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Ständig neue Herausforderungen

Technik
Ständig neue Herausforderungen

Neue Lackmaterialien und die VOC-Gesetzgebung treiben die Entwicklung von Lackierpistolen voran

Wenn bei SATA jemand sagt, er habe etwas mit dem „Doktor“ zu besprechen, dann ist in der Regel nicht der Betriebsarzt gemeint, sondern Dr. Ewald Schmon, SATA-Urgestein und schon an der Entwicklung mehrerer Pistolengenerationen beteiligt. Wir sprachen mit dem Leiter Forschung und Entwicklung über den Stand der Technik und neue Trends in der Applikationstechnik.

Herr Dr. Schmon, die SATA feierte in diesem Jahr ihr hundertjähriges Jubiläum, fast ebenso lang beschäftigt man sich mit dem Problem, Lack aufs Blech zu bringen. Man sollte meinen, die ideale Lösung wäre irgendwann gefunden. Was treibt die Pistolenentwicklung immer weiter voran?
Ein einfaches Beispiel: Als ich angefangen habe, war die SATA jet B der Maßstab aller Dinge. Wir dachten, das Optimum der Luftzerstäubung wäre erreicht. Das Spritzbild war für die Applikation der Basislacke ideal, der Verlauf bei den damals üblichen MS-Klarlacken war perfekt. Wo sollte die Entwicklung da noch hingehen?
Ja, wo ging sie hin?
Um die Richtung anzudeuten, genügt ein Blick auf die Spritzparameter. Wir hatten bei der SATA jet B 4,5 bar Eingangsdruck und erreichten damit einen Auftragwirkungsgrad von 35, vielleicht 40 Prozent. Aber damals waren die Materialverluste kein Thema – heute schon. Heute schaffen wir mit dem halben Eingangsluftdruck den doppelten Auftragwirkungsgrad. Das ist schon ein gewaltiger Fortschritt.
Das Problem besteht also nicht nur darin, eine perfekte Pistole zu bauen, sondern darin, sie an neue gesetzgeberische Forderungen anzupassen.
Die Umweltgesetzgebung ist sicher der wichtigste Einflussfaktor. Die vom Gesetzgeber vorgeschriebenen HVLP-Pistolen der ersten Generation etwa haben so ziemlich alles durcheinander gewirbelt, was bei der Autolackierung bis dahin als gesicherte Größe galt. Bei einem Eingangsdruck von 0,7 bar brauche ich ein anderes Düsendesign, andere Querschnitte, viel höhere Luftmengen und so weiter.
Die Umweltgesetzgebung trifft uns aber nicht nur direkt, sondern auch indirekt. Wenn die Lackhersteller neue, VOC-konforme Produkte entwickeln, müssen wir, wie es momentan bei den sehr festkörperreichen Klarlacken der Fall ist, die Applikationsgeräte anpassen – und zwar möglichst so, dass sich für den Verarbeiter der Prozess nicht verändert.
Worin besteht die Herausforderung bei den neuen Klarlacken?
Extrem festkörperreiche VHS- oder, je nach Hersteller, UHS-Klarlacke, müssen sehr dünn appliziert werden. Sobald die Schichtdicke zu hoch ist, ist es nämlich schwierig, die Lösemittel noch komplett aus dem Lack zu bekommen.
Wie reagieren Sie darauf?
Indem wir die Zerstäubung noch feiner machen. Die Düsen werden kleiner, und beim Druck nähern wir uns dem gesetzgeberisch zugelassenen Höchstdruck an.
Heißt das, ein moderner VHS-Klarlack ließe sich mit einer klassischen HVLP-Pistole nicht mehr verarbeiten?
Nicht mit der ersten Generation HVLP Pistolen. Hierzu waren weitergehende Entwicklungsschritte in der Düsentechnologie erforderlich. Mit den jetzigen SATA HVLP- aber auch RP- Pistolen können moderne VHS-Klarlacke mit hervorragenden Ergebnissen verarbeitet werden.
Welche anderen Materialien haben Einfluss auf die Applikation? Welche Anforderungen stellen zum Beispiel UV-Lacke?
Zur Kostenreduzierung wird der Einsatz von UV-Lacken immer stärker verfolgt. Um UV-Lacke verarbeiten zu können, muss man alle Lack führenden Bereiche vor UV-Strahlung schützen. Das gilt für die Düsenauslassöffnungen ebenso wie für den Pistolenbecher.
Geben Sie Wasserklarlacken eine Chance?
Nach unseren Beobachtungen wird in allen Richtungen geforscht – und das nicht nur beim Klarlack. Das Spektrum an Lösungen innerhalb der einzelnen Lackarten ist heute viel breiter als vor 30 Jahren, als es bei allen Herstellern eine im Prinzip sehr vergleichbare Grundlinie gab.
Folgt daraus auch eine Spezialisierung bei den Pistolen?
Vor allem das Düsenspektrum ist viel breiter geworden. Als wir Anfang der 90er die SATA jet 90 einführten, hatten wir die Vorstellung, eine Allround-Düse mit einem Durchmesser zwischen 1, 3 und 1, 4 Millimetern einzuführen. Diese Düse hätte sich für die allermeisten Lackieraufgaben geeignet. Davon sind wir heute meilenweit entfernt. Es gibt Düsen im Durchmesser 1,2, 1,3, 1,4, 1,5 und 1,6 Millimeter, entsprechend den Spezifikationen der Lackhersteller. Die unterschiedliche Chemie in den Lacken, unterschiedliche Bindemittel und damit unterschiedliche Viskositäten haben zu dieser Vielfalt geführt.
Welche Eigenschaften stehen anwenderseitig im Vordergrund?
An erster Stelle steht Einfachheit in der Anwendung. Der Lackierer muss so einfach wie möglich und sicher zum gewollten Ergebnis kommen. Dann folgen Gewicht, Ergonomie, Handling.
Kann man sagen: Je leichter, desto besser?
Nicht ganz. Ein gewisses Gewicht muss da sein. Man muss die Pistole so konstruieren, dass der Anwender Vertrauen in das Werkzeug vermittelt bekommt.
Stichwort Konstruktion: Wenn man sich in der Entwicklungsabteilung umschaut, sucht man ein Zeichenbrett vergeblich. Die Konstruktion erfolgt am Bildschirm. Welchen Einfluss haben CAD-Programme auf die Pistolenentwicklung? Gibt es schnelleren Modellwechsel oder mehr Varianten?
Ein schnellerer Modellwechsel wäre bei Pistolen kein Entwicklungsziel, da sich der Anwender sehr intensiv mit dem Werkzeug auseinander setzt und – so ist zumindest unsere Beobachtung – am liebsten immer dieselbe Pistole behalten würde.
Der Vorteil der CAD-Konstruktion liegt darin, dass man während der Entwicklung viel mehr Varianten durchaus auch mal spielerisch ausprobieren kann. Wenn früher am Zeichenbrett Dinge entstanden sind, waren Varianten kaum möglich, ohne die Arbeit von Wochen zu gefährden. Heute kann man problemlos Teile variieren, Elemente anpassen oder Vorgänge in der Pistole am Computer vorausberechnen.
Was lässt sich alles berechnen?
Mit so genannten Computer Fluid Dynamics (CFD-)Programmen kann man mit Hilfe einer Unmenge von Daten wunderschön rechnen, wie die Luftströmung durch eine Pistole läuft, wo man Engpässe, Verdichtungen oder auch Druckverluste hat. Man kann auch berechnen, wie die Luft aus der Düse strömt, und wie sich die Tröpfchen zerteilen.
Lässt sich auch errechnen, wie sich beispielsweise das Spritzbild verändert, wenn etwas an der Düse variiert wird?
Zum Glück noch nicht. Nur durch das umfangreiche bei SATA angesammelte empirische Wissen ist es möglich, Düsen optimal auf das zu verarbeitende Material anzupassen.
Herr Dr. Schmon, vielen Dank für das Gespräch. MR

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