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„Prozesse erst definieren, dann optimieren“

Technik
„Prozesse erst definieren, dann optimieren“

Bei der Kommunikation zwischen den an der Unfallreparatur beteiligten Parteien gibt es noch viel Verbesserungspotenzial

Michael Rehm

Peter Ringhut ist einer der Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der KSR EDV-Ingenieurbüro GmbH. Das Unternehmen ist mit zahlreichen Branchensoftware-Lösungen im Bereich der Unfallinstandsetzung präsent. Damit ist KSR unmittelbar an EDV-Lösungen beteiligt, die die Kommunikation zwischen den an der Reparatur Beteiligten – Versicherungen, Sachverständige und Werkstätten – ermöglichen oder erleichtern. Wir sprachen mit Peter Ringhut über Optimierungspotenziale auf diesem Gebiet.
Herr Ringhut, das Stichwort Prozessoptimierung ist in aller Munde; speziell die Kommunikation zwischen den an der Unfallschadenreparatur beteiligten Parteien lässt sich, so hört man von Werkstattseite immer wieder, noch deutlich optimieren. Welche Rolle können Sie in diesem Prozess spielen?
Zunächst einmal möchte ich in diesem Zusammenhang klar zwischen den innerbetrieblichen Prozessen in der Werkstatt und den Prozessen im Zusammenhang mit den genannten Parteien unterscheiden. Bei den innerbetrieblichen Prozessen gelingt es uns zusammen mit unseren Kunden immer besser, die Abwicklung zu optimieren. Hier haben wir in der Vergangenheit zusammen mit den Betrieben die Prozesse erarbeitet und dann unsere Lösungen so umgebaut oder erweitert, dass diese optimal zum Prozess passen und damit die Anwender bestens unterstützen. Doppelterfassungen oder gar ein Medienbruch im Ablauf des gesamten Reparaturprozesses sind hier so gut wie nicht mehr vorhanden. Erstaunlich ist dabei, dass es gelungen ist, beinahe einheitliche Prozesse für die Betriebe zu bilden, obwohl diese sich natürlich auch erheblich unterscheiden in ihrer eigentlichen Tätigkeit.
Wo liegen dann die Probleme?
An den außerbetrieblichen Prozessen – zum Beispiel an der elektronischen Beauftragung, am Übermitteln des Kostenvoranschlags, an der Teilebeschaffung und letztlich an der Rechnungsstellung an den Auftraggeber. Da beißen wir und die Reparaturbetriebe uns irgendwie die Zähne aus. Dies liegt jedoch aus meiner Sicht nicht an der Technik. Die Werkzeuge sind vorhanden.
Was fehlt also?
Ich sage es einmal überspitzt: Um einen Prozess zu optimieren, muss man erst einmal einen Prozess definiert haben – und zwar einen, der alle möglichen Varianten abdeckt. Das kann man nicht von allen Auftraggebern der Werkstätten sagen. Dazu kommt, dass fast jeder seine eigene Lösung entwickelt. Ein ganz einfaches Beispiel: Wenn ein Betrieb per E-Mail mit Versicherungen oder Leasingunternehmen kommuniziert, wird vorgeschrieben, was in der Betreffzeile zu stehen hat. Der eine hätte gerne Kennzeichen/Schadennummer, der andere Kennzeichen/Betrag/beschädigte Stelle, der Dritte Partnernummer/Schadenart/Kennzeichen/Schadenhöhe/Termin und so fort. Und wenn Sie einen Schrägstrich weglassen, kommt die Mail umgehend zurück. Obwohl also das Grundvorgehen im Schadenfall gleich ist, hat jeder Auftraggeber eigene Varianten im Programm.
Die Unterschiede liegen also im Detail?
Nicht nur; sogar bei grundlegenden Dingen gibt es keinen Standard. Die Art der Beauftragung und die Menge und Art der Daten, die dabei an die Werkstatt übermittelt werden, variieren bereits sehr stark. Mit dem Kostenvoranschlag geht es weiter: Er wird, je nach Auftraggeber, per E-Mail, Audanet, DATNet, SchwackeNet oder per Fax verschickt. Dann gibt es jede Menge Sonderfälle, welche die Werkstätten zu beachten haben: Leasingunternehmen möchten häufig, wenn ein Auto mehrere Beschädigungen aufweist, getrennte Kostenvoranschläge je Schadstelle. Je nach Auftraggeber müssen zusätzliche Dokumente mit dem KV verschickt werden. Und vor allem: Eine Werkstatt hat heute mit sehr vielen Auftraggebern Sonderregelungen vereinbart; das reicht von besonderen Stundensätzen über die Frage, ob Material im Lohn enthalten sein soll, bis hin zu Regelungen zum Ersatzwagen. Das müssen die Mitarbeiter in der Auftragsannahme im Kopf haben oder in einem Ordner, denn übermittelt werden diese Informationen nur in den wenigsten Fällen. Dies wäre jedoch die Voraussetzung dafür, dass unsere Programme den Anwender besser als bisher bei der Anlage und Abwicklung des Auftrags unterstützen könnten.
Stattdessen müssen diejenigen, welche die Aufträge erfassen und übermitteln, für jeden Auftraggeber im Kopf haben, was dabei alles zu beachten ist. Dies ist natürlich eine große Fehlerquelle und es geht zusätzlich auch noch viel wertvolle Zeit verloren.
Wie sieht es bei der Reparaturfreigabe aus?
Die ist nur sehr selten als Prozessschritt klar definiert, und es gibt ganz unterschiedliche Verfahrensweisen. Bei der einen Versicherung ist die Beauftragung gleichzeitig die Reparaturfreigabe, wobei es aber sein kann, dass der eine oder andere Gebietsleiter auf der Freigabe besteht. Bei anderen Auftraggebern ist dieser Bereich gar nicht geregelt.
Das ist doch eigentlich unverständlich – wenn ich einen Kostenvoranschlag abgebe, dann sollte doch auch jemand in der Lage sein zu sagen „ok, leg los, fang an zu reparieren“.
Ich kann in diesem Fall die Auftraggeber durchaus verstehen, den wenn hart vereinbart wird, dass eine Reparatur erst dann begonnen werden kann, wenn die Freigabe kommt, kann es natürlich passieren, dass aufgrund von Engpässen beim Auftraggeber oder dessen Dienstleister zusätzliche Wartezeit entsteht, bis die Freigabe kommt. Das heißt, es entstehen zusätzliche Kosten für Ersatzwagen, Ausfall, Standzeit und so weiter. Dieses Risiko wollen sich die meisten Auftraggeber natürlich vom Hals halten. Eine pauschale Zusage, dass die Freigabe zur Reparatur mit Übermittlung des Auftrags erfolgt ist, gibt es aber auch nicht. Stattdessen wird irgendetwas in der Mitte vereinbart, und jeder hofft, dass es einfach gut geht.Von einem klaren Prozessschritt kann hier bis auf wenige Ausnahmen aus meiner Sicht kaum die Rede sein.
Mit anderen Worten: Man legt einfach los.
Richtig, aber darüber muss jemand entscheiden, der sich mit dem jeweiligen Auftraggeber auskennt.
Das heißt, die Anforderungen an die Mitarbeiter in der Annahme steigen weiter.
Ich würde eher sagen, es ist eine schwierige Mischung entstanden. Einerseits gibt es in der Annahme reine Schreibtätigkeiten, bei denen es darum geht, Daten zu übertragen oder nachzutragen. Andererseits müssen dabei je nach Auftraggeber und basierend auf den Verträgen und Vereinbarungen komplexe Bedingungen beachtet und in der Kalkulationserfassung oder auch nur -ergänzung umgesetzt werden. Manchen Betrieben gelingt es, diese Aufgaben zu trennen und unterschiedlich zu besetzen, was ein großer Vorteil sein kann, denn dann wird zumindest ein wertvoller Annahmemeister nicht mit Schreibarbeiten aufgehalten.
Welche Hilfe können Sie als Softwarespezialist bieten?
Wir schauen das Thema Kommunikation seit Jahren an und stellen fest: Es setzt sich im Grunde kein Standard durch, sondern die Welt wird immer bunter. Das müssen wir natürlich bis zu einem gewissen Grad akzeptieren und unsere Programme so gestalten, dass „Assistenten“, also ins Programm integrierte Hinweise, den Benutzer an vielen Stellen darauf aufmerksam machen, dass Fallstricke lauern. Dem Anwender kann zum Beispiel gesagt werden: „Du hast die Rechnung in dem und dem Punkt verändert, sodass sie nicht mehr dem KV entspricht und zu Problemen führen könnte.“ Davon abgesehen sind wir dabei, für diejenigen, die per E-Mail mit Auftraggebern kommunizieren, eine E-Mail für den Auftrags-Im- und Export zu entwickeln, die die wichtigsten Daten in einer xml-Struktur enthält, sodass die Daten aus technischer Sicht problemlos verarbeitet werden können.
Wird die Kommunikation per E-Mail nicht langsam von Schadenplattformen à la AudaNet oder DATNet abgelöst?
Diese Art der Kommunikation hat überraschend wieder stark zugenommen und wir werden fast täglich mit Anforderungen dazu von unseren Kunden konfrontiert. Unsere E-Mail für den Daten-Im- und -Export kann daher ein Angebot für diejenigen Auftraggeber, die keinen speziellen Standard vorgeben, oder für neue Marktteilnehmer sein. Und nicht zuletzt versuchen wir allen Partnern, mit denen wir hier zusammenarbeiten, die Problematik der Werkstatt darzulegen. Unser Ziel ist es dabei, die Systeme nach und nach zu erweitern, um die Situation in der Werkstatt zu verbessern.
Welche Erfolge konnten Sie dabei erzielen?
Wir haben zuletzt in dieser Richtung sehr erfolgreich mit der HUK-COBURG kooperiert, die ein effizientes Verfahren zur elektronischen Beauftragung entwickelt hat. Hier war auch beim Versicherer der Wunsch da, die Prozesse zu definieren, zu vereinfachen – und auch die eigenen Prozesse bei Bedarf anzugleichen, wovon letztlich alle Beteiligten erheblich profitiert haben.
Herr Ringhut, vielen Dank für das Gespräch.

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