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„Ohne Leidenschaft geht gar nichts“

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„Ohne Leidenschaft geht gar nichts“

Glasurit Classic Car Colors bringt Oldtimer- Besitzer und Werkstätten zusammen

Knapp eine Million Fahrzeuge, die mehr als 20 Jahre alt sind, gibt es in Deutschland. Die Anzahl von Fahrzeugen, die sogar älter als 30 Jahre und damit „Oldtimer“ sind, gibt der ADAC mit 434.000 an. Und die Oldtimer-Szene boomt. In zahllosen Clubs, auf zahllosen Treffen und bei zahlreichen Messen trifft sich eine nicht immer, aber in der Regel wohlhabende Klientel, die bereit ist, freiwillig – nicht etwa durch Unfälle oder im Rahmen von notwendigen Wartungen – Geld für ihr Auto auszugeben. Ein ordentlicher Anteil davon entfällt auf die Lackierung. Für Glasurit war dies im Jahr 2007 ein Grund, die Initiative Glasurit Classic Car Colors ins Leben zu rufen. „Uns war klar, dass etliche unserer Kunden genau das bieten können, was Oldtimer-Besitzer suchen, wenn es um das Thema Lack geht: Know-how im Umgang mit historischen Fahrzeugen, Wissen über die Farbtöne und natürlich die passenden Produkte“, erinnert sich Jürgen Book, Leiter Kundendienst bei der BASF Coatings und treibende Kraft bei der Entwicklung von Glasurit Classic Car Colors. „Das Projekt sollte daher dazu dienen, Oldtimer-Besitzer und Glasurit-Werkstätten zusammenzubringen.“ Selbst seit langem passionierter Oldtimer-Fan, ist Book trotz zahlreicher anderer Aufgaben im Unternehmen immer präsent, wenn es um das Thema Oldtimer geht. „Manche sagen auch, ich hätte meine Leidenschaft zum Beruf gemacht“, meint der Besitzer mehrerer eigenhändig restaurierter Fahrzeuge. So ungern hört Book das gar nicht, „denn ohne Leidenschaft“, ist er sich sicher, „geht bei Oldtimern überhaupt nichts.“ Wir sprachen mit Jürgen Book über das Lackieren von Oldtimern und über Chancen, die sich dabei für Lackier- und Karosseriefachbetriebe bieten.

Herr Book, welchen Nutzen kann Glasurit Classic Car Colors Ihren Kunden und den Oldtimer-Besitzern bieten?
Besitzer von Oldtimern haben, wenn es um Lack geht, eigentlich nur zwei Fragen. Erstens: Welcher Farbton ist auf meinem Auto – oder sollte darauf kommen, wenn ich es originalgetreu restaurieren möchte? Zweitens: Wo finde ich Betriebe, die sich damit auskennen und denen ich mein Fahrzeug anvertrauen kann? Die Frage eins betrifft eine unserer Kernkompetenzen als Lackhersteller. Glasurit verfügt über das weltweit größte Farbtonarchiv. Und es wird ständig ausgebaut, in unseren über die ganze Welt verteilten Länderarchiven und Farbtonlabors, aber auch durch viele Kooperationen mit Autoherstellern, Clubs und Museen, bei denen wir gemeinsam mit diesen Partnern ermitteln, welche Farbtöne in welchem Jahr auf welchem Modell waren, bevor wir sie dann rezeptieren und archivieren.
Die Frage zwei nach den passenden Lackierbetrieben können wir natürlich ebenso beantworten: Viele unserer Kunden sind perfekt geeignet, um die Bedürfnisse dieser anspruchsvollen Klientel zu bedienen. Unsere Aufgabe sehen wir darin, Oldtimer-Besitzer und diese Betriebe zusammenzubringen. Wir möchten, etwas blumig ausgedrückt, der rote Teppich sein, auf dem der Oldtimerbesitzer in die Fachwerkstatt gelangt.
Wie erfahren nun Oldtimerbesitzer und Werkstätten voneinander?
Wir sind unter der Flagge von Glasurit Classic Car Colors bei Oldtimertreffen, Messen und anderen Veranstaltungen präsent und machen die Marke in den Oldtimer-Fachblättern bekannt.
Zentrale „Schnittstelle“ ist die Website www.classiccarcolors.com. Sie wurde bewusst für Oldtimerbesitzer, nicht primär für Fachbetriebe gestaltet. Darauf findet man einige generelle Informationen zum Thema Lack und, ganz wichtig, die Adressen von derzeit rund 80 Kundenbetrieben, die auf dem Gebiet der Lackierung klassischer Fahrzeuge stark sind.
Das sind nicht besonders viele …
Es handelt sich dabei um eine lebendige, sich verändernde Liste. Wir streben keine bestimmte Zahl an, auch regionale Abdeckung steht nicht im Fokus. Qualität geht vor Quantität, denn dieses Geschäft lebt stark von Referenzen. Oldtimer-Besitzer nehmen, wenn sie von einem Betrieb überzeugt sind, auch weite Wege in Kauf. Das Konzept steht allen Kundenbetrieben offen, aber natürlich muss ein Betrieb auch Referenzen und Kompetenzen im Bereich Oldtimerlackierung vorweisen. Außerdem gibt es auch sehr viele sehr leistungsstarke Betriebe, bei denen der Bereich Oldtimerlackierung einfach nicht zum Konzept passt. Vielleicht, weil sie andere Schwerpunkte haben oder Mitarbeiter mit anderen Qualifikationen.
Welche Qualifikationen sind denn gefragt?
Grundsätzlich gilt: Erfahrung hilft. So gut wie alle Klassiker haben in ihrem Leben mehrfach Karosserie- und Lackierarbeiten erfahren. Die Gefahr kommt also aus dem Untergrund. Lackaufbauten mit über zehn Schichten sind eher die Regel als die Ausnahme. Hier gilt es zu erkennen, ob ein tragfähiger Untergrund für einen neuen Lackaufbau vorliegt oder nicht.
Was kann man tun, um hier sicher zu gehen?
Man muss von Fall zu Fall abwägen. Wir empfehlen nicht, generell im Reparaturfall gesunde Altlackierungen zu entfernen. Bei Komplettrestaurierungen dagegen schon, dabei kommen oft die skurrilsten Lösungen zum Vorschein, zum Beispiel Zigarettenschachteln als Verstärkung der Spachtelschicht.
Man muss aber auch wissen, dass bei modernen Lacken und heutiger Ausstattung fast die Gefahr besteht, zu gut zu arbeiten. Wir haben momentan als Leihgabe im Refinish Competence Center einen perfekt restaurierten „Flügeltürer“ Mercedes SL 300 aus dem Jahr 1957, auch bekannt als Gullwing. Als der auf einer Messe ausgestellt war, sagte mir ein bekannter Journalist aus der Oldtimer-Szene, der Wagen gefalle ihm überhaupt nicht. Begründung: Die Lackierung sei zu gut. Im Prinzip hatte er Recht, die Qualität der Lackierung, wie übrigens auch der Spaltmaße, war früher eher bescheiden. Andererseits möchte ich den Lackierer sehen, der bei einem Auto im Wert von einer Million Euro nicht sein Bestes gibt.
Gibt es denn bei modernen Lacken auch Einschränkungen? Gibt es Effekte oder Anmutungen historischer Fahrzeuglacke, die sich mit modernen Lacken nicht bewerkstelligen lassen? Es ist ja zum Beispiel immer vom unvergleichlichen Nitro-Glanz die Rede…
Nach unserer Erfahrung sind alle Farbtöne und Effekte darstellbar. Kürzlich gab es hier ein Treffen von Fahrzeugen, die allesamt älter als Baujahr 1920 waren, darunter richtige Motorkutschen. Nachdem wir die Farbtöne mit dem Color-Profi-System verglichen haben, konnten wir für jedes einzelne Fahrzeug den richtigen Farbton ermitteln. Die einzigen Farben, bei denen die Reparatur sehr schwierig oder unter Umständen sogar unmöglich ist, sind Metallic-Einschichtlackierungen. Hier stößt man an Grenzen, und das sollte man dem Oldtimerbesitzer auch offen sagen. Eine Angleichung des Glanzgrades ist technisch machbar, aber fachlich anspruchsvoll. Und was den fabelhaften Nitro-Glanz angeht – dazu bieten wir ein Premium-Lackierverfahren mit modernen Lacken an. Da wird es dann wirklich schwierig, Glanz und Farbtiefe von der einer Nitro-Lackierung zu unterscheiden.
Das heißt, es wird auch kaum nach historischen Lackqualitäten wie Nitro oder Thermoplasten gefragt?
Nur sehr selten, und wenn, dann würden wir hier keine Lösung bieten, da wir konsequent moderne VOC-konforme Lacke der Reihe 90 oder im Falle von Unis der Reihe 22 anbieten. Oldtimer-Besitzer lassen sich in der Regel vom Einsatz dieser hochwertigen Lackmaterialien überzeugen. Für unsere Partnerwerkstätten ist das lackiertechnisch unkompliziert.
Was macht den Oldtimer-Lackierer neben dem rein lackiertechnischen Können aus?
Es gibt ein paar Voraussetzungen, die gegeben sein müssen, zum Beispiel Kompetenz in der Farbtonfindung. Kein Oldtimer weist heute exakt den Farbton der Originallackierung auf. Je nachdem, wie das Fahrzeug gepflegt und wo es aufbewahrt wurde, variiert der Lackzustand und damit der Farbton. Hier muss der Betrieb Kompetenz zeigen. Dann gibt es bestimmte Anforderungen an die Mitarbeiter. Viele Betriebe sind heute sehr arbeitsteilig organisiert: Einer bereitet nur vor, einer lackiert, ein anderer macht das Finish. Bei der Oldtimerlackierung sind eher Allrounder gefragt. Auch beim Betrieb, bei der Ausstattung gibt es bestimmte Voraussetzungen. Wer Oldtimer restauriert oder lackiert, sollte zum Beispiel räumlich gewisse Ressourcen haben. Ein Wagen muss auch einmal einige Wochen auf einer Bühne stehen können, ohne dass er ständig im Weg ist, ebenso sollten demontierte Teile über einen längeren Zeitraum ordentlich gelagert werden können.
Wie wichtig ist es, das komplette Spektrum anzubieten? Kann der reine Lackierbetrieb oder der Karosserie- und Lackierbetrieb bei Komplett-Restaurationen Ansprechpartner sein?
Warum nicht? Rund um eine Restaurierung gibt es so viele verschiedene Tätigkeiten, vom Strahlen über dieMechanik bis hin zu Sattlerarbeiten, dass in den seltensten Fällen ein Betrieb alles anbieten kann. Wichtig ist es, kompetente Spezialisten zu kennen und selbst Anlaufstelle innerhalb eines leistungsstarken Netzwerkes rund um die Restaurierung zu sein – und dazu eignet sich ein Lackier- und Karosseriebetrieb ideal. Noch wichtiger ist es aber, dem Oldtimerfreund das Gefühl zu geben, seine Leidenschaft zu teilen. Oldtimer sind für viele ihrer Besitzer so etwas wie Familienmitglieder. Sie überlegen sich daher sehr genau, wem sie sie anvertrauen.
Herr Book, vielen Dank für das Gespräch. MR

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