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Die Wahrheit in den Farben

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Die Wahrheit in den Farben

Der Künstler Marco Ganz kombiniert Autofarbtöne aus den unterschiedlichsten Epochen

Car Color Culture – selten beschreibt der Titel eines Kunstwerks so prägnant, worum es geht. Zum einen natürlich um Autofarben: Car Colors. 17 verschiedene Farbtöne aus den unterschiedlichsten Epochen hat der Schweizer Künstler Marco Ganz ausgewählt, auf ovale Chromstahlplättchen lackieren lassen und diese auf eine Trägerplatte aus satiniertem Plexiglas montiert. Aber auch die „Culture“ spielt bei diesem Kunstwerk eine entscheidende Rolle. „Für mich sind Autofarbtöne immer auch ein Ausdruck der Kultur, sie spiegeln Moden, technische Entwicklungen und gesellschaftliche Trends wider“, erklärt Ganz, „für Car Color Culture war es mir deshalb wichtig, besonders aussagekräftige, für ihre Epoche typische Farben zu finden; Farbtöne, die Geschichte gemacht haben – oder eine Geschichte erzählen.“

Da ist zum Beispiel „Grigio Ingrid“, ein Ferrari-Ton aus dem Jahr 1953. Die Farbe ein warmes, nickelfarbenes Silber, der Name eine Hommage an die Schauspielerin Ingrid Bergmann, die ein solches Fahrzeug als Hochzeitsgeschenk von Roberto Rossellini bekam. Oder „Verde Miura“ aus dem Jahr 1969, ein schrilles Giftgrün, in dem der Lamborghini Miura, eine Ikone der 60er-Jahre, angeboten wurde. A propos Ikone: Natürlich darf auch der legendäre Mercedes-Ton „Ikonengold“ nicht fehlen. „Volanta Coach Maroon“, ein Bordeaux-Farbton, den Lincoln in den 1940er-Jahren einsetzte, hatte es Marco Ganz wiederum durch seine Leuchtkraft und Tiefe angetan, die selbst ein 70 Jahre altes Farbtonmuster noch perfekt in die Gegenwart transportierte. Auf dem Farbtableau von Car Color Culture finden sich aber auch „Klassiker der Moderne“, Alfa Romeos „Rosso Competizione“ zum Beispiel oder als zweitjüngster Farbton das leuchtende „Electric Orange“, in dem der Ford Focus ST so spektakulär präsentiert wurde.
Um zu den Farbtönen zu gelangen, die letztlich im Kunstwerk verewigt wurden, betrieb Marco Ganz aufwendige
Recherchen. Schon seit langem Farbton-Enthusiast, verfügt der Züricher über einen großen Fundus an Farbtonverzeichnissen, Katalogen und Musterkarten. Für das Projekt Car Color Culture begab er sich erneut auf die Suche nach historische Unterlagen über Automobiltöne. Je mehr Muster er allerdings hatte, desto schwieriger wurde die Auswahl, die sich schließlich über Monate hinzog. „Ein paar klare Favoriten gab es, die einfach hinein mussten“, erinnert sich Ganz, „im Laufe des Projekts wurden auch möglichst vielsagende Farbtonbezeichnungen zum Kriterium, und schließlich schwebte mir auch eine ganz bestimmte Verteilung aus Pastell- und reinen Farben, Unis und Metallics, modernen und historischen Tönen vor.“
Irgendwann standen 17 Farbtöne fest und Marco Ganz brauchte, um von Farbmustern zu lackiertem Metall zu gelangen, einen Lackierer, der sich mit historischen Farbtönen auskannte. In René Sahli aus Aesch bei Zürich fand der Künstler einen Partner, der einschlägige Expertise schon bei zahlreichen hochwertigen Oldtimerprojekten bewiesen hatte – und der vor allem Marco Ganz´ Passion für Farbtöne teilt. Das war aber auch zwingend notwendig, denn das Ausmischen der Farbtöne, oftmals auf Basis eines schmalen Musterstreifens, erwies sich als echte Herausforderung. Die relativ wenigen zeitgenössischen Farbtöne, für die es Rezepturen gab, konnte Sahli mit dem Wasserbasislacksystem seines Herstellers ausmischen und angleichen. Bei anderen Farbtönen war Improvisationskunst und freies Nuancieren gefragt, um das Farbmuster exakt zu treffen.
Enormer Aufwand
Dazu kam, dass Marco Ganz allergrößten Wert auf Authentizität legte. Historische Farbtöne, deren Rezeptur auf Nitrolacken basierte, sollten auch in dieser Qualität ausgemischt und aufgetragen werden; entsprechende Bestände besaß René Sahli noch aus zahlreichen Oldtimer-Restaurierungen. Am Ende hatte René Sahli weit über 100 Arbeitsstunden mit dem Lackieren von insgesamt über 200 Metallplättchen verbracht, aus denen zwölf Exemplare von Car Color Cultures entstanden. „Alleine das Mischen nahm rund 40 Stunden in Anspruch“, erinnert sich der Lackierermeister. Nicht weniger anspruchsvoll als das Lackieren war das Finish. Speziell die Nitrolacke wurden in bis zu zehn Schichten aufgetragen und jeweils zwischengeschliffen. Um die relativ kleinen Stahlplättchen hologrammfrei auf Hochglanz zu polieren, baute sich René Sahli eine spezielle Vorrichtung, in die die Plättchen eingespannt wurden. „Mit René Sahli habe ich auf Handwerkerseite jemanden gefunden, der zu diesem Projekt eine ähnliche Einstellung hat wie ich. Und die lautet: Wenn man´s macht, dann richtig.“
Nun könnte man natürlich fragen, ob der Aufwand honoriert wird, ob die Betrachter von Car Color Culture die Nuancen, etwa den Unterschied zwischen Nitro- und modernen Lacken, überhaupt wahrnehmen. „Die Frage ist berechtigt“, meint Marco Ganz, „schließlich hätten wir mit dem halben Aufwand ein halbwegs vergleichbares Werk erstellen können – aber das wollte ich nicht. Meine Arbeit geht davon aus, dass die Leute den Unterschied merken, sie können ihn vielleicht nicht in Worte fassen, aber ich bin sicher, sie spüren, dass in diesen Farben etwas ganz bestimmtes, sagen wir ruhig: eine Wahrheit liegt, die ein gutes Kunstwerk ausmacht.“ Michael Rehm

Farbton-Geschichte

Die Car Color Culture-Farbtöne, interpretiert von Marco Ganz
Caribbean Turquoise: Autos in Türkis? Eine Marotte der 50er! (Ford UK, 1959)
Bleu Aurelia: ein tiefes, vornehmes Blau von klassischer Schönheit (Lancia, 1951)
Plum Crazy: ein archetypischer Muscle-Car-Farbton (Dodge Challenger, 1970)
Heather (Erika): sogar den E-Type gab es in dieser urbritischen Farbe (Jaguar, 1972)
Lofotengrün: ein in den farbenfrohen 70ern beliebtes Grün (VW Golf, 1974)
Electric Orange Metallic: ein äußerst farbstarker, oranger Effektlack (Ford D, 2005)
Capucine: ein seltener Citroën DS-Farbton von großer Kühnheit (Citroën, 1957)
Ikonengold: ein schillernd-pompöser Mercedes-Ton (1972)
Bleu Indien foncé: perfekt für den Concours d´élégance (Delage, 1932)
Mountain Laurel (Lorbeer): nicht pink, somdern fleischfarben (Cadillac DeVille, 1956
Honolulu Blue Polychromatic: ein früher Metallic-Farbton (Buick Roadmaster, 1942)
Verde Miura: ein unerhört schriller Farbton (Lamborghini Miura, 1969)
Celeste: ein unbeschwerter, liebenswerter feminin-modischer Farbton (Fiat 500, 1959)
Rolls Royce Blue: ein kühler, kultivierter Farbton (ca. 1925)
Grigio Ingrid: der warme, vornehme Silberton von Ingrid Bergmanns Ferrari (1954)
Volanta Coach Maroon: ein typisches tiefes Bordeaux der 40er-Jahre (Lincoln, 1941)
Rosso Competizione: ein extrem brillantes dreischichtiges Rot (Alfa Romeo, 2007)

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