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Die Nachfolger kommen

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Die Nachfolger kommen

In vielen Lackier- und Karosseriebetrieben steht ein Generationswechsel an

Die Zahlen sind beeindruckend: In den nächsten fünf Jahren stehen in Deutschland pro Jahr 70.000 Familienunternehmen vor dem Generationenwechsel. An der Spitze der Bundesländer liegen nach neuesten Untersuchungen Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg. 60 Prozent der Inhaber über 55 Jahre haben hinsichtlich einer Nachfolgeregelung bisher nichts unternommen oder sind nur ungenügend darauf vorbereitet. Obwohl drei von vier Unternehmer ihr Lebenswerk innerhalb der Familie weitergeben möchten, zeigt die Realität ein anderes Ergebnis. Tatsächlich verbleiben nach Zahlen des Bonner Instituts für Mittelstandsforschung nur rund 40 Prozent der Unternehmen in der Familie – bei weiter rückläufiger Tendenz. 16 Prozent der Übergaben erfolgen an externe Führungskräfte, die Übertragung an langjährige Mitarbeiter liegt bei 10 Prozent, 20 Prozent der Unternehmen werden verkauft, und mangels Nachfolger stillgelegt werden 8,5 Prozent der Unternehmen. Diese Größenordnungen gelten auch für das Handwerk der Lackier- und Karosseriebetriebe.

Übergabe langfristig planen
In Familienunternehmen geht es um den bestimmenden Einfluss einer Familie oder eines Familienverbandes auf die Entwicklung des Unternehmens. Diese Besonderheit in ihren unterschiedlichen Ausprägungen ist es, die die Erfolgsgeschichte vieler Familienunternehmen erklärbar und nachvollziehbar macht und zugleich konkrete Anhaltspunkte gibt über die Hürden, die im Zeithorizont einer Nachfolgeregelung zu überwinden sind. So dauert eine Nachfolgeregelung fünf bis zehn Jahre. Und dies nicht etwa, weil Familienunternehmen so kompliziert sind, sondern weil es sich um komplexe persönliche Verbindungen handelt – rational wie emotional – die zugleich zentrale Bestandteile der Erfolgsgeschichten vieler Familienunternehmen sind.
Für die Senioren und Seniorinnen geht es um die Übergabe ihres Lebenswerkes. Sie haben nicht selten harte Jahre der Existenzgründung bestritten, sich durch Zweifel gekämpft, ob der gewählte Weg realistisch war. Sie sind schrittweise erfolgreicher geworden und nun vertraut mit den raschen Veränderungen an den Märkten dieser Branche. Die Inhaber haben zwischenzeitlich Spaß daran, dass die Anfangsmühen sich gelohnt haben und fühlen sich – verständlicherweise – nicht selten im Zenit ihrer Erfahrungen. Sich nun aufgrund ihres Lebensalters mit 50/55 Jahren mit der Frage der Weitergabe des Betriebes zu beschäftigten ist zwar sachlich logisch, aber emotional unlogisch.
Für die potenziellen Nachfolger und Nachfolgerinnen zählt zeitgleich im Alter zwischen Anfang 20 und 30 Jahren die berufliche Perspektive für die Zukunft. Manche denken, es ist ja gar keine grundlegende Frage, ich trete ohnehin die Nachfolge im Familienunternehmen an. Andere wiederum haben nach der Lehre, der Meisterausbildung oder dem Abitur zunächst andere Wege beschritten, oder sie waren eine Zeit im Ausland und fühlen sich in der Warteschleife. Auch die Variante, dass die Kinder die Unternehmensnachfolge nicht für sich planen, kommt immer häufiger ins Spiel, wobei hier nicht selten die Grundsicherheit mit hineinspielt, „in der Not“ doch noch in die Betriebsnachfolge eintreten zu können. Für die jungen Frauen kommt überdies die Überlegung und Unsicherheit mit hinzu, wie sich die Familienplanung mit der zukünftigen Betriebsleitung koordinieren lässt.
Alterssicherung entscheidend
Zurück zur Sichtweise der Senioren. Gerade in kleineren Unternehmen hat die Alterssicherung häufig erheblichen Einfluss auf den Zeitpunkt des Rückzuges. Alternativ ist zu einem früheren Zeitpunkt eine monatliche Entnahmereglung aus dem laufenden Betrieb denkbar, sofern der finanzielle Spielraum dies zulässt. Doch auch diesem Weg muss eine Übergabestrategie mit den beteiligten Familienmitgliedern und ihren Partnern vorausgehen, die einvernehmlich abgestimmt ist. Denn es geht um die Zukunftsfähigkeit des Betriebes. Für den Fall, dass eine einvernehmliche Klärung nicht möglich ist oder bei längerfristig bestehenden Unklarheiten über die innerfamiliäre Nachfolge, bleibt die Option, den Betrieb außerhalb der Familie weiterzuführen. Auch der Verkauf kann eine gute Lösung für alle Beteiligten sein. Diese Optionen sind für viele Senioren zunächst kaum vorstellbar, jedoch keineswegs unrealistisch – einen entsprechenden Planungshorizont vorausgesetzt.
Entwicklungspfad
Um bei der komplizierten Mischung aus Anliegen und Zweifeln beider Generationen zum Ziel zu kommen, bedarf es eines Entwicklungsprozesses auf beiden Seiten. Die Junioren und Juniorinnen sind gefordert, ihre Qualifikation zum „Unternehmertum“ herauszufinden, die Grauzonen „aufzurüsten“ und den Nachfolgewunsch aktiv zu vertreten. Den Senioren und Seniorinnen kommt die Aufgabe zu, sich mit ihrer „Unentbehrlichkeit“ auseinander zu setzen und die Entlastung in ihrer persönlichen Perspektivplanung zu entdecken. Kinder mit hervorragender Ausbildung sind noch keine Unternehmer und erfolgreiche Unternehmer sind nicht zwangsläufig gute Lehrmeister! Was also ist zu tun, um dieses Dilemma aufzulösen?
  • 1. Mit der jungen Generation muss geklärt werden, inwieweit sie sich die Verantwortung, ein Unternehmen zu leiten, realistisch zutrauen
  • 2. Mit den erfolgreichen Inhabern muss geklärt werden, ob sie bereit sind, den Veränderungsprozess in den Generationenübergang einzuleiten.
Da jedes Unternehmen eine eigene Geschichte hat, bedarf es einer individuellen Betreuung und Lösungsentwicklung für jeden einzelnen Betrieb. Die für die Beteiligten „richtigen Schritte“ zum nachvollziehbaren Zeitpunkt zu gehen, ist die Kunst in der Beratung von Familienunternehmen und in der Ausbildung der nächsten Generation.

Expertin in Sachen Nachfolge

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Die Autorin Anne Bernlöhr M.A. ist in einem Handwerksbetrieb in Baden-Württemberg aufgewachsen. Nach dem Studium der Politikwissenschaft mit Schwerpunkt Wirtschaft folgten Ausbildungen zur Beratung im Mittelstand (EG/EU) und Systemische Ausbildungen zur Bearbeitung schwieriger Veränderungsprozesse. Seit 20 Jahren berät Anne Bernlöhr Familienunternehmen. Sie bildet Junioren auf dem Weg zum Unternehmer aus, hält Fachvorträge und schreibt über ihre Erfahrungen. In der Lackiererbranche bringt sie ihre Erfahrungen zum Beispiel im Rahmen von Repanet Next Generation (RNG) ein. Dieses von der Autorin in Zusammenarbeit mit Repanet e.V. sowie Unternehmern (Beiratsmitglieder) entwickelte Konzept unterstützt den Findungsprozess zwischen beiden Generationen in optimaler Weise. Eines der Ziele dabei besteht darin, dass jeder Ausbildungsteilnehmer für sich in diesem Zeitraum herausfindet, inwieweit er/sie ein Unternehmertyp ist oder bewusst eine andere berufliche Entwicklung anstrebt. Wie hilfreich eine professionelle Begleitung des Entscheidungsprozesses ist, bewies das positive Echo der Teilnehmer nach bestandener Abschlussprüfung (siehe Seite 5).

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