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Das Quotenvorrecht im Schadensfall

Rechtsanwalt Thomas Nonas klärt auf
Das Quotenvorrecht im Schadensfall

Das Quotenvorrecht im Schadensfall
Das Quotenvorrecht kommt immer dann zum Tragen, wenn bei einem Verkehrsunfall die Schuldfrage nicht eindeutig geklärt ist oder eine Teilschuld beider Parteien besteht. (Foto: M.Rehm)
Das Quotenvorrecht ist ein wichtiges Instrument in der Schadensregulierung und kann einen erheblichen finanziellen Unterschied ausmachen. BFL-Syndikusanwalt Thomas Nonas klärt auf.

Der Autor Thomas Nonas ist Syndikus-
rechtsanwalt beim Bundesverband Farbe
Gestaltung Bautenschutz und u .a. Fachanwalt
für Verkehrsrecht.

Viele Kunden scheuen sich bei einer Teilschuld an einem Verkehrsunfall, ihre Fahrzeuge fachgerecht reparieren zu lassen. Der Grund: Bei der Abrechnung über die gegnerische Haftpflichtversicherung müssten sie entweder einen Teil der Reparaturkosten selbst tragen. Oder aber bei der Abrechnung über die eigene Vollkaskoversicherung die Selbstbeteiligung in Höhe von mehreren hundert Euro zahlen – und bekämen selbst dann nicht alle Kosten, wie z. B. Wertminderung, erstattet. Was tun?

Um die Vorteile der Haftpflicht- und Vollkaskoregulierung miteinander kombinieren zu können, gibt es die sogenannte „Regulierung im Quotenvorrecht“. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass der Kunde über einen entsprechenden (Vollkasko-)Versicherungsschutz verfügt.

Grundlagen des Quotenvorrechts

Das Quotenvorrecht kommt immer dann zum Tragen, wenn bei einem Verkehrsunfall die Schuldfrage nicht eindeutig geklärt ist oder eine Teilschuld beider Parteien besteht. Traditionell wird der Schaden zwischen den Unfallbeteiligten entsprechend ihrer jeweiligen Haftungsquote aufgeteilt. Durch das Quotenvorrecht ist es jedoch möglich, dass bestimmte Schadenspositionen vollständig von der gegnerischen Versicherung erstattet werden – unabhängig von der Quote der Schuld.

So wird das Quotenvorrecht speziell für Schadenspositionen angewendet, die in direktem Zusammenhang mit dem beschädigten Fahrzeug stehen. Dazu gehören:

  • die Selbstbeteiligung der Kaskoversicherung
  • die Wertminderung
  • die Sachverständigenkosten
  • die Abschleppkosten
  • die An- und Abmeldekosten
  • etwaige Umbaukosten.

Diese quotenbevorrechtigten Positionen werden auch als „Positionen, die das Blech berühren“, bezeichnet.

Vollkasko in Anspruch nehmen

Wie bereits erwähnt, kann das Quotenvorrecht nur in Anspruch genommen werden, wenn der Kunde über eine Vollkaskoversicherung verfügt. Diese deckt in der Regel den unmittelbaren Schaden am Fahrzeug sowie die Abschleppkosten ab. Die vertraglich vereinbarte Selbstbeteiligung wird bei der Auszahlung natürlich abgezogen. Bei einem Unfall, bei dem der Kunde eine Teilschuld trägt, sollte dieser zunächst das Quotenvorrecht und seine Vollkaskoversicherung in Anspruch nehmen. Warum dies sinnvoll ist, veranschaulichen wir an einem Beispiel:

Bei einem Verkehrsunfall entsteht ein Gesamtschaden von 20.000 Euro. Der Geschädigte hat den Unfall hälftig mitverursacht. Wenn die gegnerische Versicherung eine 50-prozentige Mitschuld des Geschädigten in Ansatz bringt, würde der Geschädigte normalerweise nur 10.000 Euro erhalten. In diesem Fall verfügt der Geschädigte jedoch über eine Vollkaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung von 500 Euro. Er kann sich nun auf das Quotenvorrecht beziehen und erhält nun von seiner Vollkaskoversicherung 19.500 Euro erstattet. Die verbliebenen 500 Euro Selbstbeteiligung sowie etwaige Sachverständigenkosten, die Wertminderung des Fahrzeugs etc. kann er darüber hinaus von der gegnerischen Haftpflichtversicherung als quotenbevorrechtigte Position trotz Teilschuld zu 100 Prozent einfordern. Monetär macht dies einen ziemlichen Unterschied für den Geschädigten aus.

Einschränkungen beim Quotenvorrecht

Das Quotenvorrecht darf jedoch nicht dazu führen, dass die gegnerische Versicherung finanziell schlechter gestellt wird, als wenn sie den Schaden von Anfang an entsprechend ihrer Haftungsquote reguliert hätte. Ebenfalls sind verschiedene Positionen, die nicht direkt mit dem Fahrzeugschaden zusammenhängen, nicht im Quotenvorrecht enthalten. Dazu gehören:

  • Nutzungsausfall
  • Mietwagenkosten
  • Auslagenpauschalen
  • Rückstufung in der Vollkaskoversicherung und
  • Rechtsanwaltskosten zur Schadensabwicklung.

Diese werden weiterhin nur entsprechend der Haftungsquote, im Beispielsfall also zur Hälfte, erstattet.

Richtiger Umgang mit Rechtsfragen

Das Quotenvorrecht ist ein wichtiges Instrument in der Schadensregulierung und kann einen erheblichen finanziellen Unterschied ausmachen. Denn es ermöglicht einem Geschädigten trotz Teilschuld, eine umfassendere Kostenerstattung zu erhalten. Wie aber können Sie das Quotenvorrecht Ihren Kunden näherbringen ohne Probleme mit dem Rechtsberatungsgesetz zu bekommen oder selbst in die Haftung zu geraten?

Lassen Sie uns dafür einen kurzen Blick auf das Rechtsberatungsgesetz (RBerG) werfen. Darin wird geregelt, wer berechtigt ist, Rechtsberatung anzubieten. Verstöße gegen das RBerG können ernste Konsequenzen haben. Sie können zu Abmahnungen, Unterlassungsklagen oder sogar zu Schadensersatzforderungen führen, falls ein Kunde aufgrund einer unqualifizierten Rechtsberatung einen Schaden erleidet. Werkstätten müssen also besonders darauf achten, keine unzulässige Rechtsberatung, z. B. im Hinblick auf das Quotenvorrecht, zu leisten. Denn sobald Sie Kunden über rechtliche Ansprüche bei Gewährleistungsfällen oder Schadensregulierungen informieren, tätigen Sie damit eine Rechtsberatung.

Für Werkstätten ist es deshalb wichtig, dass sie klar kommunizieren, dass ihre Kernkompetenz in der technischen Dienstleistung liegt und nicht in der rechtlichen Beratung. Empfehlen Sie Ihren Kunden, bei rechtlichen Fragen Rechtsanwälte aufzusuchen. In diesem Zusammenhang ist dann auch die Information, dass möglicherweise das Quotenvorrecht die lohnendste Regulierungsmethode ist, zulässig. Um dem Kunden allerdings diesen Tipp geben zu können, sind Kenntnisse im Quotenvorrecht essenziell. Andernfalls werden Sie Ihren Kunden nicht die Vorteile des Quotenvorrechts näherbringen können. Es ist daher ratsam, für solche Fälle Kooperationen mit Rechtsanwaltskanzleien zu etablieren. Dadurch können Sie sicherstellen, dass Ihre Kunden professionell und gesetzeskonform beraten werden. Und sind selbst rechtssicher unterwegs. Denn je nach Fallgestaltung könnten Sie entweder Probleme mit dem Rechtsberatungsgesetz bekommen oder sich einem Regress gegenübersehen, wenn Ihrem Kunden auffällt, dass er über das Quotenvorrecht mehr erstattet bekommen hätte. ■

www.fahrzeuglackierer.de


Thomas Nonas

„Für Werkstätten ist es wichtig, klar zu kommunizieren, dass ihre Kernkompetenz in der technischen Dienstleistung liegt und nicht in der rechtlichen Beratung.

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