in dieser Hinsicht zu regelrechten Selbstläufern. Letztlich würde ich also fast sagen, das Industriegeschäft ist lukrativer.

Nun sind momentan Reparaturwerkstätten sehr gut ausgelastet, viele sind froh, bei einer angespannten Personalsituation das „Kerngeschäft“ erledigen zu können, an weitere Standbeine wie zum Beispiel die Industrie-
lackierung denkt man da eher nicht. Wie sehen Sie das?

Mario Heiler: Ich würde mich von der derzeit guten Auslastung nicht täuschen lassen. Dass die Nachfrage im Bereich der Fahrzeugreparaturlackierung, wenn man es langfristig betrachtet, noch steigt, würde ich bezweifeln. Da ist es gut, flexibel zu sein.
Anders gesagt: Ein zweites Standbein schadet nie.“ mr■

www.lackierereiheiler.de


Mario Heiler

„Im Grunde genommen füllen wir bei der Industrielackierung Nischen – und von denen gibt es genug.“



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