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Prüfen, reparieren, ersetzen

Technik
Prüfen, reparieren, ersetzen

Elektronische Komponenten in der Fahrzeug-Unfallreparatur

Der Einsatz von Elektronikkomponenten in Kraftfahrzeugen hat in den letzten Jahren, entsprechend der Entwicklung auf dem Elektroniksektor, rasant zugenommen. Heutige Kraftfahrzeuge verfügen ausnahmslos über eine Vielzahl elektronischer Systeme. Beispielhaft seien hier Motormanagement inclusive elektronischer Abgasregelung, Spurhaltesysteme, Fahrerassistenzsysteme, Komfortelektronik oder Insassenschutzsysteme angeführt.

Elektronische Systeme in Fahrzeugen sind trotz der vielfältigen Wirkungsweise nach einem Grundschema aufgebaut (siehe Bild 1). Sensoren, Steuergeräte und Stellglieder bzw. Aktoren, die Hauptbauteile eines jeden elektronischen Systems, sind mit verschiedenen Verbindungen zur Spannungsversorgung und Datenübertragung (per elektrischen/optischer Leitung oder drahtlos) miteinander vernetzt. Es besteht die Möglichkeit, dass diese Bauteile durch einen Verkehrsunfall oder aber auch andere Schadenereignisse wie z.B. Brand oder Hochwasser in Mitleidenschaft gezogen werden.
Bei einem beschädigten Fahrzeug sind während der Schadenfeststellung und der darauffolgenden Festlegung des richtigen Reparaturwegs die nachfolgenden Punkte abzuklären:
1. Sind Systeme komplett ausgefallen, gibt es Fehlfunktionen, oder sind optisch erkennbare Beschädigungen vorhanden?
Die Mehrzahl der elektronischen Systeme sind heute selbstüberwachend. Auftretende Fehler werden erkannt und gespeichert. Bei sicherheitsrelevanten Systemen sowie Teilen des Motormanagements wie ABS und Airbag werden vorhandene Fehler durch Warnleuchten oder Displays im Fahrzeug angezeigt. Fehler in nicht sicherheitsrelevanten Systemen wie z.B. Klimatronic werden jedoch meist nicht angezeigt, sondern nur im Steuergerät gespeichert.
Diese Fehler lassen sich nur nach Anschluss an einen geeigneten Diagnosetester und Durchführung einer Fehlerspeicherabfrage auslesen. Herstellerspezifische Prüfgeräte verfügen unter Umständen über einen größeren Funktionsumfang.
Sichtbare Beschädigungen sind festzuhalten, Ergebnisse des Diagnosetesters sind möglichst durch Ausdruck zu dokumentieren.
2. Welche Komponenten verursachen Fehler?
Die exakte Lokalisierung eines fehlerhaften Bauteils kann nur von einer geschulten Fachkraft mit einem geeigneten Diagnosetester in Verbindung mit einer gut dokumentierten Prüfanleitung erfolgen. Moderne Testgeräte können nicht nur elektronische Funktionen überprüfen, sondern auch Betriebszustände simulieren.
Durch die Vernetzung des gesamten Bordsystems können beschädigte Komponenten Fehler in unterschiedlichen Einzelsystemen hervorrufen.
Bevor das Analysieren eines defekten elektronischen Bauteiles mittels Fehlerauslesegerätes möglich wurde, konnten in den Werkstätten die Einzelbauteile der Systeme nur so lange ersetzt werden, bis das Gesamtsystem wieder funktionierte.
Diese Art der Fehlersuche ist zum Einen für den Kunden sehr teuer (hoher Arbeitszeitaufwand; viele zu Testzwecken ausgetauschte, voll funktionsfähige Bauteile werden nicht mehr zurückgetauscht) und zum Anderen bei immer komplexer werdenden Systemen mit nur zeitweilig auftretenden Fehlfunktionen nicht fachgerecht und zielführend.
3. Inwieweit können diese Mängel dem Schadenereignis zugeordnet werden?
Während Beschädigungen an den Kabel- und Steckverbindungen relativ einfach einem Schadenereignis zuzuordnen sind, ist dies bei Fehlfunktionen von Sensoren, Steuergeräten und Stellgliedern wesentlich schwieriger. Bis zur Mitte der 80er Jahre gab es von den Automobilherstellern keine Anweisungen an die Werkstätten, wann elektronische Komponenten nach einem Unfallschaden auszuwechseln waren, und wann nicht. Die Folge dieser unklaren Lage war, dass viele Elektronikmodule vorsorglich ersetzt wurden.
Hierbei wurde eindeutig von einer falschen Einschätzung der bei einem typischen Unfall auftretenden Beschleunigungen und Kräfte ausgegangen. Die Fahrzeughersteller setzen in ihren Bauteil-Spezifikationen das Bestehen eines so genannten Shocktests voraus. Die Belastungen bei einem Unfall sind in der Regel deutlich geringer als bei diesen Shocktests.
Um einen Ausweg aus dieser nicht akzeptablen Situation zu finden, hat das AZT bereits 1987 mit allen deutschen Automobilherstellern einen Leitfaden für die Behandlung von Elektronikteilen nach Unfällen entwickelt, der auch heute noch gültig ist:
Wann austauschen?
Ein Austausch von Elektronikteilen ist vorzunehmen, wenn mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist.
  • Gehäuse ist verformt oder beschädigt.
  • Auflagefläche bzw. Konsole verformt (E-Gerät i.O.)
  • Steckverbindung des Moduls ist beschädigt oder korrodiert.
  • Funktionstest oder Eigendiagnose zeigen Fehler des Gerätes an.
Außerdem sind die Vorgaben der Fahrzeughersteller zum Austausch von Komponenten zu beachten.
4. Durch welche Instandsetzungsmaßnahmen kann eine einwandfreie Funktion wieder hergestellt werden?
Die meisten unfallbedingten Ausfälle oder Fehlfunktionen von elektronischen Systemen sind auf Beschädigungen an den Kabeln oder Steckverbindungen zurückzuführen. Hier ist im Regelfall eine Reparatur möglich. Viele Fahrzeughersteller haben Reparaturen an der Fahrzeugverkabelung sowie an den Steckverbindungen freigegeben und bieten hierzu Spezialwerkzeuge sowie entsprechende Ersatzteile an.
Den Reparaturanleitungen der Fahrzeughersteller ist hierbei Folge zu leisten. Defekte Sensoren, Steuergeräte und Stellglieder müssen ersetzt werden. Eine Instandsetzung ist derzeit von den Fahrzeugherstellern nicht freigegeben. Einige Fahrzeughersteller bieten Steuergeräte zu reduzierten Austauschpreisen an.
5. Welche Maßnahmen sind zu treffen, damit bei der Unfallinstandsetzung keine Systeme beschädigt werden?
Damit durch die Unfallinstandsetzung keine elektronischen Systeme beschädigt werden, ist den Reparaturanleitungen der Fahrzeughersteller Folge zu leisten. Im Regelfall ist folgendes zu beachten:
  • Die Klemme vom Minuspol der Kraftfahrzeugbatterien abnehmen, isoliert ablegen sowie Minuspol der Kraftfahrzeugbatterien abdecken.
  • An Fahrzeugen mit Airbag bzw. pyrotechnischen Gurtstraffern Zusatzmaßnahmen laut Fahrzeughersteller ergreifen. Beispielsweise schreiben manche Hersteller vor, nach Abklemmen der Batterie eine Wartezeit einzuhalten oder den Steuergerätestecker abzuziehen.
  • Masseanschluss des elektrischen Schweißgerätes unmittelbar an der Schweißstelle anbringen; isolierende Materialien vorher entfernen.
  • Elektronische Steuergeräte und elektrische Leitungen nicht mit dem Masseanschluss des Schweißgerätes oder der Schweißelektrode berühren, vor Hitzeeinwirkung schützen (gegebenenfalls ausbauen).
Eine umfassende Beantwortung der Fragen 1–5 sollte sowohl vom Kfz-Sachverständigen als auch von der Reparaturwerkstatt vor Beginn von Reparaturarbeiten angestrebt werden.
In Fällen, in denen das betroffene Fahrzeug z.B. nicht fahrbereit ist, lässt sich dies nicht realisieren, so dass verschiedene Punkte erst im Verlauf der Reparatur geklärt werden können.
Bei Einhaltung dieser Vorgehensweise zur Kalkulation und Instandsetzung von Fahrzeugschäden bezüglich der elektronischen Systeme wird eine technisch einwandfreie und wirtschaftliche Reparatur sichergestellt.
Diese Stellungnahme wurde abgegeben am 14.03.2006 durch die Mitglieder der Deutschen Kommission für Lack und Karosserieinstandsetzung: Allianz Versicherungs-AG; Allianz Zentrum für Technik (AZT); AMB Generali-Gruppe; AUDATEX-Datenservice; Bundesfachgruppe Fahrzeuglackierer (BfL); Bundesverband der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e.V. (BVSK); cebacus Ingenieurgesellschaft für EDV-Systeme mbH (cebakus); Deutsche Automobil Treuhand GmbH (DAT); DEKRA Automobil GmbH; eurotaxGlasses; Gesellschaft für Technische Überwachung mbH (GTÜ); Hauptverband Farbe, Gestaltung, Bautenschutz; Institut für Fahrzeuglackierung (IFL); KSR EDV-Ingenieurbüro GmbH (KSR); Organisationsgesellschaft der Schaden-Schnell-Hilfe-Stationen zur Feststellung von Kraftfahrzeugschäden mbH (SSH); TÜV-Süd; Verband der Automobilindustrie (VDA); Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller e.V. (VDIK); Verband der Lackindustrie; Württembergische Versicherung; Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe Zentralverband (ZDK); Zentralverband Karosserie- und Fahrzeugtechnik (ZKF).

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