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„Alle Optionen offen“

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„Alle Optionen offen“

Alois Dobler, Vertriebsleiter Wolf Oberflächentechnik, über Kabinentechnik für aktuelle und kommende Lackgenerationen

Herr Dobler, für 2010 steht eine weitere Verschärfung der VOC-Grenzwerte im Raum. Vor allen Dingen bei den Klarlacken müsste noch Wesentliches geschehen. Nach wie vor sind dabei anscheinend alle Optionen offen. Wie sehen Sie die Situation?

Es ist richtig, dass sich die Lackindustrie seit geraumer Zeit intensiv mit dem Thema Klarlack befasst. Um Lösemittel noch weiter zu reduzieren, gibt es drei Wege: Extrem festkörperreiche Materialien, wasserverdünnbare Klarlacke und UV-Klarlacke.
Letztere stehen ja besonders stark im Fokus…
Es ist schon etwas erstaunlich, dass unter drei möglichen Optionen die UV-Technologie derzeit so stark in den Vordergrund gerückt wird. Und dies, obwohl gerade diese Technologie je nach Einsatzbereich erhebliche Investitionen erfordert. Dass es dafür, einmal abgesehen von der schnellen Kleinschadenreparatur, zur Zeit tatsächlich Notwendigkeiten gibt, können wir nicht feststellen. Bei unseren Beratungsgesprächen mit Investoren ist UV allenfalls ein Randthema.
Das heißt, Sie sehen noch keinen Bedarf nach einer UV-Kabine?
Niemand kann zur Zeit auf diese Frage eine gesicherte Antwort geben. Beim wasserverdünnbaren Basislack war die Situation anders. Dieser war von Anfang an, als es um eine Reduzierung der Lösemittel ging, im Fokus aller Lackhersteller. Und tatsächlich hat diese Lacktechnologie weltweit die hoch lösemittelhaltigen Systeme abgelöst.
Darauf basierend wurde von den Kabinenherstellern auch das benötigte Equipment zur beschleunigten Ablüftung des Materials bereitgestellt. Auch hier hat sich bekanntlich eine Methode, nämlich das Anblasen mit Warmluft, durchgesetzt. Abblasgeräte sind inzwischen Stand der Technik.
Seit Frühjahr 2003 hat Wolf mit der Taifuno-Technologie das Abblasgerät Multi-Air geliefert, inzwischen bei mehr als 400 Anlagen. Die erforderliche Investition von ca. 5.000 Euro war vermittelbar und für die Betriebe auch erschwinglich. Die Kosten für UV-Belichtungstechnik in der Kabine betragen dagegen ein Vielfaches.
Die Investitionen sollen aber zurückfließen. Schließlich wird ja vor allem auf die wirtschaftlichen Aspekte als Investitionsgrund verwiesen.
Ich kann das nicht nachvollziehen – zumindest im Falle der UV-Kabinen. Man darf in diesem Zusammenhang nicht einen Teil-Aspekt bewerten, sondern muss eine gesamtheitliche Betrachtung durchführen. Viele Faktoren sind zu berücksichtigen: Anlagen-Investition, Materialkosten, eventuelle Ablaufänderungen, betriebliche Umstellungen und so weiter. All diese Faktoren bestimmen die Alltagstauglichkeit eines Verfahrens und die daraus resultierenden Gesamtkosten.
Wie steht es zum Beispiel um die Kabinenabmessungen und, damit verbunden, um die benötigten Luftmengen? Sollte eine UV-Kabine breiter sein müssen als Standard-Kabinen, dann werden automatisch höhere Luftmengen benötigt – die auch erwärmt werden müssen. Das wird die Energieeinsparung bei der Trocknung praktisch egalisieren.
Eine UV-Kabine von Wolf wird es also so schnell nicht geben?
Noch einmal: Die Lackindustrie ist gefordert, klare Vorgaben zu machen. Nach wie vor ist keine einheitliche Linie erkennbar. Wir sind ständig in Kontakt mit den Lackherstellern und werden, wenn UV-Klarlacke die bisherigen Lacke ablösen sollten, das erforderliche Equipment liefern. Und nicht nur Wolf, sondern auch andere Hersteller.
Kann das bereits 2010 der Fall sein?
Das ist nur schwer vorstellbar. Es dürften in Deutschland noch ca. 10 000 Kabinen im Einsatz sein – und diese sollten die Kabinenhersteller kurzfristig hochrüsten? Unabhängig von den Kosten für die Betriebe wäre dies aus meiner Sicht nicht machbar.
Wenn wir von Kabinen einmal absehen – wie sehen Sie die Chancen für UV-Lacke im Spotrepair?
Dies ist völlig anders gelagert als die Trocknungstechnik in der Kabine. Insbesondere dann, wenn ein komplettes Lacksystem von Spachtel über Füller bis zum Klarlack verfügbar ist.
Welche UV-Methode sehen Sie dabei im Vorteil? Belichten oder Blitzen ?
Wir reden beim Spotrepair nicht über gesetzgeberische Zwänge, solches Material einzusetzen, sondern über die Geschwindigkeit. Deshalb ist aus meiner Sicht die Blitzmethode am interessantesten, aber sie erfordert gewisse Sicherheitsmaßnahmen. Ob sie eine Lösung für den durchschnittlichen Lackierfachbetrieb ist, kann man unterschiedlich sehen. Große Fachbetriebe, Kfz-Spediteure oder Lack- und Karosseriezentren der Automobilindustrie dürften eher dafür prädestiniert sein.
Kommen wir zu den hoch festkörperreichen Klarlacken. Dass dieser Weg in Zukunft seitens der Lackindustrie noch intensiv weiterverfolgt wird, zeichnet sich ja ab. Was ist aus anlagentechnischer Sicht zum festkörperreichen Material zu sagen ?
Es stellt offenbar die einfachste und kostengünstigste Lösung dar. Es scheint aber etwas schwierig zu sein, die erforderliche Lösemittelreduzierung zu erzielen. Die Lackieranlagen sollten dafür kein zusätzliches Equipment benötigen, sondern es müsste mit einer auf dieses Material angepassten Trocknungsmethode gearbeitet werden.
Welche Erfahrung gibt es mit Wasser-Klarlacken ?
Hierzu kann ich Ihnen nichts Genaues sagen. Bekannt ist, dass die Lackhersteller entsprechende Systeme entwickeln, testen oder in petto haben. Im Markt ist damit aber noch kein Hersteller auf breiter Basis aktiv geworden.
Wäre dieses Material für die an Wasserlack gewohnten Betriebe nicht zumindest einfacher zu verarbeiten?
Natürlich, da es anders als UV keine aufwändigen Schutzmaßnahmen erfordert, und Abblasgeräte für die beschleunigte Lackaushärtung – soweit notwendig – bei vielen Betrieben, insbesondere bei den neuausgerüsteten, vorhanden sind. Die Einführung könnte schnell und mit geringen Kosten erfolgen.
Ist in diesem Zusammenhang die IR-Trocknung nicht interessant? Wird sie wieder an Bedeutung gewinnen ?
Hier sehe ich keinen Zusammenhang. Die IR-Geräte sind technisch bewährt und für verschiedene Bereiche, insbesondere in der Lackvorbereitung, auch sinnvoll und wirtschaftlich einsetzbar. Beim Trocknen von großen Flächen oder mehreren Teilen können sie aus wirtschaftlicher Sicht weder eine Kombi-Kabine noch einen separaten Trockner ersetzen. Von Sonderfällen abgesehen, sehe ich da auch in Zukunft keine Chance.
Welche der drei Klarlack-Varianten wird sich Ihrer Meinung nach als Zukunfts-Technologie durchsetzen ?
Eine seriöse Aussage dazu kann man heute nicht machen. Der oder die Lackhersteller, welche heute UV-Klarlack anbieten, haben immer wieder klargestellt, dass es – noch – nicht der ausschließliche Weg ist.
Ich kann nur empfehlen, abzuwarten und die Entwicklung zu beobachten. Der berühmte Satz von Gorbatschow „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“ hat zwar seine Berechtigung. Wer allerdings zu früh kommt, dem geht es im Geschäftsleben auch nicht besser.
Heutigen Stand der Technik stellen aber zweifellos wasserverdünnbare Basecoats dar. Sind hier noch anlagentechnische Optimierungen zu erwarten ?
Mit der Taifuno-Technologie haben wir unter anderem zwei wesentliche Bereiche abgedeckt; zum ersten die optimale und sichere Verarbeitung der Wasserlacke und zum anderen die maximale und zugleich wirtschaftlich sinnvolle Energieeinsparung.
Dafür wurden neue Techniken wie Spezial-Software für die verschiedenen Lackfabrikate oder neuartige Wärmerückgewinnungs-Systeme entwickelt. Die Taifuno-Kabine ist ein High-End Produkt. Rein technisch betrachtet, könnte man sich zwar noch Optimierungen vorstellen – allerdings nur, wenn man auf wirtschaftliche Erwägungen keine Rücksicht nähme. Und das wäre sicherlich der falsche Weg.
Welche Rolle spielen passive Energiesparmaßnahmen wie etwa die Isolation? Schließlich befindet sich zum Teil bis zu 80 Grad warme Luft im Prozess?
Es gibt große Unterschiede zwischen den Kabinenfabrikaten beispielsweise bei den Aggregaten. Teilweise sind nur die Warmlufterzeuger isoliert ausgeführt. Hier wird massiv Energie verschleudert. Was sich im Aggregateraum abspielt, wird allerdings dem Betreiber nicht ständig bewusst.
Isolation spielt daher in Zukunft eine größere Rolle. Die Außenwände der Wohnhäuser sind heute bekanntlich erheblich dicker als noch vor 20 Jahren, wogegen die Kabinen-Paneele nach wie vor bei 50 mm Isolierung liegen. Insbesondere bei den separaten Trocknern, wo hohe Temperaturen konstant gehalten werden müssen, sehen wir Handlungsbedarf. Andererseits darf man auch den wirtschaftlichen Aspekt bei solchen Maßnahmen nicht außer Acht lassen. Es macht keine Sinn, um jeden Preis Energie zu sparen – da ist schon das Augenmaß des Kabinenherstellers gefragt.
Worauf sollte heute beim Kauf einer neuen Lackieranlage bezüglich Energieeinsparung grundsätzlich geachtet werden?
Unabdingbar sind Frequenzumrichter, SPS-Steuerung und ein WRG-System. Gut isoliert sollten die Aggregate, sämtliche Kabinenelemente, auch das Dach, und die Warmluftkanäle sein. Das kostet zwar, ist aber fest kalkulierbar und reduziert langfristig die variablen, also die Energiekosten. Und diese sind jetzt und auch in der Zukunft nicht mehr berechenbar. Also gezielt investieren und mit niedrigen Betriebskosten arbeiten – das ist der richtige Weg. Wir können dies bei unseren erfolgreichen Kunden immer wieder nachvollziehen.
Herr Dobler, vielen Dank für das Gespräch. MR

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