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Die Werkstatt am Ort

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Die Werkstatt am Ort

Die Autoklinik Müller hat sich vom Lackierbetrieb zum Allrounder entwickelt

Wer die Autoklinik Müller im südbadischen Lahr-Sulz betritt, passiert Werbe-Aufsteller, mit denen Reifen-Aktionen beworben werden, und Hinweise auf Ölwechsel, AU und HU- Termine. Im Verkaufsdisplay werden Fahrzeugpflege-Artikel angeboten, daneben stehen Recaro-Sitze, Auto-Hifi- und Tuning-Artikel.

Dass sich im hinteren Teil des Betriebsgebäudes eine moderne Lackierwerkstatt befindet, ist auf den ersten Blick nicht ersichtlich. Dabei war die Lackiererei die Keimzelle des Betriebs und erwirtschaftet auch heute noch einen bedeutenden Teil des Umsatzes. „Nach außen hin treten wir allerdings fast ausschließlich als Kfz-Betrieb in Erscheinung“, stellt Dieter Andlauer fest, der den Lackierbereich leitet und gemeinsam mit Karl-Heinz Müller die Geschäftsführung innehat.
Lackierung im Hintergrund
Dass die Lackiererei in der Außendarstellung nur eine Nebenrolle spielt, hat einen einfachen Grund: „So wie wir heute aufgestellt sind, ergibt sich das Kundenpotenzial für Lackier- und Karosseriearbeiten zum großen Teil von alleine – ganz einfach dadurch, dass Kunden, die uns als ihre Kfz-Werkstatt kennen und regelmäßig aufsuchen, auch im Falle eines Unfalls zu uns kommen,“ berichtet Andlauer.
Doch das war nicht immer so. Begonnen hatte man 1995 als reine Lackierwerkstatt. Aber es erwies sich als schwierig, mit dem Potenzial vor Ort eine Lackiererei lukrativ zu betreiben. „Wir konnten nur einen Teil der Autohäuser in der engeren Umgebung als Kunden gewinnen“, erinnert sich Andlauer, „und mussten uns daher über die Strategie Gedanken machen.“ Schließlich beschloss man, sich neu auszurichten. „Um Schäden komplett abzuwickeln und Privatkunden stärker anzusprechen, haben wir zwei Jahre nach der Gründung der Firma eine Karosserieabteilung aufgebaut. Richtig rund lief es aber erst, als wir 1998 die Kfz-Mechanik dazu genommen haben.“ Während es nämlich im Bereich der Unfallinstandsetzung extrem schwierig ist, Kundenbindung herzustellen – wie oft hat man schon einen Autounfall? – gibt es bei Kfz-Arbeiten etliche Anknüpfungspunkte und Kontaktmöglichkeiten – vom Reifenwechsel bis zur HU-Untersuchung. Nur ein Beispiel: Die Inspektion mit Mobilitätsgarantie. „Durch die Zusammenarbeit mit einem Dienstleister können wir unseren Kunden garantieren, dass sie im Falle eines Unfalls oder einer Panne Hilfe erhalten und das Fahrzeug zu uns gebracht wird“, berichtet Dieter Andlauer. „Die Kosten dafür sind überschaubar und amortisieren sich sehr schnell, sobald wir die anfallenden Reparaturen ausführen.“ Die Entwicklung zum Allrounder wurde im Falle der Autoklinik Müller auch durch die Situation vor Ort begünstigt. „Es gab in unserem Ortsteil keine andere Autowerkstatt, und da Wartung und Service ein lokales Geschäft sind, wurden wir von unseren Kunden immer wieder gefragt, ob wir nicht den kompletten Service anbieten könnten. Heute sind wir als ehemaliger Lackierbetrieb ganz einfach die Werkstatt am Ort.“
Herr Andlauer, die Kfz-Mechanik, Service und Wartung ins Programm aufzunehmen war für Ihr Unternehmen offenbar ein Glücksgriff. Aber viele Autohäuser beklagen gerade in diesen Sparten zurückgehende Umsätze durch immer längere Service- und Wartungsintervalle. Ist das kein Widerspruch?
Nur scheinbar, denn unsere Kundschaft unterscheidet sich von der des Autohauses. Dort sind die Fahrzeuge in der Regel bis zu drei Jahre alt und unter Service-Aspekten nicht besonders interessant. Wenn es etwas zu reparieren gibt, handelt sich meistens um Garantiearbeiten. Die Klientel der freien Werkstatt unterscheidet sich aber von der des Autohauses. Ähnlich wie im Bereich Lack und Karosserie finden sich bei uns Autos, die älter, zum Teil deutlich älter als drei Jahre sind. Da setzen die Verschleißreparaturen langsam ein, und das Servicegeschäft wird lukrativer.
Lukrativer als der Bereich Lack und Karosserie?
Das würde ich nicht sagen, der bessere Verdienst dürfte bei der Lackierung liegen, denn der Kfz-Bereich ist extrem teileintensiv. Rechnungen sehen immer ganz toll aus, wenn man aber die Teile herausrechnet, stellt sich oft Ernüchterung ein. Aber natürlich ist der Kfz-Bereich für uns unverzichtbar, weil er Kunden für die Unfallreparatur generiert.
Und wie steht es mit den notwendigen Investitionen? Muss man nicht, wenn man markenübergreifend Karosserie und Mechanik anbietet, Unsummen für das Equipment ausgeben?
Das sehe ich nicht ganz so. Erstens muss man nicht gleich in die Vollen gehen. Und zweitens muss man nicht alles selbst haben, sondern kann sich mit anderen Betrieben austauschen. Wir fahren mit Kooperationen sehr gut. Richtbankarbeiten führen wir zum Beispiel nicht selbst aus, sondern arbeiten mit einer Karosseriewerkstatt zusammen, die uns dafür manchmal Lackieraufträge vermittelt. Gleiches gilt für Achsvermessungen. Im Bereich Diagnose werden wir dagegen derzeit häufiger vom Nachbarbetrieb, der die Achsvermessung ausführt, aufgesucht. Auch ein Vertragshändler lehnt ja heute kein markenfremdes Auto ab. Daher beschafft sich auch dieser ab und an seine Informationen aus der freien Nachbarwerkstatt. Die gegenseitige Zusammenarbeit ist im Kfz-Bereich viel eher üblich als in der Unfallinstandsetzung. Ich sehe solche Kooperationen auch nicht nur als Möglichkeit, einen Teil des Equipments zu sparen, sondern als Möglichkeiten zum Informationsaustausch, als wertvolle Geschäftsbeziehungen, aus denen natürlich auch Aufträge resultieren können.
Welche Ausstattung halten Sie für unverzichtbar?
Ohne Diagnosegerät geht gar nichts, auch in der Unfallinstandsetzung. Man muss dabei sehr genau auswählen, welchem Anbieter man vertraut, da die Unterschiede im Handling, in der Qualität der Daten und in der universellen Einsetzbarkeit der Geräte sehr groß sind. Das übliche Handelswerkzeug muss natürlich ebenfalls angeschafft werden. Sehr gute Erfahrungen machen wir auch mit dem Reifengeschäft und vor allem mit Glasreparaturen. Auch der eigene Abschleppdienst hat sich für uns als unverzichtbar erwiesen, um die Kunden rundum betreuen zu können.
Abgesehen davon hat sich für uns auch die Zugehörigkeit zur Werkstattkette 1a Autoservice, die zur Bosch-Gruppe gehört, als wichtiger Schritt erwiesen. Von der Marketingunterstützung, der schnellen Teilebelieferung und der Versorgung mit Informationen können wir profitieren.
Haben Sie als Allround-Betrieb eigentlich noch Autohaus-Kunden in der Lackiererei? Viele Betriebe scheuen ja vor dem Schritt zum Allrounder zurück, weil sie einen Verlust der Autohaus-Kunden befürchten.
Diese Befürchtung ist auch berechtigt. Unsere Kundenstruktur hat sich gleich zwei mal verändert. Zu Anfang als Lackierbetrieb hatten wir fast ausschließlich, aber insgesamt zu wenige Autohäuser als Kunden. Auf unserem Weg zum Allrounder sind diese größtenteils abgesprungen. Heute haben wir zu mehr als 80 Prozent Privatkunden und zu etwa zehn Prozent gesteuerte Kunden. Den Rest der Aufträge liefern Autohäuser, allerdings andere als früher.
Denken Sie, dass der Schritt zum Allrounder für viele Lackierbetriebe noch erfolgen wird? Würden Sie generell dazu raten?
Generelle Empfehlungen kann man hier nicht abgeben. Die Voraussetzungen vor Ort müssen wie bei uns stimmen. Falsch wären sicherlich Berührungsängste gegenüber dem Kfz-Bereich. Denn eines ist klar: Die Fahrzeuge werden immer komplexer, und die Grenzen zwischen Karosserie-, Lack- Mechanik- und Elektronikarbeiten lösen sich immer mehr auf. Auch in die ganz normale Unfallinstandsetzung wird künftig sehr viel mehr Kfz-Wissen einfließen müssen.
Herr Andlauer, vielen Dank für das Gespräch. MR

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