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Respekt will verdient sein

Know-how
Respekt will verdient sein

Von der ersten Lackiererauszubildenden bei AkzoNobel zur Anwendungstechnikerin

Michael Rehm

Offizielle Zahlen gibt es nicht, aber weibliche Lackiererauszubildende sind immer noch relativ selten. Noch seltener sind Frauen als Anwendungstechnikerinnen. Eine doppelte Ausnahme stellt, so gesehen, Nathalie Bernet dar, die im Mai 2012 als AkzoNobels erste weibliche Auszubildende die Ausbildung zur Carrossierin Lackiererei, so lautet die Schweizer Berufsbezeichnung, erfolgreich abgeschlossen hat – nach nur zwei statt vier Jahren und mit der Traumnote 5,4; im Schweizer Notensystem ist die 6 die Höchstzahl.
Seit ihrem Abschluss arbeitet sie für
AkzoNobel Schweiz als Anwendungstechnikerin und stellvertretende Schulungsleiterin in Bäretswil. Wir sprachen mit der 30jährigen über ihren Werdegang und ihr Aufgabenspektrum.
Frau Bernet, wie sind Sie zum Lackiererberuf gekommen?
Meine Eltern leiteten jahrelang einen Restaurations- beziehungsweise Hotelbetrieb. Nach meinem Schulabschluss wollte ich eigentlich in ihre Fußstapfen treten. Dann aber hat sich zufällig eine Lehrstelle als Baumalerin ergeben. Als mir nach dem Lehrabschluss nicht klar war, in welche Richtung mein berufliches Leben gehen soll, habe ich erst einmal das Abi gemacht. Zwischendurch habe ich immer wieder gejobbt, mal als Malerin, mal als Hotelangestellte. Irgendwann lief mir die Zeit davon und ich wollte auf meinem gelernten Beruf aufbauen. Da ich es liebte, mit den Spritzgeräten zu arbeiten und ich für schnelle Autos und schöne Lkw eine Vorliebe habe, kam ich letztlich zur Autolackiererei. Der Kontakt zu AkzoNobel kam dann durch einen Partnerbetrieb zustande.
Was unterscheidet die Lehre bei einem Lackhersteller von einer Lehre in einem Lackier-und Karosseriebetrieb?
Bei AkzoNobel CR erhält man eine umfassende, tiefgreifende Ausbildung, die nicht nur praxisgerecht ist, sondern auch das ganze Hintergrundwissen über die Lacktechnologie, die Auftragsverfahren, die Untergründe und Systemaufbauten vermittelt. Natürlich habe ich auch an etlichen Schulungen und Kursen für AkzoNobel-Kunden teilgenommen. Außerdem konnte ich im hauseigenen Farbmischcenter der Akzo Nobel CR Schweiz mithelfen und an den Einsätzen der Techniker bei Kunden teilnehmen. Die Ausbildung, die normalerweise vier Jahre dauert, ist eine der besten für Lernende. Sie ist sehr umfassend und läuft in dualer Zusammenarbeit mit einem qualifizierten Partnerbetrieb.
Ist Anwendungstechniker ein „Traumjob“ für Lackierer oder Lackiererinnen?
Anwendungstechnikerin zu sein erfordert viel persönliches Engagement und einen starken Willen, sich weiterzubilden. Die Freude am Beruf ist unerlässlich und ein stetiges Lernen gehört zum Alltag mit dazu. Wie bei jedem Job sind Freud und Leid nahe beieinander, doch wer Anwendungstechniker/in ist, hat sich bestimmt einen Traum erfüllt. Jeder entscheidet letztlich selbst, ob für ihn ein Traum in Erfüllung ging oder nicht.
Welche Voraussetzungen muss man erfüllen?
Wie gesagt, überdurchschnittliche Einsatzbereitschaft und Fortbildungswille sind unabdingbare Eigenschaften, außerdem Teamfähigkeit und Aufgeschlossenheit. Normalerweise muss man den Eidgenössisch diplomierten Lackierer-Titel (Bestandene Berufsprüfung) besitzen, um bei der AkzoNobel CR als Techniker arbeiten zu können.
Kann es sein, dass Frauen ähnlich wie Sie eher über Umwege zum Lackiererberuf kommen, weil sie den Beruf zunächst nicht in ihrer Auswahl haben?
Ich glaube, der Anteil an Frauen, die auf Umwegen zur Lackiererei kommen, ist nicht sehr hoch. Der Beruf ist meiner Meinung nach aber für die jungen Frauen im Aufwärtstrend. Solche Werksberufe im Allgemeinen verzeichnen einen eher geringeren Anteil an Frauen. Das liegt aber nicht nur an mangelndem Interesse der Frauen. Aus meiner Erfahrung ist es leider immer noch so, dass die Werkstätten sich lieber für die jungen Herren entscheiden.
Was sind die Gründe dafür? Gibt es Situationen, in denen die Herren einfach im Vorteil sind?
Die gibt es natürlich – im Karosseriebetrieb ist manchmal ganz schlicht Kraft gefragt. Wenn ich mit dem großen Becher auf der Pistole eine Transporterhaube lackiern muss, oder wenn ich manuell eine Seitenwand schleife, geht das einfach auf den Arm.
Eine entsprechende Organisation des Betriebs und eine Disposition der Aufträge würde solche Situationen doch vermeiden.
Natürlich. Andererseits fände ich es auch nicht gut, wenn die Lackiererinnen sich von vornherein nur auf einen Teil des Aufgabenspektrums beschränken würden – etwa nur Finish machen oder nur die Farbtöne bestimmen und auszumischen. Ich für meinen Teil habe schon den Anspruch, den kompletten Job zu machen.
Welche Reaktionen von Kunden gibt es, wenn sie auf eine weibliche Anwendungstechnikerin treffen?
Die Reaktionen sind unterschiedlich. In den einen Betrieben trifft man auf andere Lackiererinnen, da ist das ganz normal. In anderen Betrieben ist die Akzeptanz dann doch schon wieder schwieriger, und in wieder anderen lässt man einen kaum mehr gehen. Wer Respekt will, muss ihn sich verdienen, das ist in unserer Gesellschaft nicht nur im Lackiergewerbe so.
Frau Bernet, vielen Dank für das Gespräch.

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