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Wenn Rechnungskürzungen zu kurz greifen

Rechnungskürzungen
Wenn Kürzungen zu kurz greifen

Wenn Kürzungen zu kurz greifen
Von den Verbringungskosten über die Beilackierun bis hin zu den Reinigungskosten wird gekürzt, wo es nur geht. I Foto: M. Rehm
Rechnungskürzungen halten einer gerichtlichen Prüfung kaum Stand.

Dr. Wolf-Henning Hammer, Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH

Wer heute im Unfallreparaturgeschäft tätig ist, kann ein Lied von den Rechnungskürzungen und Prüfberichten der Versicherer singen. Dabei könnte alles so einfach sein, wie es in dem Refrain eines Songs der Band „Die Fantastischen Vier“ heißt. Schließlich gibt das Gesetz den Umfang der Entschädigung eindeutig vor und gemäß § 823 Abs. 1 BGB ist derjenige, der vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist verpflichtet, dem anderen den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Dasselbe gilt gemäß § 7 Abs. 1 StVG für den Halter des schädigenden Fahrzeugs, bzw. den dahinter stehenden Haftpflichtversicherer. Der Umfang der Entschädigung ist in § 249 Abs. 1 BGB vorgegeben. „Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.“ Wie gesagt: Es könnte alles so einfach sein – allerdings führen die Kürzungen der Versicherer dazu, dass es dies nicht ist.

Der subjektive Schadenbegriff bei Rechnungskürzungen

Zunächst ist festzustellen, dass der Geschädigte und nicht der Versicherer bei einem Haftpflichtschaden „Herr des Verfahrens“ ist. Dies hat zur Folge, dass es seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sind, die bei der Wahl des Instandsetzungsbetriebs den Ausschlag geben. Dabei ist er lediglich nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren, den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Im Ergebnis kann der Geschädigte das Fahrzeug in eine von ihm ausgewählte Fachwerkstatt geben. Dies gilt insbesondere dann, wenn er die Instandsetzung des Fahrzeugs gemäß Sachverständigengutachten beauftragt. Denn auch das Wirtschaftlichkeitsgebot verpflichtet ihn weder zu weitgehender Marktforschung noch dazu, die Schadenbehebung oder –berechnung von vornherein dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer zu überlassen (BGH, Urt. v. 05.12.2017, Az. VI ZR 24/17). Für die Werkstatt bedeutet dies, vorausgesetzt das Gutachten ist nicht derart mängelbehaftet, dass sie dies hätte erkennen können oder gar müssen, dass sie das Fahrzeug entsprechend den Vorgaben im Gutachten instand setzen kann (vgl. AG Bad-Homburg v. 30.10.2017, Az. 9 C 593/17) und der Versicherer die Rechnung vollumfänglich zu erstatten hat. Es könnte alles so einfach sein … Allerdings stellen die Versicherer die berechtigten Ansprüche der Reparaturbetriebe immer wieder mit sogenannten Prüfberichten infrage, obgleich die Rechtsprechung sich inzwischen ziemlich eindeutig zum Wert dieser Berichte geäußert hat.

Prüfberichte ohne Aussagekraft

Für das Amtsgericht Ebersberg können Prüfberichte, insbesondere dann, wenn sie ohne Inaugenscheinnahme des beschädigten Fahrzeugs erstellt worden sind, die Notwendigkeit der durchgeführten Reparatur nicht infrage stellen (Entscheidung v. 17.10.2017, Az. 9 C 593/17). Diese Ansicht vertritt auch das AG Kassel, wenn es in seinem Urteil vom 08.02.2018 (Az. 435 C 4137/17) ausführt, „dass eine abweichende fachlich-technische Einschätzung seitens des Unfallgegners im Vergleich zum eingeholten eigenen Schadensgutachten sicher keine größere Vermutung der Richtigkeit in sich birgt, als das Schadensgutachten selbst.“

Gekürzt wird, wo es geht

Mit Rechnungskürzungen ist das so eine Sache. Die Versicherer lässt dies jedoch unbeeindruckt. Von den Verbringungskosten über die Beilackierung, bis hin zu den Reinigungskosten wird gekürzt, wo es nur geht. Zu den Verbringungskosten sei – stellvertretend für viele – auf ein Urteil des AG Offenbach, vom 07.11.2017, Az. 30 C 79/17, hingewiesen. Dieses hatte den Versicherer zur Erstattung der Verbringungskosten, die der sachverständigen Schätzung entsprachen, verurteilt. Möglicherweise waren ihm ja die Urteile des AG Essen/Borbeck (Az. 6 C 97/16 v. Urt. v. 28.10.2016,) oder des AG Bad Salzungen (Az. 2C 132/16 v. 20.10.2016) bekannt. Das AG Essen/Borbeck stufte die Behauptung der Versicherer, dass Verbringungskosten zu ihren Lasten doppelt abgerechnet würden, weil es auch immer eine Rückfracht gebe, als lebensfremd ein und das AG Bad Salzungen stellte unmissverständlich klar, „dass der Mitarbeiter des Autohauses zurückzufahren hat, denn er kann nicht stunden- oder tagelang in der Lackiererei warten, bis die Lackierung fertiggestellt ist.“ Hinsichtlich der Lackierung ist inzwischen auch die Pflicht zur Erstattung einer notwendigen Beilackierung – selbst bei fiktiver Abrechnung – geklärt (z. B. AG Solingen, Urt. v. 23.02.2018, Az. 12 C 46/18, unter Bezugnahme OLG Hamm v. 28.03.2017, Az. 26 U 72/16). Und wenn ein Versicherer sich weigert, die Kosten einer abschließenden Reinigung zu bezahlen, kann er z.B. sowohl auf die Urteile das AG Weiden (Urt. v. 28.06.2016, Az. 1 C 318/16) als auch des AG Coburg (Urteil v. 25.04.2017, Az. 15 C 4/17) verwiesen werden. Beide Gerichte haben die Reinigungskosten als erstattungspflichtig angesehen.

Zusammenfassung: Rechnungskürzungen

Zusammenfassend ist festzustellen, dass ein Versicherer seiner Ersatzpflicht nicht gerecht wird, wenn er mit Prüfberichten versucht, die Rechnung einer gemäß Gutachten durchgeführten Reparatur zu kürzen. Um dies zu vermeiden, sollte der Geschädigte von Anbeginn einen Anwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragen. Angeboten des gegnerischen Versicherers, „sich umfassend um alles zu kümmern“, sollte eine Absage erteilt werden. Schließlich haben die speziell geschulten Mitarbeiter – aller Freundlichkeit zum Trotz – nicht das Wohl des Geschädigten, sondern die Einhaltung der Sparvorgaben ihres Arbeitsgebers vor Augen. Der Anwalt hingegen kämpft für die Rechte seines Mandanten.

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