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Die Karten werden neu gemischt

Management
Die Karten werden neu gemischt

Die Strategien der Automobilhersteller für das Karosserie- und Lackgeschäft.

Alexander Czombera

Im Jahr 1995 strukturierte DaimlerChrysler sein Konzept für Unfallinstandsetzungen neu. Ziel war es, Potenziale zu bündeln und gleichzeitig die Reparaturkosten durch kürzere Standzeiten zu reduzieren. Die gewohnte Qualität musste dabei natürlich erhalten bleiben. Damit war der Startschuss für das erstes Lackier- und Karosserie-Zentrum (Lakaze) in Göttingen gefallen. Heute, rund neun Jahre später, zählt DaimlerChrysler bereits neun Lakaze an Niederlassungs-Standorten, zwei weitere bei Vertragspartnern sowie zwei reine Lackierzentren.
Im Januar dieses Jahres öffnete das Lakaze Rhein-Neckar in Heidelberg seine Tore. Dort werden künftig auf 8.600 qm sämtliche Lack- und Karosseriearbeiten für Pkw und Transporter der Standorte Mannheim, Heidelberg und Landau zusammengefasst. 60 Mitarbeiter arbeiten hier im Zwei-Schichtbetrieb an 35 Reparaturplätzen. Das technische Herzstück ist die Lackieranlage mit drei Lackier- und drei Trockenboxen. DaimlerChrysler erwartet in Heidelberg einen Durchlauf von rund 3.800 Fahrzeugen pro Jahr.
Doch das Ende der Fahnenstange ist noch lange nicht erreicht. Die angepeilte Flächendeckung in Deutschland liegt, so die Schwaben, bei etwa 50 Lack- und Karosserie-Zentren.
Strategische VW-Planungen
Aber auch andere Automobilhersteller überarbeiten derzeit ihr Karosserie- und Lack-Konzept. So befindet sich Volkswagen nach eigenen Angaben in einer strategischen Planungsphase. Bis dato betreut die Wolfsburger Zentrale ihre Vertragshändler und Werkstätten im Karosserie- und Lackbereich über spezielle Fachberater. Zudem versorgen sie die Betriebe mit technischen Informationen und Schulungen. Welchen Weg Volkswagen im K+L-Bereich zukünftig einschlagen wird, bleibt abzuwarten. Eines ist jedoch sicher: „Die Modelle Touareg und Phaeton sowie der T5-Transporter werden“, so Michael Scharnau von Volkswagen, „in spezielle Reparaturzentren verbracht“.
Umso erstaunlicher ist die Strategie der Familienmarke Audi. Die Ingolstädter setzen voll auf die Karosserie-Reparatur beim Servicepartner. Eine Art Reparaturzentrum ist nicht im Gespräch. So ist der Betriebstyp S (interne Audi-Bezeichnung) ab dem 01. Oktober 2005 dazu verpflichtet, alle Karosserieinstandsetzungen selbst durchzuführen. „Alle anderen Audi-Betriebe, die diese Leistungen nicht erbringen können, müssen das Reparaturfahrzeug zumindest annehmen, sofern dem nicht der Wunsch des Kunden entgegensteht“, erklärt Jürgen de Graeve, Leiter der Audi-Unternehmens-Kommunikation. Hierfür wird bereits im Vorfeld eine interne Vereinbarung mit einem autorisierten Servicepartner getroffen. Bei Lackarbeiten hingegen ist in Abstimmung mit der Zentrale eine Kooperation mit einem qualifizierten freien Fachbetrieb möglich. Dieser muss über ein aktuelles Zertifikat DIN ISO 9001 oder eine vergleichbare Qualifikation verfügen. Zudem darf er ausschließlich Materialien nach Audi-Qualitätsvorgabe verwenden.
Reparaturzentren bei BMW?
Auch BMW-Fahrzeuge werden derzeit ausschließlich in den Service-Werkstätten repariert. Das trifft zumindest auf den Karosseriebereich zu, denn Lackarbeiten kann der Vertragspartner auch an Subunternehmer vergeben. So gibt es neben den knapp 700 Händlerbetrieben auch 65 Service-Werkstätten, die alle mit einer eigenen Karosserieabteilung ausgestattet sind. Und doch scheinen die Münchner mit dieser Lösung nicht ganz zufrieden zu sein. Immerhin gibt es aktuelle Überlegungen, ob man Reparaturzentren als eine sinnvolle Ergänzung zur Instandsetzung im Service-Betrieb platzieren soll. „Zudem prüfen wir die Möglichkeit, freie Karosserie- und Lackierbetriebe zu zertifizieren“, so Wieland Bruch von der BMW-Konzernkommunikation. An diese könnten dann die Vertragshändler ohne Werkstatt ihre Reparaturfahrzeuge weitergeben.
„Die Neugestaltung der Vertriebs- und Serviceverträge im Rahmen der GVO bewegen auch Opel dazu, das Geschäftsfeld der Unfallreparatur neu zu überdenken“, so Dr. Gudrun Langer, Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit für Wirtschafts- und Unternehmenspresse. So wollen die Rüsselsheimer den Karosserie- und Lackbereich nach weiteren Potenzialen untersuchen. Doch tut man sich genau an diesem Punkt geheimnisvoll. Zur laufenden Neuorientierung will man keine weiteren Auskünfte geben. Derzeit empfiehlt Opel seinen Partnern für die Instandsetzung bestimmte Reparaturwege. Darüber hinaus steht das Unternehmen seinen Händlern mit umfangreichen Informationen zur Seite. Dazu gehören technische und betriebswirtschaftliche Tipps sowie die Vermittlung von Experten.
Der Automobilhersteller Ford hat schon vor Jahren 559 Karosseriespezialbetriebe ernannt, die eine Vielzahl von Qualitäts-Standards erfüllen müssen. „Diese Betriebe sind in der Lage, auch umfangreiche Karosserieschäden in der eigenen Werkstatt zu reparieren“, so der Leiter für Karosseriereparaturen, Bertram Schilli. Das Ford-Netz umfasst zudem 195 Service-Betriebe, die auch Lackierarbeiten im eigenen Betrieb durchführen können. Mit dieser Strategie sieht sich Ford für die Zukunft gut gerüstet. So plant man in nächster Zeit lediglich die Standards für die Spezialbetriebe zu überarbeiten. Ein neues Karosserie- und Lackkonzept ist kein Thema.
Bewegung bei den Importeuren
Doch nicht nur bei den deutschen Automobilherstellern kommt Bewegung ins Reparaturgeschäft. Auch einige Importeure wollen sich strategisch neu aufstellen. So führt beispielsweise Peugeot in Zusammenarbeit mit einer Unternehmensberatung eine aktuelle Untersuchung bei fünf Partnerbetrieben durch. „Ziel ist es, neben der Ablaufoptimierung das gesamte Instandsetzungsgeschäft noch profitabler zu machen“, verrät der Leiter des Peugeot-Presse-Service, Gordian Heindrichs.
Die Ergebnisse dieser Studie fließen dann in ein neues Karosserie- und Lackkonzept ein, das es den Peugeot-Partnern ermöglichen soll, das vorhandene Potenzial im Reparaturmarkt auszunutzen.
Ein echtes Problem stellt der Bereich Unfallreparatur bei Toyota dar. Nach Unternehmens-Angaben gibt es zwar ein umfangreiches „Body und Paint“-Programm für Europa, dieses können die Japaner allerdings auf Grund der neuen Rechtslage in Deutschland nicht anwenden. So steht man derzeit komplett ohne Konzept da. Doch das soll natürlich nicht so bleiben. Toyota arbeitet bereits an einer neuen Strategie für den deutschen Markt. Über den aktuellen Stand der Überlegungen wollte man jedoch keine offizielle Stellungnahme abgeben.
Keine Veränderungen im Karosserie- und Lackkonzept sind hingegen beim Automobilhersteller Fiat zu erwarten. Die Italiener informieren ihre autorisierten Vertragshändler und Servicestützpunkte über Reparaturhandbücher, Service-News und Schulungen. Dies gilt sowohl für die aktuellen Modelle als auch für nicht mehr produzierte Fahrzeugtypen. Verbesserungen sind lediglich im Bereich der Kommunikation geplant. So will man zukünftig mit einem Informationsfluss über das Internet sicherstellen, dass neue Daten auf schnellstem Wege zu den Servicepartnern gelangen.
Das Ziel der Automobilhersteller ist klar: Sie werden in Zukunft noch stärker um die Instandsetzung ihrer Unfallfahrzeugen kämpfen. Damit wird es zwangsläufig für freie Lackier- und Karosseriebetriebe schwerer, sich im Markt zu behaupten. So gilt es mehr denn je, sich über Zusatzgeschäfte, Service am Kunden und gute Reparaturqualität von der Konkurrenz abzuheben.

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