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Wenn die Maschine übernimmt

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Wenn die Maschine übernimmt

Wenn die Maschine übernimmt
Bei Polierarbeiten arbeiten Mensch und Maschine eng zusammen: Robotik-Ingenieur Ludwig Kemmer schleift Fehlstellen an, markiert sie, der Roboter poliert sie aus. (Foto: A. Hauser)
Ein Roboter, der Staubeinschlüsse automatisiert auspoliert? Visomax ist mit dieser Anwendung in der Industrie bereits erfolgreich. Aber lässt sich das auf‘s Handwerk übertragen?

Mit neuester Robotertechnik gelingt es Visomax, Prozesse in der Automobilfertigung zu automatisieren. Wir sprachen mit Visomax-Robotik-Ingenieur Ludwig Kemmer über eine neu entwickelte Roboterzelle, die Lackfehlstellen auf Bauteilen eigenständig auspoliert.

Wie bringt man einen Roboter dazu, Fehlstellen automatisiert auszupolieren?

Ludwig Kemmer: Völlig selbstständig macht das der Roboter in der Regel noch nicht. Ein Werker platziert das Bauteil auf einer passenden Auflagefläche. Er schaut die Oberfläche an und schleift Fehlstellen wie Staubeinschlüsse oder kleine Kratzer an. Mit einem Neonmarker zeichnet er die angeschliffenen Stellen an und gibt das Bauteil in die Roboterzelle. Mit zwei Kameras erkennt dieser dann die markierten Stellen und fährt die Positionen an. Danach wird automatisch eine definierte Menge an Politur auf die Fehlstelle gegeben. Und ein Polieraufsatz macht sich ans Werk – immer mit demselben Anpressdruck, immer mit demselben Bewegungsmuster und mit derselben Dauer – pro Fehlstelle. Bis der Roboter mit dem Bauteil fertig ist, kann der Werker auf der anderen Seite des Drehtellers ein neues Bauteil einsetzen, auf Lackfehler prüfen und anschleifen.

KI und Robotertechnik sind in aller Munde. Kann der Roboter bald noch mehr Aufgaben übernehmen, die sonst der Lackierer macht?

Ludwig Kemmer: Es gibt Grenzen. Anschleifen z. B. funktioniert zwar automatisiert, aber bei mehreren Fehlstellen auf einem Bauteil ist die Hand-Augen-Koordination des Werkers schneller als die Maschine. Bei Kanten passt sich der Werker im Neigungswinkel beim Schleifen an, so schnell und feinfühlig ist die Robotik noch nicht.

Wäre es auch denkbar, dass der Roboter selbst die Fehlstellen findet und anschleift, bevor er sie auspoliert?

Ludwig Kemmer: Wir forschen derzeit an einer automatisierten Lösung, die Fehlstellen eigenständig findet. Dabei hängt es vom Einzelfall ab, ob sich ein Roboter für solche Aufgaben lohnt. Dem Roboter wird jedes Bauteil, jede Geometrie individuell im Programm hinterlegt, sodass er immer im Winkel von 90 Grad zur Oberfläche poliert.

Für wen lohnt sich der automatisierte Prozess dann?

Ludwig Kemmer: Wo lackiert wird, müssen in der Regel fünf bis fünfzehn Prozent der Teile nachbearbeitet werden. Das lohnt sich automatisiert erst, wenn ich täglich eine hohe Stückzahl aufbereiten muss – eben in der Industrie. Der Roboter ist prozessstabil: Er verbraucht die immer gleiche Politurmenge, nutzt immer die gleiche Kraft, wechselt nach immer gleicher Zeit automatisch die Pads. Der Materialverbrauch wird besser ersichtlich. Das macht ein Mensch weniger konsequent. Außerdem zählt der Roboter mit, wie viele Fehler auf welchem Bauteil wo vorkommen. Darauf kann man reagieren und die Ursache suchen, wenn es z. B. vermehrt in der selben Ecke eines Bauteils zu Staubeinschlüssen kommt. Ab einer gewissen Anzahl von Fehlstellen lohnt es sich nicht mehr, manuell nachzuarbeiten. Das Teil ist dann einfach Ausschuss. Mit einem Roboter verschiebt sich diese Grenze nach oben.

Wie sieht es im Handwerk aus? Könnte der Roboter im Lackierbetrieb unterstützend wirken?

Ludwig Kemmer: Der springende Punkt ist die Stückzahl, die ist in der Industrie eher gegeben als in der Lackiererei. Außerdem begegnen dem Roboter im Lackierbetrieb viel mehr unterschiedliche Bauteile, die ihm alle individuell einprogrammiert werden müssten. Bestimmte Workflows lassen sich künftig bestimmt automatisieren, z. B. dass die immer selbe Politurmenge ausgegeben wird und automatisch die korrekte Drehzahl eingestellt wird je nach Untergrundmaterial. Automatisierungspotenzial gibt es genug.

Lackierer müssen sich also keine Sorgen machen, dass sie künftig durch Maschinen ersetzt werden?

Ludwig Kemmer: Die Robotertechnik nimmt zu. Auch im Handwerk. Aber der Handwerker wird nicht ersetzt, sondern unterstützt. Die meisten Unternehmen finden schwer Fachkräfte. Die wenigen, die sie noch haben, sind i. d. R. dankbar, wenn der Roboter ihnen Tätigkeiten abnehmen kann und immer das gleiche Ergebnis liefert. am ■

www.visomax.de


Visomax-Geschäftsführer Andreas Götz mit Marketingleiterin Michele Rösch. (Foto: M. Rehm)

Über Visomax

Vor 20 Jahren startete die Firma Visomax mit Polituren. „Schnell haben wir einen Partner im Pad-Bereich gesucht, mit dem wir heute noch zusammenarbeiten“, erzählt Andreas Götz, Geschäftsführer bei Visomax. Nach Druckluftmaschinen kamen ab 2014 erste Elektro-Poliermaschinen ins Portfolio. „In unserer Manufaktur am Firmenstandort in Waldbüttelbrunn bauen wir alle Akku- und Elektromaschinen selbst“, berichtet Götz. Aber auch das richtige Licht ist für‘s Finish wichtig: Mit der Visomax Finish Station kam das Rund-um-Paket für Werkstätten auf den Markt. „Mit der Finish Station kann man das LED-Licht flexibel auf die Fläche einstellen und hat alle Werkzeuge sofort parat.“ Das größte Standbein hat die Firma in der Industrie, aber auch im Handwerk kommen die Produkte vielfach zum Einsatz.

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