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Prozesssicher arbeiten, zukunftssicher aufstellen

Technik
Prozesssicher arbeiten, zukunftssicher aufstellen

Der Bundesverband der Partnerwerkstätten reagiert auf Trends im Reparaturmarkt

Michael Rehm

Es geht sehr schnell über das Tagesgeschehen hinaus, wenn man sich mit BVdP-Geschäftsführer Robert Paintinger, dem operativen Geschäftsführer Marco Senger und, als jüngster Neuverstärkung, Projektmanagerin Angela Hunze unterhält. Wir trafen die drei in der Bad Tölzer Geschäftsstelle des Bundeverbandes der Partnerwerkstätten zu einem Gespräch. Die Themen reichten von Qualicar über den Einstieg in die Mechanik bis hin zum Reparaturmarkt von Morgen.
Anfang 2015 hat der BVdP das Qualicar-Konzept gestartet – wie viele Mitglieder nehmen aktuell an diesem System teil?
Derzeit gib es 240 Qualicar-Betriebe, also etwa 40 Prozent der BVdP-Mitglieder.
Ist das Interesse ungebrochen hoch, oder hat sich da eine gewisse Sättigung eingestellt?
Einen Sättigungseffekt konnten wir noch nicht feststellen. Die jetzige Teilnehmerzahl ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass wir uns an der eigenen Manpower, also unserer Fähigkeit, die Qualicar-Betriebe optimal zu betreuen, orientieren. Wir nehmen neue Qualicar-Partner immer in Tranchen zu etwa 50 Betrieben auf – zuletzt im Juli 2016.
Welches Fazit würden Sie nach den ersten gut eineinhalb Jahren Qualicar ziehen?
Das System funktioniert und hat sich in beide Richtungen bewährt. Zum einen haben wir mittlerweile gute Rückmeldungen darüber, wo es beim Steuerer hakt. So haben wir uns schon häufig, zuletzt z.B. im Falle der Direktkundenmeldung bei der Innovation Group, direkt mit dem Steuerer zusammengesetzt und schnelle Lösungen gefunden. Noch wichtiger ist der Nutzen, den unsere Betriebe aus den gesammelten und ausgewerteten Prozessstörungen ziehen.
Könnten Sie das ein bisschen erläutern?
Von den teilnehmenden Steuerern erhalten wir monatlich Excel-Listen mit Prozessstörungen, die sie registriert haben – das reicht von nicht aussagekräftigen Bildern über Probleme mit der Erreichbarkeit bis hin zu Fällen, in denen der falsche Stundensatz im KV zu Grunde gelegt wurde. Wir sortieren diese Meldungen zum einen nach den Betrieben, zum anderen nach Prozessen – schlechte Erreichbarkeit würden wir etwa der Schadenannahme zuordnen. Der Betriebsinhaber bekommt also eine strukturierte Auswertung dieser Störungen und damit Informationen darüber, wo es in seinem Unternehmen individuell hakt. Häufen sich zum Beispiel Probleme mit untauglichen Fotos, dann kann er als Maßnahme seinen Annehmer auf einen Fotokurs schicken.
Wie viel Wert legen denn Steuerer darauf, dass ihre Partnerbetriebe an Qualicar teilnehmen?
Entscheidend für eine Versicherung ist die Performance des Betriebs. Und wenn ein Betrieb laufend Störungen verursacht, spielt es keine Rolle, ob er Qualicar-Partner ist oder nicht. Allerding leuchtet den Versicherern, die selbst Monitoring betreiben – und das tun fast alle – schon ein, dass man mit Qualicar gemeinsam die Prozesse verbessern kann. So gibt es auch Großkunden, die das System so gut finden, dass sie ihr Netzt konsequent mit Qualicar-Betrieben besetzen. Dennoch hat sich die anfängliche Besorgnis, dass die gesteuerten Schäden jetzt nur noch in Qualicar-Betriebe gehen, als unbegründet herausgestellt. Der Vorteil von Qualicar ist ganz einfach, dass man damit seine Prozesssicherheit nach außen demonstriert. Für uns ist das eine echte Erfolgsgeschichte.
Gilt das auch für ein zweites aktuelles Projekt des BVdP, den Mechanik-Checker?
Wir haben aus dem Stand über hundert Anforderungen für die erste Stufe des Programms erhalten – das halten wir durchaus für einen Erfolg.
Aus welchem Grund haben Sie den Mechanik-Checker entwickelt? Die Frage, wie breit ein Unternehmer den Betrieb aufstellt, stellt sich ja nicht erst seit kurzem …
Nein, aber durch die Auto Service-Initiative der HUK Coburg ist eine ganz neue Dynamik entstanden. Betriebe, die eigentlich das Thema Mechanik nur im Zusammenhang mit K + L-Instandsetzungen bearbeiten, fragen sich plötzlich, ob sie noch zukunftssicher aufgestellt sind, wenn sie nicht auch Service und Wartung anbieten – vor allem dann, wenn sie intensiv mit dieser Versicherung in der Schadensteuerung zusammenarbeiten. Bei dieser sehr komplexen Entscheidung will der BVdP eine Hilfestellung geben.
Was macht die Entscheidung aus Ihrer Sicht so komplex?
Da ist zunächst die Frage: Was will ich eigentlich? Mechanik im Zusammenhang mit der Unfallinstandsetzung? Das werden wir ja alle in immer stärkerem Maße beherrschen müssen. Oder geht es auch um Service und Wartung? Möchte ich das generell anbieten oder im Rahmen von HUK Autoservice? Da kann die Antwort schon ganz unterschiedlich ausfallen. Generell stehen bei der Entscheidung „pro oder contra Service und Wartung“ oft die technische und die finanzielle Seite im Vordergrund: Welche Werkzeuge und Maschinen brauche ich? Was kostet das? Finde ich die entsprechenden Fachkräfte? Was kosten die? Entscheidend sind aber nicht nur diese, sondern auch Fragen der Organisation und der Prozesse.
Was meinen Sie damit?
Erinnern wir uns einmal daran, dass vor nicht allzu langer Zeit auch die Bereiche Karosserie und Lack sehr häufig getrennt waren. Und daran, wie schwierig es oftmals war, den jeweils fehlenden Bereich zu integrieren – und das, obwohl Karosserie und Lackierung in einem linearen Prozess vonstatten gehen: Demontage, Karosseriereparatur, Lackierarbeit, Montage. Auch der Auftrag ist ein und derselbe, die Annahme veränderte sich also praktisch nicht. Das sieht bei Service und Wartung ganz anders aus – ich habe völlig andere Arten von Jobs, ohne Bezug zur Reparatur und in viel höherer Frequenz. Die Reparaturannahme und das Handling des Auftrags funktionieren da völlig anders.
Kann dann ein „Check“ wirklich bei der Entscheidung helfen?
Nicht alleine; der Mechanik Checker stellt ja nur die erste Stufe eines insgesamt dreistufigen Konzepts dar und liefert eine erste, allerdings schon recht gute Orientierung. Wer danach zur Erkenntnis kommt, dass ein Einstieg in die Mechanik sinnvoll ist, sollte aus unserer Sicht als zweite Stufe ein Blitzgutachten erstellen lassen. Der nächste Step wäre dann eine ausführliche betriebswirtschaftliche Beratung. Danach sollte dann wirklich größtmögliche Klarheit geschaffen sein.
Kommen wir noch einmal auf den HUK-Autoservice zurück – halten Sie die Rahmenbedingungen – niedrige Fixpreise, starke Signalisation, Ausschließlichkeitsvereinbarung beim Telematikeinbau – für akzeptabel? Oder wird hier Marktmacht einseitig ausgenutzt?
Zur Frage der Signalisation hat der BVdP vor kurzem Stellung genommen – wenn ein Reparaturbetrieb komplett im HUK-Design am Markt agieren will, kann das unter Umständen sinnvoll sein – es muss aber freiwillig erfolgen. Wir sehen ja jetzt schon, dass andere Steuerer gegenreagieren. Am Ende steht der Betrieb zwischen allen Fronten. Dass Versicherungen sich aber ihren Kunden gegenüber stärker als Marke präsentieren und neue Services entwickeln, ist vor dem Hintergrund des dramatischen Wandels der Rahmenbedingungen für Versicherer zu sehen.
Wie wird auf diesen Wandel reagiert?
Das Geschäftsmodell der Versicherungen besteht ja darin, für eine gewisse Prämie Fahrzeuge gegen Unfälle zu versichern. Dass die Unfallzahlen vielleicht noch nicht in zehn, aber in zwanzig Jahren aufgrund von Assistenzsystemen und automatisiertem Fahren drastisch zurückgehen werden, liegt aber auf der Hand. Bei geringerem Unfallrisiko werden aber auch die Prämien sinken. Das jetzige Geschäftsmodell der Versicherungen wird also nicht mehr funktionieren, und je stärker eine Versicherung im Kfz-Geschäft engagiert ist, desto größer dürfte der Druck werden, zusätzliche Felder zu besetzen.
Wo könnten denn neue Geschäftsfelder liegen?
Da müsste man weit in die Zukunft schauen können.Wir stehen ja gerade am Anfang eines generellen Wandels: Bislang wurden den Kunden „die Hardware“, sprich: ein Auto, und verschiedene Dienstleistungen drum herum wie Reparaturen oder Versicherungen separat angeboten. In Zukunft wird mehr und mehr ein Mobilitätspaket gefragt sein, das all diese Leistungen enthält: ein konkretes Fahrzeug oder auch wechselnde, je nach Bedarf, Service, Wartung, Reparatur und auch die passende Versicherung. Ob dieses Paket nun ein Fahrzeughersteller anbietet, eine Versicherung, eine Leasinggesellschaft oder ein marktfremder Player, den wir heute noch gar nicht als solchen wahrnehmen – Aldi und Co. könnten ja auch wieder einen Versuch auf dem Mobilitätssektor starten – wissen wir heute noch nicht.
Was bedeutet das für die Zukunft der Reparaturbetriebe?
Der „Privatkunde“, der individuell entscheidet, was mit „seinem“ Fahrzeug passiert, wird selten werden. Ob Versicherung, Fahrzeughersteller oder Leasinggesellschaft – der Kunde von morgen und übermorgen wird immer auf gewisse Art ein Großkunde sein. Für die Betriebe wird es darauf ankommen, die sehr unterschiedlichen Bedürfnisse der einzelnen Gruppen zu erkennen und zu entscheiden, wo man sich mit welchen Leistungen positioniert. Dabei können die unterschiedlichsten Konstellationen erfolgreich sein – vom Lackierbetrieb mit Industriebereich bis zum Karosserie-, Lack- und Mechanikbetrieb. Aber innerhalb jeder Kategorie wird es eine knallharte Selektion geben.
Herzlichen Dank für das Gespräch.

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