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Zunächst verlockend, letztlich ruinös

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Zunächst verlockend, letztlich ruinös

Zunächst verlockend, letztlich ruinös
Friedrich Nagel: „Mit Stundensätzen unter 50 Euro macht sich die Branche letztlich selbst kaputt.“
Die Grundstzrede von ZKF-Präsident Nagel stand unter dem Einfluss der jüngsten Branchenentwicklungen. Speziell das neue Schadenkonzept der HUK-Coburg dürfte Friedrich Nagel im Visier gehabt haben, als er die Mitgliedsbetriebe dringend zur Preisdisziplin ermahnte. Einige Auszüge aus seiner Rede:

„Der Pkw-Karosserie-Reparatur- und Lackierbereich war in den letzten Monaten von weiter rückläufigen Unfallzahlen, 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, gekennzeichnet. Weniger Unfälle bedeuten auch weniger Aufträge. Und diese weniger werdenden Aufträge werden zudem verstärkt umverteilt. Diese Umverteilung spürt die Branche durchaus schon sehr deutlich. Während eine kleine Gruppe von Karosserie-Fachbetrieben, insbesondere aus dem Kreis der Eurogarant Betriebe, Auftragszuwächse bei geringerer Rendite verzeichnen, registrieren viele andere Betriebe rückläufige Aufträge durch ausbleibende Kunden. Grund ist, dass immer mehr Kunden von Versicherungen nur in bestimmte Werkstätten gelenkt werden- heute oftmals noch freiwillig, künftig zunehmend aber zwangsweise. Dies ist eine der größten Herausforderungen für den ZKF, der die Aufgabe hat, die Interessen aller Mitgliedsbetriebe zu vertreten. Es werden einerseits viele qualifizierte Karosserie-Fachbetriebe ausgegrenzt, andererseits sind diese Lenkungen mit Preisvorstellungen der Versicherer verbunden, die wir mittlerweile nur noch als Preisdiktat ansehen können. Wenn Stundensätze von teilweise weniger als 50 Euro vom Versicherer gefordert, aber teilweise auch von Kollegen angeboten werden, dann macht sich die Branche damit von innen her selbst kaputt. Wohlgemerkt ist die Verlockung für den einzelnen Betrieb, Bestandteil eines solchen Netzes zu sein, sehr groß. Ist es doch ein schöner Zustand, wenn mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit über mehrere hunderttausend Euro Umsatzzuwachs gesprochen und damit quasi ein Sorglospaket eingekauft wird. Selbstverständlich bringen höhere Umsätze niedrigere Fixkosten pro Auftrag mit sich. Niedrigere Preise könnten kalkuliert werden, wenn die Mehrauslastung planbar wäre. Viele Kollegen legen ihrer Kalkulation eine Mischpreispolitik zu Grunde. Und diese besteht aus einer eher kleiner werdenden Zahl von Aufträgen, die sie zum ausgehängten Stundensatz abrechnen, und aus weiteren Aufträgen, die zum reduzierten Preis abgewickelt werden können. Insbesondere gilt dies für Flotten, Großkunden und ganz bestimmte Schadenlenker. Das ist klar und nachvollziehbar, und alle diejenigen, die den ausgehängten Stundensatz berechnet bekommen, fühlen sich nunmehr als Sponsor und Mitfinanzierer des Günstiganbieters. Wenn diese Dumpingpreis-Politik von einigen Kollegen auch noch angenommen werden wird, oder bereits wurde, dann befinden wir uns an einer Schwelle. Auf breiter Front könnte ein deutlichst reduzierter Preis das künftige Maß sein.
Eines ist ganz klar: Wenn nur ein Versicherer mit dieser Preisaggressivität Erfolg hat, dann müssen zwangsläufig alle anderen Großkunden, damit meine ich Versicherer genauso wie Flotten und Leasingfirmen, nachziehen. Denn diese Preise bleiben ja nicht unbekannt, sondern sie sind alsbald öffentlich. Und dann geraten auch die vielen Versicherer, die bisher zusammen mit dem ZKF ein vertrauensvolles, partnerschaftliches Verhältnis gepflegt haben, denen unsere Mehrmarkenfähigkeit, unsere Karosseriekompetenz und unser Fachkönnen noch etwas wert waren, und die eben nicht den Stundenverrechnungssatz zum alleinigen Maß gemacht haben, so unter Druck, dass sie vielleicht nachziehen müssen. Denn offensichtlich, so wird es dann heißen, „gibt der Markt es ja her“! Wir sind der Markt, meine Damen und Herren Kollegen. Im Klartext heißt dies für alle, die in diesem Segment anbieten: Der Stundensatz wird auf breiter Front so abgesenkt, dass wir alle keine Rendite mehr erwirtschaften können. In meinem eigenen Betrieb, der einen hohen Anteil von Eigenkapital enthält und nicht auf teure Fremdfinanzierung angewiesen ist, wäre es undenkbar, zu einem Preis von 55 Euro oder weniger zu arbeiten – vom Lackmaterial ganz abgesehen. Ich kann und werde zu solchen Preisen nicht arbeiten. Und dies sowohl aus betriebswirtschaftlichen wie auch aus politischen Gründen. Ich weiß aber in diesem Moment, in dem ich das ausspreche, sehr genau, dass andere Kollegen nur darauf warten, hier mit Freude einzusteigen. Und das in dem vermeintlichen Glauben,dass mehr Werkstattauslastung auch mehr finanzielle Absicherung bedeutet.
Ich sage hier ganz deutlich: Diese Betriebe machen sich selbst etwas vor. Sie machen sich nicht klar, sie wissen gar nicht, dass so die Rendite von Jahr zu Jahr aufgezehrt wird und man schnell einen schleichenden Niedergang erleben kann. Ja, und die ganz Cleveren unter uns haben möglicherweise im Hinterkopf, dass man auch bei den Stunden durchaus „kreativ gestaltend“ tätig sein kann. Ich brauche dies hier nicht näher auszuführen. Ich sage aber auch hierauf: Wer so denkt, der springt zu kurz. Die Versicherer haben bereits jetzt im großen Umfang begonnen, Rechnungen, insbesondere bei Glas, einer Rechnungsprüfung zu unterwerfen, zu streichen oder zu kürzen. Alle sollten letztlich fair und ehrlich miteinander umgehen, und es darf keinesfalls ein Partner zu seinem eigenen Vorteil soviel Druck auf den Partner aufbauen, dass dieser aus Existenznot möglicherweise in die Unehrlichkeit getrieben wird.
Meine Damen und Herren, diese Entwicklung, die ich mit gewisser Emotion hier vorgetragen habe, belastet nicht nur mich persönlich, sondern den gesamten Vorstand des ZKF kolossal. Auch ich ringe mit mir, zwischen meiner Position als ZKF-Präsident und der als Unternehmer, welchen Weg ich gehen kann. Der Druck auch aus dem eigenen Kollegenkreis ist enorm hoch, und dies nutzen leider verschiedene Versicherer auch noch aus. Dies hat mit Marktmacht und Machtausübung zu tun. Trotz unserer Resolution, die wir überall verteilen. Noch habe ich die Hoffnung, dass die Solidarität und die Einsicht in die Vernunft auf beiden Seiten doch noch siegt. Mit den Versicherern und mit Großkunden werden wir natürlich im Dialog bleiben, um sie dazu zu bewegen, von teilweise unrealistischen und rigorosen Forderungen abzugehen und betriebswirtschaftliche Vernunft walten zu lassen. Die Möglichkeiten des Verbandes liegen natürlich im Wesentlichen in der Information der Mitglieder, aber auch in der Kraft der Signale in die Öffentlichkeit. Wir als Bundesverband haben bisher nicht auf Säbelrasseln und Öffentlichkeit gesetzt, sondern auf Verhandlungen und Gespräche mit den Versicherern. Aber ein deutliches Signal war es, als das Thema Preisdruck in der Verbindung mit Sicherheit bei einem LIV diskutiert wurde. Da hat man sehr sensibel reagiert, ja sogar mit dem Rauswurf eines Kollegen. Aber ist das der richtige Weg?
Ich glaube nicht. Denn: Trotz oder gerade wegen der Sensibilität dieses Themas, muss es doch diskutiert werden können, natürlich im Sinne der Sache. Aus Gründen des Preisdruckes dürfen eben keine Qualitätsmängel entstehen, denn wenn dies der Fall wäre, dann gäbe es nur Verlierer. Das darf nicht sein.“

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