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Auf jede Frage eine Antwort

Technik
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Klarlack muss sich den unterschiedlichsten Bedingungen anpassen

Mit dem Klarlack steht und fällt die Qualität der Reparaturlackierung. Der Qualitätsanspruch der Fahrzeugbesitzer, die technologischen Ansprüche der Hersteller und nicht zuletzt die Forderungen der Anwender sind die Auswahlkriterien für ein geeignetes Produkt. Über neue Entwicklungen und Trends sprachen wir mit Torsten Stahlberg, Leiter Technischer Service bei der Spies Hecker GmbH.

Herr Stahlberg, wie sieht heute das Pflichtenheft für einen Klarlack aus? Welche Eigenschaften sind am stärksten gefragt?
Als Hersteller müssen wir uns beim Klarlack auf sehr unterschiedliche Szenarien und Sichtweisen einstellen. Die Verarbeitungssituationen variieren sehr stark. Wenn ich zum Beispiel eine Kabine mit sehr hoher Luftleistung, einen separaten Trockner oder sogar Infrarot-Unterstützung in der Kabine habe, brauche ich einen Klarlack, der diesen jeweiligen Anforderungen gerecht wird. Der Lackierer soll sich sicher fühlen. Wer dagegen viele kleine Reparaturen in einer Kombikabine ausführt, braucht einen sehr produktiven, schnellen Klarlack. Auch die Vorlieben bei der Applikation sind unterschiedlich. Der eine Lackierer kommt mit einem Material gut zurecht, das mit 1,5 Spritzgängen in einem Arbeitsgang verarbeitet wird, der andere möchte sich dem Ergebnis lieber in zwei Spritzgängen nähern. Und nicht zuletzt ist auch der Anspruch an die Oberfläche unterschiedlich. Der eine möchte einen guten Standard, der andere ein spiegelglattes Finish – wobei man natürlich auch des Guten zu viel tun kann. Ziel sollte ja immer die Nachstellung der Serienlackierung sein, nicht weniger, aber auch nicht mehr. Im Pflichtenheft für einen Klarlack steht also, dass wir all diese unterschiedlichen Anforderungen erfüllen müssen. Wir müssen auf jede Frage eine Antwort haben.
Welches Klarlack-Sortiment ist im Betrieb sinnvoll?
Für viele Betriebe macht es Sinn, einen hochwertigen und produktiven Standard-Klarlack mit guter Trocknung und hohem Glanz einzusetzen. Ein besonders schneller und reaktiver Klarlack für spezielle Aufträge oder ungünstige Kabinensituationen kann das Klarlacksortiment abrunden. Auf unser Portfolio übertragen: Wir finden oft die Kombination aus dem Permasolid HS Klarlack 8035 und dem Permasolid HS Optimum Plus Klarlack 8650. Dazu kommen herstellerbedingte Verpflichtungen, Spezialprodukte wie kratzfestere Klarlacke, zum Beispiel unseren Permasolid HS Diamant Klarlack 8450, einzusetzen.
Können unterschiedliche Härter- und Verdünner-Kombinationen einen zweiten oder dritten Klarlack im Betrieb ersetzen?
Ziel ist natürlich ein möglichst kompaktes System. Mit Härter und Verdünner lässt sich der Klarlack üblicher-weise an den jeweiligen Auftrag, also an die Größe der Fläche, die Temperatur und auch an die Applikationsvorliebe des Anwenders anpassen. Die
eigentliche Trocknungszeit kann man aber nur beeinflussen, wenn man wirklich einen sehr reaktiven Klarlack verwendet.
Bei der neuesten Generation von High-Solid-Klarlacken gab es anfangs oft Probleme mit Überbeschichtung, da die Applikationsweise nicht angepasst wurde. Ist dieses Problem noch aktuell?
Es liegt in der Natur der Sache, dass festkörperreiche Produkte dazu neigen, hohe Schichtdicken aufzubauen. Deshalb lautet die Applikations-Empfehlung ganz klar 1,5 Spritzgänge. Nur kommt hier eben der individuelle Anwender ins Spiel. Mit 1,5 Spritzgängen bringt der eine so viel Material auf die Oberfläche wie ein anderer mit zweien. Daher sollte man sich mit dem Problem Überbeschichtung sehr intensiv befassen, die Applikation überprüfen und wenn nötig auch trainieren. Schließlich können aus einer zu hohen Klarlackschicht viele Probleme entstehen – von einer langsameren Trocknung über Kocher bis hin zu schlechterer Polierbarkeit.
Wie preissensibel sind die Anwender beim Klarlack?
Die Versuchung besteht natürlich, beim Klarlack einmal ein anderes, günstigeres Produkt auszuprobieren. Scheinbar ähneln sich ja die Produkte. Daher sind etliche Hersteller unterwegs, die keinen Basislack, aber vermeintlich unproblematischen Klarlack anbieten. Vergessen wird dabei oft, dass auch beim Klarlack technische Freigaben der Autohersteller notwendig sind, und dazu wird ein kompletter Lackaufbau geprüft. Diese Freigaben zu erreichen ist langwierig und kostspielig, was in den Preis des Produkts einfließt. Dazu kommt, dass wir uns als Lackhersteller heute als Systemanbieter verstehen. Dazu gehören neben den Produkten auch Service und anwendungstechnische Betreuung – und zwar vom Spachtel bis zum Klarlack. Wenn es einmal ein Problem mit der Lackierung gibt, sollte ja jemand eine genaue Aussage über die mögliche Ursache treffen können: Liegt es am Klarlack, liegt es am Basislack, oder gibt es eine Wechselwirkung? Hier kommt es dann auf eine fachlich kompetente Ursachenforschung und lösungsorientierte Beratung an.
Das klingt, als wäre auch der Klarlack ein serviceintensives Produkt?
Auf jeden Fall – nach dem Thema Farbton kommt gleich der Klarlack. Nur eine Kanne Klarlack zu liefern und den Kunden ausprobieren zu lassen, geht heute nicht mehr. Unsere Kunden verlangen Service. Umgekehrt ist es ja auch in unserem Sinne, dass wir unsere Produktkenntnisse in Form von Service und Empfehlungen weitergeben.
Wie steht es derzeit um die Themen UV-Klarlack und Wasserklarlack?
UV-Klarlack bewährt sich bei unserem System Speedrepair, allerdings gibt es die bekannten Einschränkungen bei der Größe der Reparaturfläche. Um das Thema UV-Klarlack als Standard-Klarlack auch für großflächige Lackierungen ist es dagegen nach meiner Beobachtung wieder sehr ruhig geworden. Wir sehen im Markt derzeit keine Notwendigkeit, einen UV-Klarlack auch für die großflächige Reparaturlackierung anzubieten. Ein wasserbasierender 2K- Klarlack könnte bei einer drastischen Absenkung der zulässigen VOC-Werte durchaus interessant werden. Aktuell zeichnet sich aber eine derartige Veränderung nicht ab. Wo wäre also für den Kunden der Gewinn? Ich denke, wir werden beim Klarlack noch lange Zeit mit konvektiver Trocknung arbeiten, ein Trend zeichnet sich eher dahingehend ab, dass IR-Trocknung auch beim Decklack wieder eine stärkere Rolle spielt.
Und wie steht es mit dem Mode- thema Mattlack?
Modethema trifft es ja ganz gut. Die Lacke sind in aller Munde und in allen Medien präsent. Klar ist, dass in einem kleinen Segment diese Matt-Effekte gefragt sein werden. Wie nachhaltig dieser Trend und wie hoch die Nachfrage nach matten Autos sein wird, hängt natürlich von der Automobilindustrie ab – und auch davon, ob der höhere Reparaturaufwand und die Besonderheiten bei der Pflege kommuniziert und akzeptiert werden. Ob leichte Schlüsselkratzer rund ums Schloss oder eingetrockneter Vogelkot auf der Motorhaube – bei matten Klarlacken kann das zum echten Problem werden; polieren kann man eben nicht.
Das heißt, ein wirklich sicheres Reparaturverfahren für matte Klarlacke gibt es nicht?
Doch, natürlich; wir haben die Produkte, um matte Klarlacke zu reparieren, und wir haben auch sichere Prozesse. Nur ist der Aufwand höher. Der Reparaturumfang kann je nach Lage des Schadens größer sein als bei normalem Klarlack. Auch kalkulatorisch sehe ich noch keine endgültige Regelung. Was mache ich, wenn in einer Motorhaube, was einfach vorkommen kann, nach der Lackierung ein, zwei Staubeinschlüsse sind? Normalerweise poliere ich sie in ein paar Minuten aus. Beim Mattlack darf ich die Haube noch einmal lackieren. Wer zahlt das? Wie gestalte ich die Kalkulation? Technisch ist, wie gesagt, eine Reparatur machbar, aber wir müssen auch auf diese Fragen eine Antwort finden.
Herr Stahlberg, vielen Dank für das Gespräch. MR

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