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Mit Chrom fing alles an

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Mit Chrom fing alles an

Bei McLaren im englischen Woking spielt Lack eine wichtige Rolle

„Durch sein Lackdesign begeistert unser Formel 1-Wagen nicht nur Millionen Fans, er beweist auch, dass man die technologischen Grenzen der Lacktechnologie neu definieren kann – zum Beispiel bei der Reduzierung des Gewichts der Lackierung oder bei der Optimierung der Aerodynamik der Beschichtung. Die Lackierung hilft uns damit, Rennen zu gewinnen.“

Wenn man McLaren-Chef Ron Dennis über Lack reden hört, könnte man meinen, es gäbe es bei einem Formel 1-Fahrzeug kaum etwas Wichtigeres als die Lackierung. Ganz so falsch ist der Eindruck gar nicht, denn er spiegelt eine Philosophie wieder, die mit Händen zu greifen ist, wenn man durch die strahlend weißen, blitzsauberen Produktionshallen und Werkstätten des von Stararchitekt Norman Foster entworfenen McLaren-Stammsitzes im südenglischen Woking wandelt: Alles ist entscheidend, jedes einzelne Element muss stimmen, muss perfekt sein, nur dann ist es möglich – und nur darum geht es – Rennen zu gewinnen. Und die Lackierung trägt ihren Teil dazu bei. „Das Gewicht der Lackierung spielt zum Beispiel in der Formel 1 eine wichtige Rolle“, erklärt Simon Roberts, Leiter der McLaren-Lackierwerkstatt, in der die Formel 1-Fahrzeuge und -Fahrzeugteile lackiert werden. „Unser Ziel ist es daher, die anspruchsvollen Carbon-Untergründe mit minimaler Schichtdicke zu lackieren und dabei ein optisch wie aerodynamisch perfektes Finish zu erhalten.“ Trotz geringer Schichtdicke muss die Lackierung aber extrem hohen Temperaturen standhalten und möglichst unempfindlich gegen Steinschläge sein.
Insgesamt 12.000 Formel 1-Teile, vom kleinsten Kippschalter bis zum Chassis, werden pro Jahr im McLaren-Werk und bei einigen kooperierenden Lackierwerkstätten beschichtet. Extrem wichtig sind daher auch die Verarbeitungszeiten der verwendeten Lacke. „In der Formel 1 geht es um Schnelligkeit – nicht nur im Rennen. Vor und auch während einer Rennsaison werden Karosserieteile ständig verändert, optimiert und an veränderte Bedingungen oder Strecken angepasst“, betont Simon Roberts, „und all diese Teile müssen, bevor sie ans Fahrzeug kommen, natürlich lackiert werden – in kürzester Zeit und mit perfekter Optik.“ Perfekte Optik unter hohem Termindruck herzustellen – das kennen nicht nur die Spezialisten in der McLaren-Lackiererei, auch viele Reparaturwerkstätten sehen sich mit derselben Aufgabe konfrontiert. Gelöst wird die Aufgabe mit ganz ähnlichen Materialien, denn zwischen McLaren und AkzoNobel besteht seit 2008 eine enge lacktechnische Kooperation, die vor kurzem verlängert und von den Formel-1-Wagen auf die exklusiven McLaren-Straßenfahrzeuge ausgeweitet wurde. „Alle Lackierarbeiten in Woking werden mit Lacken der AkzoNobel-Marke Sikkens ausgeführt“, weiß Simon Roberts, „und 80 Prozent der hier angewandten Lacktechnologie lässt sich problemlos auf die ganz normale Pkw-Reparatur übertragen“.
Am Anfang stand Chrom
Am Anfang der Partnerschaft zwischen AkzoNobel und McLaren stand – eine Flasche Rasierwasser; nicht irgendeine, sondern Ron Dennis’ Flakon. „Ich hielt sie eines Morgens in der Hand und war fasziniert vom Chromeffekt, den die Designer der Kunststoffflasche verpasst hatten“, erinnert sich der McLaren-Chef. Wenn dieser Chrom-Look auf einer Parfümflasche funktioniert, dann muss er auch auf ein Formel 1-Fahrzeug übertragbar sein, dachte sich Ron Dennis. Er sollte Recht behalten, allerdings nicht sofort. Mehrere Versuche mit unterschiedlichen Anbietern führten nicht zum gewünschten Ergebnis. Schließlich kam ein Kontakt zu AkzoNobel zustande. Dort fand man eine Lösung, die es erlaubte, einen Chromeffekt auf die Carbonflächen zu zaubern, der einerseits höchsten optischen Ansprüchen genügt, andererseits robust genug für ein Hochgeschwindigkeitsrennen ist. Mindestens ebenso wichtig: Chromlack ist extrem fernsehtauglich. „Unsere chromglänzenden Fahrzeuge sind selbst bei schwachem Licht noch gut sichtbar“, erklärt Simon Roberts, „die Kameras lieben Chrom.“ Und mit ihnen die McLaren-Sponsoren, deren Logos von der guten Sichtbarkeit des Untergrundes profitieren. So wird die Lackierung zu einem klaren Argument gegenüber den Sponsoren.
Der Chromlack stand am Anfang der Partnerschaft zwischen AkzoNobel und McLaren. Das Farbtonspektrum ist aber heute viel breiter – wie breit, das zeigt sich, sobald man in die „Production Aerea“ gelangt ist, wo der McLaren MP4–12C und der P1 gebaut und lackiert werden.
Blickfang Türunterkante
An einer Wand, ganz am Anfang der Lackierstraße, hängen Lackmuster, die das komplette Farbspektrum repräsentieren, darunter stehen zwei elegante schwarze Ledersessel, von denen aus man einen schönen Überblick über die Lackierstraße hat – vom Füllerauftrag bis zum Finish. „Die Sessel sind für unsere Kunden gedacht“, erklärt McLaren- Produktionsleiter Alan Foster, „denn es kommt öfters vor, dass sie dabei zuschauen möchten, wie ihr Auto lackiert wird“. Auch er ist von der Kooperation mit AkzoNobel überzeugt. „Sie hat nicht nur zu einem Spektrum an brillanten, attraktiven Farbtönen geführt, die Lackmaterialien wurden auch perfekt an unsere Prozesse und die Besonderheiten unserer Fahrzeuge angepasst.“ Die bestehen nicht nur aus Aluminium und Stahlblech, sondern aus fünf unterschiedlichen Substraten. Gemeinsam wurde ein Lackierverfahren entwickelt, das die Gefahr einer unterschiedlichen Ausprägung des Farbtonflops minimiert. „Ebenso wichtig ist es bei den zum Teil empfindlichen Untergründen, dass wir den Lack bei relativ niedriger Temperatur trocknen – dabei aber möglichst schnell.“ Das wiederum erinnert stark an die handwerkliche Lackierung – und es ist nicht die einzige Parallele. Denn so futuristisch der klinisch reine, blütenweiße Lackiertrakt gestaltet ist – lackiert wird manuell, ganz wie im Handwerksbetrieb. „Wenn uns etwas von guten Reparaturlackierern unterscheidet, dann ist das eine ganz besondere Aufmerksamkeit gegenüber bestimmten Details“, erklärt Alan Foster, „zum Beispiel bei den Türen“. Genauer gesagt: den Türunterkanten. Die werden üblicherweise nicht allzu aufwendig lackiert – warum auch, schließlich sieht man sie ja kaum. Ganz anders beim beim Flügeltürer McLaren MP4–12C, wo bei aufgestellter Tür die Unterkante zum Blickfang wird. „Bei uns müssen die so perfekt aussehen wie der Rest des Fahrzeugs. Auf solche Details aufzupassen ist einer der Gründe, warum bei uns von Hand lackiert wird“, meint Alan Foster lächelnd, „Roboter lernen das nur ganz schwer.“ Michael Rehm

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