Startseite » Technik »

Standardisiert, reproduzierbar, schnell

Technik
Standardisiert, reproduzierbar, schnell

Igor Pavlovic ist Vertriebsleiter Zentraleuropa bei der Firma Dynabrade, einem Hersteller von Schleif- und Poliermitteln und -werkzeugen. Das Unternehmen ist mit seinen Lösungen seit langem in der Autoserienherstellung vertreten. Im Reparaturbereich war man bei Dynabrade lange Zeit zurückhaltend, konnte aber auch dort in letzter Zeit erfolgreich Fuß fassen.

Herr Pavlovic, wie würden Sie die Rolle Ihres Unternehmens in der Automobilindustrie beschreiben?
Dynabrade arbeitet als Lieferant für Systemlösungen extrem eng mit vielen Automobilherstellern zusammen. Wir unterstützen die Hersteller mit unserer jahrzehntelangen Erfahrung. So liefern wir zum Beispiel bei Magna in nahezu alle Produktionsbereiche unsere Maschinen und Systeme, angefangen vom Presswerk über den Rohbau, KTL , Füller und Finish bis hin zur Auslieferung der fertigen Fahrzeuge.
Wo liegt nun der Unterschied zwischen Finish in der Industrie und Finish im Handwerk?
Die Aufgaben, die sich stellen, sind dieselben. Hier wie dort können Staubeinschlüsse, Kocher oder auch einmal Läufer vorkommen und müssen korrigiert werden. Die Herangehensweise ist dabei aber in der Industrie eine andere. Der Finishprozess ist hier sehr stark standardisiert, jederzeit reproduzierbar und einfach schneller.
Liegt das nur am Prozess oder auch an der Technik, an den eingesetzten Materialien?
Die Materialien aus der Serie würden wir auch für das Handwerk empfehlen. Im Vergleich zu anderen Lackierschritten geht man im Reparaturbetrieb das Thema Finish aber oft sehr unsystematisch an. In vielen Betrieben sind zum Beispiel sehr viele unterschiedliche Materialien im Einsatz, und jeder Mitarbeiter schwört auf seine Politur, sein Pad oder seine Maschine. Dabei lässt sich der Prozess mit relativ wenigen Produkten eigentlich sehr gut standardisieren, die Industrie macht das ja vor. Ein zweites Problem ist, dass im Handwerk häufig ein vermeintlich sicherer Weg gewählt wird, der in Wahrheit aber aufwendiger und damit langsamer ist.
Was bedeutet das?
Auf einen kurzen Nenner gebracht: man arbeitet zu grob und zu großflächig. Statt mit einem 2500er- oder 3000er-Schleifmedium bei einem Staubeinschluss wirklich nur die Spitze einer Fehlstelle zu kappen, setzen viele Lackierer 1500er- oder noch gröberes Schleifmaterial ein. Die Folge ist, dass die Fläche, die beim anschließenden Polierschritt angeglichen werden muss, viel größer ist, und der gesamte Prozess viel länger dauert.
Welche Prozesse würden Sie empfehlen – und welche Technik?
Im Klarlackfinish würden wir einen exzentrischen 33mm-Schleifer mit entsprechenden Blüten im Körnungsbereich 2500 bis 3000 einsetzen. Mit einer einzigen Schleifpolitur wird die korrigierte Stelle nachher in einem einstufigen Polierprozess auf Hochglanz gebracht. Dabei empfiehlt sich ein ebenfalls exzentrischer Polierer mit möglichst kleinem Durchmesser – schneller und zugleich effektiver geht´s nicht. MR

Über Magna Steyr

Die über 100-jährige Erfahrung und das Leistungsspektrum des Unternehmens machen Magna Steyr zum weltweit führenden, markenunabhängigen Engineering- und Fertigungspartner für Automobilhersteller. Das Leistungsspektrum umfasst Engineering-Dienstleistungen bis hin zur Gesamtfahrzeugentwicklung, flexible Lösungen von Nischen- bis Volumenfertigung, innovative Tanksysteme und Dachsysteme.Magna Steyr beschäftigt an 36 Standorten in Nordamerika, Europa und Asien 10.500 Mitarbeiter. Magna Steyr ist ein Tochterunternehmen von Magna International, dem am stärksten diversifizierten Autozulieferer der Welt. Zu den Kompetenzen des Unternehmens gehören Design, Entwicklung, Fertigung und das Testen von Innenausstattungen, Sitzsystemen, Schließsystemen, Karosserie- und Fahrwerkssystemen, Spiegelsystemen, Elektroniksystemen, Außenausstattungen, Antriebssystemen, Dach- und Tanksystemen, Hybrid- und Elektrofahrzeugsystemen sowie Entwicklung und Produktion kompletter Fahrzeuge. Magna International beschäftigt 111.000 Mitarbeiter und verfügt über 294 Produktionsstätten sowie 87 Engineering- und F&E-Zentren in 26 Ländern.

Kurz getaktet
Finishprozesse spielen an den Laufbändern der Autohersteller eine wichtige Rolle
Michael Rehm
Langsam bewegt das Förderband die Karosserie eines Peugeot in Richtung Finish-Zone. Eben noch ist in dieser Lackierstraße des Grazer Magna Steyr-Werkes das geschwungene Dach des Sportcoupés mit Klarlack beschichtet worden. Nun ist der Lack getrocknet, die Fläche abgekühlt. Mit wenigen Handgriffen entfernen die Mitarbeiter im Finishbereich eine Abdeckfolie, die den Rest der Karosserie vor Lacknebel schützte, dann streift ihr geübter Blick über das frisch lackierte schwarze Dach des Fahrzeugs. Der helle Schein der Leuchtbänder bringt jede Störung der Oberfläche zum Vorschein. Jetzt hat einer einen kleinen Makel entdeckt, greift sich eine kleine Schleifmaschine und mattiert die Stelle. Dann benetzt er die matte Stelle mit ein paar Tropfen Politur und bearbeitet sie kurz mit einer Exzenter-Poliermaschine. Mit einem Mikrofasertuch wird schließlich die Fläche abgewischt, bis sie wieder makellos glänzt. Keine 20 Sekunden hat der komplette Finishvorgang für diese Stelle gedauert. „In einer Serienfertigung ist die Zeit, die für das komplette Finish eines Fahrzeugs zur Verfügung steht, genau kalkuliert“, erklärt Robert Hosch, der bei Magna Steyr für den Teil der Lackiererei zuständig ist, an dem Autodächer in Kontrastfarbe lackiert werden. „In der vorgegebenen Zeit müssen alle eventuellen Oberflächenstörungen erkannt und behoben werden.“
Hoher Anspruch
Im Grazer Werk rollen derzeit Fahrzeuge wie der MINI Countryman, der Peugeot RCZ, die Mercedes-Benz G-Klasse sowie die Mercedes-Benz SLS AMG-Modelle vom Band. Je nach Hersteller und Modell variieren die verwendeten Klarlacke – und mit ihnen die Finishprozesse. „Wir definieren jeweils einen Prozess, der an die Eigenschaften des Klarlacks und die Spezifikation des Herstellers angepasst ist“, erläutert Robert Hosch. „Die Mehrzahl der hier gefertigten Modelle werden mit einem klassischen High-Solid-Klarlack beschichtet. Bei den Modellen im höheren Segment haben wir einen kratzfesten Klarlack im Einsatz.“ Eine Ausnahme stellen Fahrzeuge dar, bei denen die Herstellervorgabe eine völlig strukturfreie Oberfläche vorsieht. „Bei Luxusfahrzeugen wie dem Aston Martin Rapide, der hier bis Mai 2012 gefertigt wurde, ist der Anspruch natürlich besonders hoch“, erklärt Robert Hosch. „Punktuelles Finish war dabei gar nicht vorgesehen, sondern die Karosserie wurde nach der Klarlacktrocknung komplett abgeschliffen und poliert.“
Ständige Kontrolle
Korrekturen in der Oberfläche gibt es nicht nur beim Klarlack, sondern während des gesamten Lackierprozesses. Gleich nachdem die KTL-Grundierung getrocknet ist, werden die Karosserien intensiv überprüft. Wird eine Fehlstelle gefunden, dann wird sie ausgeschliffen. Ein ähnlicher Prozess erfolgt nach dem Füller- und nach dem Basislackauftrag. Dass während der einzelnen Phasen der Lackierung Fehlstellen entstehen können und korrigiert werden, ist verständlich. „Natürlich wird ein Null-Fehler-Prozess angestrebt“, erklärt Robert Hosch, „dafür ist eine intensive Kontrolle erforderlich. Das wichtigste für uns ist ein makelloses Ergebnis. Etwaige Korrekturen müssen so durchgeführt werden, dass sie komplett verschwinden.“ Durch die sorgfältigen Prozesse wird auch die Qualität der Beschichtungsprozesse kontrolliert. Häufen sich bestimmte Arten von Störungen, erfolgt sofort eine Rückmeldung an die vorgeschaltete Zone. Von Abteilung zu Abteilung findet eine Eingangskontrolle statt, sodass exakt nachvollziehbar ist, an welcher Stelle des Prozesses eingegriffen werden muss – vom Rohbau bis zum Klarlack.
Hologramme vermeiden
Dort ist der Schleif- und Polieraufwand naturgemäß am höchsten. Und das Ergebnis des Finishprozesses wird unter verschiedenen Lichtqualitäten begutachtet. Wie im Handwerk gilt es auch in der Industrie, Hologramm-Effekte beim Polieren zu vermeiden – eine Aufgabe, die durch den hohen Anteil an schwarzen Fahrzeugen nicht einfacher geworden ist. „Hier mussten wir unsere Prozesse anpassen. „Rotatives Polieren führt zwar am schnellsten zum Ergebnis“, erläutert Robert Hosch, „aber die Gefahr, Hologramme zu erzeugen ist dabei besonders hoch. Beim exzentrischen Polieren bestand dagegen das Problem darin, dass die Prozesszeiten zu lang waren. Eine Zeitlang gab es daher einen zweistufigen Prozess – erst rotativ, dann exzentrisch. Seit einigen Jahren setzen wir sehr schnelle Exzentermaschinen mit größerem Hub ein, die – was ganz wichtig für die Verarbeiter ist – trotzdem geringe Vibrationen aufweisen.“
Der Finishprozess wurde damit noch schlanker, noch sicherer – und noch schneller.

Unternehmen im Fokus
Aktuelle Ausgabe
Titelbild Lackiererblatt 2
Aktuelle Ausgabe
02/2024
EINZELHEFT
ABO
FACEBOOK


Malerblatt Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Malerblatt-Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Medien GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum arcguide Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des arcguide Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de