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Babelsberger Filmstudios: Hinter den Kulissen der Maler- und Lackierwerkstätten

Babelsberger Filmstudios
Tarnen, tricksen täuschen

In den Maler- und Lackierwerkstätten der Babelsberger Filmstudios werden die unterschiedlichsten Oberflächen imitiert. Durch höhere Aufnahmequalität und veränderte Sehgewohnheiten muss die Illusion heute absolut perfekt sein.

Ein geheimnisvoller Eisenbahnwaggon, randvoll mit Stapeln glänzender Goldbarren – wer „Babylon Berlin“ gesehen hat, dürfte sich an das eindrucksvolle Bild erinnern. Auch Robert Krüger wird die Goldbarren so schnell nicht vergessen, denn die Herstellung der Barren, genauer gesagt ihre Beschichtung mit Goldeffektlack, bereitete dem Leiter der Malerei- und Kunstmalerabteilung bei der Art Department Studio Babelsberg GmbH schlaflose Nächte. „Wir haben lange auf der ganzen Welt nach einem Verfahren gesucht, um den Goldeffekt zu erzielen, und sind schließlich auf ein Verfahren zur Spritzmetallisierung gestoßen“, erinnert sich Krüger. „Erst haben wir einen sehr hochwertigen, extrem glatten Lack aufgetragen, dann folgte eine Chromeffekt-Schicht, und für die goldene Farbe sorgte am Ende ein lasierender gelber Klarlack.“

Was man im Film heute sieht …

Zwei Anlagen zur chemischen Verchromung wurden dazu angeschafft und eine der vier Lackieranlagen des Art Departments komplett umgerüstet. „Am Ende wussten wir, wie man den Goldeffekt auf den Barren zuverlässig und täuschend echt zustande bringt“, erinnert sich Krüger. „Was wir nicht wussten: Wir mussten von den Dingern zweitausend Stück machen. Eigentlich dachte ich, es reichen ein paar Hundert und den Rest der Stapel füllt man irgendwie auf. Aber Goldbarren sind konisch. Da schaut die Kamera ganz tief in die Stapel hinein. Also konnten wir nicht wie früher tricksen, so was sieht man heute im Film.“

Hohe Auflösung, hoher Anspruch

Dass man so etwas heute sieht, liegt zum einen daran, dass fürs Kino, aber auch fürs Fernsehen mittlerweile in hochauflösender 4k-Qualität produziert wird. Zum anderen haben sich die Sehgewohnheiten und die Ansprüche an Filmsets verändert. Sehr viele Filme haben einen cleanen, glänzenden Look, speziell futuristische Filme brauchen immer ungewöhnlichere Oberflächen. „Schauen Sie sich mal alte Startrek-Folgen an“, meint Robert Krüger, „da lachen Sie sich kaputt. Die Türen im Raumschiff hat man damals noch gerollt. Und wenn es dann beim Öffnen und Schließen noch ein bisschen gezischt und gedampft hat, hatte man das Gefühl, man hätte was Futuristisches gesehen. Heute werden komplette Filmsets in hochglänzender Optik gestaltet.“ Und den Unterschied nehmen nicht nur Kinobesucher wahr. „Auch im Fernsehen erkennt man heute die Art der Oberfläche“, weiß der Beschichtungsspezialist. „Ist ja kein Wunder, viele Leute haben daheim einen Fernseher, der größer ist als die Leinwände in manchen Kleinkinos.“

Der Trend geht zum Lackieren

Für Krügers Abteilung hat das ganz praktische Konsequenzen. Es wird weniger gemalt – und mehr lackiert. So verfügt das Art Department über vier Lackieranlagen, darunter eine 40 Meter lange, in Segmenten bedienbare Kabine. Lackiert wird für Film- und Fernsehproduktionen, aber auch für Werbeclips oder Messebau-Projekte. Die Wände der Werkstatt sind bestückt mit Musterplatten aus abgeschlossenen Projekten. Ob Inglourious Basterds, Sonnenallee, die Hexe Lilli oder Ninja Assassin – die Aufgabe, die sich bei den Filmsets stellt, ist immer dieselbe: Oberflächen und Materialien perfekt zu imitieren.

Mit Materialien improvisieren

Das können verwitterte, bemooste Schindeln sein, patinierte Fliesen, Edelstahl, Chrom, rostiges Eisen, Bronze oder eben Gold. Kein Wunder, dass das Spektrum an eingesetzten Farben und Lacken extrem vielseitig ist und von Malerfarben über Industrie-Mischlacke bis hin zu hochwertigen Autolacken reicht. Dabei wird mit den Materialen alles andere als schulmäßig verfahren. „Das Besondere bei uns ist ja, dass optisch extrem hochwertige Oberflächen gefragt sind, die allerdings normalerweise nicht lange halten müssen“, erläutert Robert Krüger. „Kann also gut passieren, dass wir einen hochwertigen Effektlack auftragen, darunter aber keinen Füller spritzen, sondern einfach Wandfarbe rollen.“

Muss das explodieren?

Auf der anderen Seite kann es je nach Produktion auch sehr spezielle Ansprüche an die Oberflächen geben, die exakt abgeklärt werden müssen. „Wir fragen dem Set Design immer ein Loch in den Bauch“, erzählt Robert Krüger. „Da gibt es Standardfragen wie: Was darf es denn kosten? Und wie lange muss es halten? Aber auch: Kommt das unter Wasser? Wird es angezündet? Oder muss es explodieren?“ Beim Set zu Quentin Tarantinos Inglourious Basterds etwa war gleich beides gefragt. Beim Kinobrand in der finalen Szene sollten Außen- und Innenkulissen wirklich brennen – ganz ohne digitale Tricks. Und die Gebäudefront musste gleich mehreren echten Explosionen standhalten.

Den Weg gemeinsam gehen

Während sich die technischen Vorgaben an Beschichtungen recht genau definieren lassen, kann es bei der optischen Umsetzung durchaus kreativen Spielraum geben. „Letztlich hängt das ganz von der Produktion, vom Set Design und vom Regisseur ab“, erklärt Krüger. „Wir hatten schon Produktionen mit Roman Polanski – da war zum Beispiel beim „Tanz der Vampire“ alles im Voraus exakt durchdacht und im Modell festgehalten. Wenn jemand eine Frage zu einer Farbe oder einer Oberfläche hatte, hieß es nur: Geh ans Modell, da ist alles dokumentiert.“ Bei anderen Produktionen gibt es am Anfang nur ein paar Muster, Anhaltspunkte und Ideen.

Es gibt keinen Raumschiffladen

„Wir hatten schon geschweißten Edelstahl als Muster, und unser erstes Briefing bestand darin, dass das ganze Set farblich in diesem typischen Blauverlauf gehalten werden soll“, erinnert sich Robert Krüger. Beim Science-Fiction-Film „Pandorum“ bestand die Schwierigkeit dagegen darin, dass ein Raumschiff gestaltet werden musste, das sich im Verlauf des Films schließlich auf dem Meeresgrund wiederfindet. Aus anfangs hochglänzenden Oberflächen wurden dann patinierte. „Bei solchen Projekten nähert man sich mit den Designern dem Ergebnis an und geht den Weg gemeinsam“, weiß Krüger, „ganz viele Dinge probieren wir auch einfach aus und improvisieren. Was soll man sonst auch machen – es gibt schließlich keine Raumschiffläden, in denen wir uns die Sachen mal in natura anschauen könnten …“ mr■

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Robert Krüger

„Heute werden
komplette Filmsets
in hochglänzender
Optik gestaltet.“


Robert Krüger

„Wir müssen unsere
Auftraggeber fragen: Kommt das unter Wasser? Wird es angezündet? Oder muss es explodieren?“

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