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Fair und wirtschaftlich sinnvoll

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Fair und wirtschaftlich sinnvoll

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Hans-Peter Schneider: „Wir müssen beim Thema Schadenmanagement als Verband unseren Einfluss bei den Versicherungen geltend machen.“
Der Zentralpräsident des Schweizerischen Carrosserieverbandes im Gespräch

Hans-Peter Schneider ist seit 20009 Zentralpräsident des Schweizerischen Carrosserieverbandes VSCI. Der 50-jährige gelernte Carrossier ist Inhaber der Carrosserie SCHNEIDER AG, Carrosserie und Abschleppdienst, im nordwestschweizerischen Zwingen.

Herr Schneider, der Schweizerische Carrosserieverband VSCI ist einerseits das Pendant zum deutschen ZKF, mit dem auch enge Beziehungen gepflegt werden, andererseits vertritt er in der Schweiz auch Betriebe mit Schwerpunkt auf der Lackierung sowie die reinen Lackierbetriebe.
Das ist richtig; der VSCI vertritt alle Betriebe, die mit der Instandsetzung und Lackierung von Fahrzeugen zu tun haben. In der Schweiz nennt sich ein solcher Betrieb in der Regel „Carrosserie“, gleichgültig, wo der Schwerpunkt liegt. Dazu kommen noch die Fahrzeugbaubetriebe. Im Bereich der Ausbildung ist der VSCI für die drei Berufe Karosseriespengler, Lackierer und Fahrzeugbauer zuständig.
Wie viele solche Betriebe gibt es in der Schweiz, und wie viele Mitgliedsbetriebe hat der VSCI?
Der VSCI hat rund 650 Mitglieder, die mehrheitlich aus dem deutschsprachigen Raum sowie aus dem Tessin kommen. Etwa 350 Betriebe aus der französischsprachigen Schweiz sind im Partnerverband FCR organisiert. Etwa 1.000 weitere Betriebe sind nicht organisiert.
Wie erklärt sich dieser relativ hohe Anteil?
Zum einen dadurch, dass unter den Carrosserien sehr viele Ein- oder Zwei-Mann-Betriebe sind. Für manche unter ihnen ist eine Mitgliedschaft sinnvoll, für andere nicht. Außerdem haben wir beim VSCI ein Anforderungsprofil entwickelt, das nicht alle Betriebe erfüllen können oder wollen. Wir wollen nicht einfach möglichst viele Mitglieder, die fleißig Beiträge zahlen, sondern gut organisierte Betriebe, die auf einem gewissen Level arbeiten und gewisse Rahmenbedingungen erfüllen, die heute im Markt gelten.
Welche Bedingungen sind das?
Unser Katalog ist recht umfangreich und beinhaltet unter anderem eine einheitliche Beschriftung unter dem Label VSCI, Vorgaben für eine repräsentative Kundenempfangszone ebenso wie die Einhaltung bestimmter Betriebsabläufe und die Ausstattung mit bestimmten Werkzeugen. Eine sehr wichtige Rolle spielt auch die Weiterbildung. Mitglieder müssen die VSCI-Tipps mit technischen Unterlagen für die Fahrzeuge haben und sich regelmäßig in Schulungen weiterbilden. Wir wollen nicht den versteckten Hinterhofbetrieb, ein VSCI-Betrieb muss ein gewisses Statement abgeben.
Wie steht es mit reinen Lackierbetrieben und Autohäusern?
Unter beiden Betriebstypen gibt es zahlreiche VSCI-Mitglieder, etwa 20 Prozent der Autohäuser mit eigener Carrosserie sind zum Beispiel VSCI-Mitglieder.
Nun kennen Sie ja auch den deutschen Markt sehr genau; wo sehen Sie die Gemeinsamkeiten und wo die Unterschiede?
Grundsätzlich gibt es mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Ein großes Problem stellt zum Beispiel in beiden Ländern die Suche nach geeigneten Nachwuchskräften dar. Die Anforderungen im Bereich Karosserie und Lack sind heute einfach sehr hoch, daher brauchen wir hochqualifzierte und lernfähige Nachwuchskräfte.
Was tut Ihr Verband, um hier weiterzuhelfen?
Der VSCI hat dazu ein mehrstufiges Konzept entwickelt. Zunächst einmal haben wir unser Berufsbild überarbeitet, das Anforderungsprofil präzisiert und auch Möglichkeiten der Weiterbildung definiert.
Dieses Berufsbild wurde und wird immer noch im Rahmen der Kampagne „Faszination der Lernberufe“ Schülern, Berufsberatern und Lehrern vorgestellt. Vorzugsweise geschieht das in großen Mitgliedsbetrieben aus unterschiedlichen Regionen der Schweiz, sodass Interessierte gleich einen tiefen Blick in die Praxis werfen können. Begleitet wird die Aktion mit einer Werbekampagne in unterschiedlichen Medien. Das jüngste Kind und vielleicht die interessanteste Aktivität im Rahmen dieser Kampagne ist unsere Facebook-Initiative.
Was verbirgt sich dahinter?
Es ist ja bekannt, dass gerade die Altersgruppe, die wir ansprechen möchten, in sozialen Netzwerken wie Facebook sehr aktiv ist. Grundgedanke war, dass die Auszubildenden selbst ihren Freunden und Bekannten erzählen, was sie im Beruf erleben. Nicht der Verband ist also auf Facebook, sondern die jungen Auszubildenden. In der Anfangsphase wurden drei Auszubildende, die bei dieser Aktion mitmachen wollten, von einem Medientechniker geschult, dann haben wir sie mit Filmkameras ausgestattet, und seitdem berichten sie aktiv von ihrem Tagesgeschehen.
Welchen Erfolg hat die Aktion bisher gezeigt?
Es tut sich einiges auf der Seite, die Auszubildenden sind sehr aktiv und stoßen auch auf gutes Echo. Wir lagen also bei der Wahl des Mediums Facebook richtig. Abschließend wird man diese Aktion erst in zwei, drei Jahren bewerten können.
Das beherrschende Thema der letzten Jahre in Deutschland war das Schadenmanagement durch Versicherer und Schadensteuerer. Wie stellt sich hier die Situation in der Schweiz dar?
Ich denke, in diesem Bereich gibt es schon noch starke Unterschiede. Auch in der Schweiz haben zwar fast alle Versicherungen begonnen, Schäden zu steuern. Anders als in Deutschland wird das Schadenmanagement hier aber in einer gewissermaßen milden Form praktiziert, die mit Rabatten zwischen fünf und zehn Prozent auch für die Werkstätten noch betriebswirtschaftlich vernünftig ist.
Wo liegt der Grund für diesen Unterschied?
Da gibt es mehrere. Außerhalb der großen Städte ist der Bezug zur Werkstatt am Ort noch stark, und auch der mit der Schadensteuerung verbundene Transport von Fahrzeugen über weite Strecken ist in vielen Regionen der Schweiz unwirtschaftlich. Den wichtigsten Grund sehe ich aber darin, dass wir als Verband einen sehr intensiven Dialog mit den Versicherern führen. Ich habe angestoßen, dass der VSCI sich jedes Jahr mit dem obersten Schadenchef jeder Versicherung zusammensetzt. Bei diesen Treffen werden Themen direkt angeschnitten und kontrovers diskutiert. Und wenn wir Grund haben, uns zu wehren, tun wir das auch. In diesen Gesprächen spüren wir sehr deutlich, dass die Versicherer den direkten Austausch mit den Werkstätten möchten. Sie wollen keinen reinen Schadensteuerer, der lediglich zwischen den direkt am Prozess Beteiligten sitzt und mitverdient, sondern sie möchten direkt mit dem Gewerbe zusammenarbeiten.
Könnte es nicht sein, dass sich die Schweiz in Sachen Schadenmanagement lediglich in einem, sagen wir einmal, noch harmonischen Frühstadium derselben Entwicklung befindet, die in Deutschland schon weiter fortgeschritten ist?
Ich denke nicht. Und selbst wenn es so wäre; wir können als Verband keine Position im Sinne von „Wehret den Anfängen“ einnehmen, sondern müssen unseren Einfluss bei den Versicherungen geltend machen und dafür sorgen, dass die Schadensteuerung für beide Seiten fair und wirtschaftlich sinnvoll ist. Bisher sind wir mit dieser Strategie gut gefahren.
Herr Schneider, vielen Dank für das Gespräch. MR

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