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Immer auskunftsbereit: Im Color Call Center laufen bei Lechler alle Farbtoninformationen zusammen

Das Telefon klingelt nur einmal im Color Call Center am Stammsitz von Lechler in Como. Schon hat Paola Frigerio den Hörer in der Hand – „Pronto?“ Ein Ford-Farbton ist es, der Probleme macht, berichtet der Kunde am anderen Ende der Leitung. Ausgemischt habe er ihn exakt nach der Rezeptur, doch das Ergebnis sei viel zu dunkel. Noch während der Kunde das Problem schildert, hat Paola Frigerio auf dem Computer das passende Menü aufgerufen. Einige kurze Rückfragen und ein paar Mausklicks später ist der Fall klar: „Zu diesem Farbton gibt es mittlerweile eine etwas hellere Variante. Wir faxen Ihnen die Rezeptur zu.“

Schnell und bequem
Über 20.000 Anrufe zählen die Mitarbeiter des Call Centers pro Jahr. Das Gros der Anrufer stellen Kunden aus Italien dar, aber auch Fragen, bei denen die Farbtonexperten der einzelnen Landesgesellschaften – die erster Ansprechpartner sind – nicht mehr weiter wissen, landen in Como. Über die Art der Fragen und ihre Beantwortung wird exakt Statistik geführt. „Sieben Prozent der Anfragen führen dazu, dass eine neue Variante entwickelt wird“, zählt Davide Bernasconi auf, der als Color Service Coordinator das Call Center leitet. „In 16 Prozent der Anfragen verschicken wir per Fax oder Email eine Formel.“ Deutlich mehr als die Hälfte der Anfragen kann gleich am Telefon gelöst werden. „Nun ja, die Fälle, die sich sofort am Telefon erledigen lassen, könnten die Kunden theoretisch auch selbst lösen“, meint Marco Pratelli, Leiter des Center for Excellence, dem das Call Center angegliedert ist. „In der Regel liegt die Information nämlich auch gedruckt oder zumindest digital auf dem Server vor. Das Call Center ist in solchen Fällen einfach die bequemste und schnellste Möglichkeit.“
Warum die Anfragen dort so schnell beantwortet werden können, liegt auf der Hand: In dem kleinen Raum laufen alle Informationen zum Thema Farbton zusammen, die bei Lechler vorhanden sind. Ausladende Registerschränke zu beiden Seiten des Raums sind prall gefüllt mit den Originalmustern der Autohersteller, den so genannten Master Samples. Ebenso viel Platz nehmen Farbtonmuster aus dem Markt ein; vom Standard abweichende Fahrzeugbleche, die Lackierer aus ganz Europa zum Lackhersteller schicken, und die, nachdem sie im Labor analysiert worden sind, im Call Center archiviert werden. Natürlich sind auch alle Farbtonsuchinstrumente greifbar, die Lechler für Pkw, Lkw und Motorräder zu bieten hat.
Und nicht zuletzt besteht Zugriff auf eine SAP-Datenbank mit sämtlichen Formulierungen.
Doch woher stammen all diese Farbtoninformationen? Und wie kommt es, dass gleich nachdem ein neuer Serienfarbton auf dem Markt ist, die passende Reparaturlack-Formulierung abgerufen werden kann?
Farbton-Spezialisten wie Davide Bernasconi beobachten permanent den Markt, besuchen Automessen, halten Kontakt zu den Farbtondesignern in der Autoindustrie und verfolgen die Websites der Hersteller – immer mit dem Ziel, sich einen Eindruck über neue Farbtöne, Pigmente und Effekte zu verschaffen.
„Sobald feststeht, dass ein Hersteller einen neuen Farbton ins Programm aufnehmen wird, gehen wir nach einem standardisierten Verfahren vor“, erklärt Marco Pratelli. „Erstes Ziel ist es, das so genannte Master Sample der Autohersteller zu erhalten.“ Dieses extrem exakt lackierte Panel dient an allen Produktionsstandorten des Herstellers und natürlich auch bei allen Zulieferern als Referenzmuster. „Ist das Master Sample bei uns im Werk angekommen, wird es im Labor vermessen“, fährt Pratelli fort. Unter dem Mikroskop werden in einem ersten Schritt Pigmentgröße und Pigmentart bestimmt. Danach messen die Coloristen per Spektralanalyse den Farbton.
Im Anschluss daran mischen Lacktechniker den gemessenen Farbton aus – und zwar mit den Originallacken aus der Reparaturlack-Mischbank. Mit der fertigen Formulierung wird ein Probeblech beschichtet und mit dem Master Sample verglichen. Dabei können durchaus mehrere Versuche notwendig sein, bis das Ziel erreicht ist. Ist die Übereinstimmung perfekt, dann wird mit der gefunden Formulierung das „Standard Lechler Panel“ gespritzt, das künftig als internes Referenzmuster gilt. Die Rezeptur wandert in die Datenbank.
Relevanz entscheidet
Von diesem Punkt an kommen auch wirtschaftliche Abwägungen ins Spiel. „Es kommt vor allem darauf an, wie relevant ein neuer Farbton für den europäischen Markt ist, auf dem wir uns hauptsächlich bewegen“, erklärt Marco Pratelli. „Gibt es beispielsweise einen neuen Farbton beim Ford Fiesta, dann wird die Formulierung den Kunden nicht nur über unsere Website zur Verfügung gestellt. Es wird auch schnellstmöglich eine Farbtonkarte für die Color Box, unser aufwändigstes Farbtonsuchinstrument, beschichtet und an die Kunden geschickt. Ein neuer Farbton für ein hier zu Lande eher selten anzutreffendes Fahrzeug würde den Kunden dagegen zunächst nur digital auf der Website und real erst bei der nächsten Aktualisierung des Master Car Farbtonfächers begegnen. Wirklich exotische Farbtöne werden ebenfalls zwar vermessen und analysiert. Es lohnt sich aber in solchen Fällen nicht, ein Farbtonmuster zu spritzen. Die Formulierung wird lediglich auf der Website abrufbereit hinterlegt.“
Bleche aus dem Markt
Wie verbreitet und relevant ein Farbton ist, zeigt sich aber auch am Informationsfluss in umgekehrter Richtung. Wenn ein neuer Farbton an einem populären Modell im Markt eingeführt worden ist, dauert es nämlich in der Regel nicht lange, bis unterschiedlich große Pakete im Color Center landen. Die Absender sind Werkstätten aus ganz Europa. In den Paketen befindet sich mal eine Tankklappe, mal ein Spiegelgehäuse, oder aber auch ein kompletter Kotflügel. Die unterschiedlichen Fahrzeugteile haben eines gemeinsam: Ihr Farbton stimmt nicht mit dem überein, der sich eigentlich laut Reparaturlack-Rezeptur und Farbtonpaspel auf ihnen befinden müsste.
Die Ursachen für die Farbtondifferenzen sind unterschiedlichster Natur. Mehrere Produktionsstandorte für ein und dasselbe Modell, unterschiedliche Serienlack-Chargen oder Untergründe – all dies und noch viel mehr kann dazu führen, dass die Farbtöne der Fahrzeuge am Markt vom Standard abweichen und Varianten formuliert werden müssen. Dazu analysieren die Coloristen im Farblabor die Probebleche aus dem Markt und entwickeln für die Variante eine leicht abgeänderte Rezeptur. „Und wieder stehen wir vor einer Entscheidung“, berichtet Marco Pratelli. „Ist die Variante so häufig und der Farbton so wichtig, dass eine Paspel für die Color Box beschichtet werden sollte? Oder reicht es aus, die Rezeptur zur Verfügung zustellen?“
Wie auch immer die Antwort ausfällt – Kunden in aller Welt können die Rezeptur kaum, dass sie formuliert ist, via Internet in der Farbtondatenbank finden. Und sobald im Call Center das Telefon klingelt, heißt es wieder: Bei Anruf Farbton. Vorausgesetzt, es, wird überhaupt nach Farbtönen gefragt. Manche Anrufer nutzen das Call Center nämlich nicht ganz seiner Bestimmung gemäß. „Zu ungewöhnlichen Zeiten, oder wenn die ursprünglich gesuchten Ansprechpartner nicht zu erreichen sind, kommt es schon mal vor, dass die Mitarbeiter des Call Centers als Vermittlung herhalten müssen“, berichtet Davide Bernasconi. „Die Leute wissen eben, dass wir immer da sind.“ MR

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