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Schnell rein, schnell raus

Lackieranlagen Technik
Schnell rein, schnell raus

Bei CARExpress hat jeder Mitarbeiter seine Mini-Werkstatt

Wer im niederländischen Harderwijk die CARExpress-Werkstatt besucht, muss seine Vorstellung davon, wie ein Karosserie- und Lackierbetrieb üblicherweise auszusehen hat, ein wenig korrigieren. Eine Werkstatthalle etwa sucht man vergeblich. Keine Vorbereitungszone auf der einen, kein Kabinentrakt auf der anderen Seite. Finishbereich: Fehlanzeige.
Von der klassisch gestalteten Reparaturannahme führt zwar eine Tür in den „operativen Bereich“ des Betriebs; durch diese Tür betritt man allerdings nur einen relativ schmalen Gang, von dem aus man zur Rechten in drei, zur Linken in zwei identisch ausgestattete Reparaturboxen gelangt. „RS“ lautet das Kürzel des federführenden Anlagenherstellers Rowit für diese Boxen. Die zwei Buchsteben stehen für Reparaturstationen. „An den Reparaturstationen behebt ein Mitarbeiter einen Schaden vom Anfang bis zum Ende“, erklärt Joop van Nieuwenhoven, einer der beiden Rowit-Geschäftsführer.
Von den seit Längerem diskutierten Multifunktionsarbeitsplätzen oder Smartrepair-Stationen möchte van Nieuwenhoven sein Konzept allerdings abgrenzen: „Unser RS-Konzept sieht anders, als es bei Multifunktionsplätzen der Fall ist, keine technisch oder durch den Arbeitsschutz definierte Reparatur-Obergröße vor. Es kann ab einem gewissen Reparaturumfang sinnvoller sein, in einer klassischen Kabine zu lackieren – diese Grenze definiert aber alleine der Mitarbeiter. Unsere RS-Stationen sind geeignet, um einen Front- oder Heckschaden zu reparieren, aber auch eine komplette Seite ist möglich. Mit anderen Worten: Es können 70 bis 80 Prozent der Unfälle repariert werden.“ Konzipiert wurde die CARExpress-Werkstatt in Hardewijk, die Teil der niederländischen CARE-Werkstattkette ist, als Anlaufstation für kleine bis mittlere Schäden. Große Schäden mit umfangreichem Karosserieanteil werden heute noch in Harderwijk begutachtet, dann aber an spezialisierte Betriebe innerhalb der CARE-Gruppe weitergegeben.
Standardisierte Abläufe
Die personelle Ausstattung des Betriebs besteht aus zwei Annehmern – die Kalkulation erfolgt innerhalb der CARE- Gruppe auf Basis der in der Annahme erfassten Daten zentral – und fünf produktiven Miterbeitern, die in ihren fünf Reparaturstationen 45 bis 50 Fahrzeuge pro Woche reparieren.
Die technische Ausstattung der CARExpress-Werkstatt ist zwar auf neuestem Stand, aber alles andere als abgehoben: Diagonale Absaugung und Belüftung, mobile Stativ-Infrarottrockner, Farbtonmessgeräte. „Wir Holländer gehen an die Anlagentechnik kaufmännisch-nüchtern heran“, erläutert van Nieuwenhoven. „Zweckmäßigkeit ist Trumpf, und was sich nicht innerhalb eines überschaubaren Zeitraums amortisiert, kommt nicht in Frage.“ Mindestens ebenso wichtig wie die technische Ausstattung ist die Gestaltung der Prozesse. Bei der CARE-Group als Werkstattkette wurde seit jeher Wert auf einheitliche Prozesse gelegt. Ein schlankes Sortiment an identischen, in allen angeschlossenen Werkstätten verwendeten Produkten – vom Schleifpapier über den Lack bis zur Politur – sorgt für standardisierte Abläufe und erleichtert den Wechsel oder die Einarbeitung von Mitarbeitern.
Ein Mann, ein Auto
Entscheidend an der Entwicklung des RS-Konzepts beteiligt war Sven Zipp, der bis vor kurzem bei der CARE-Group für Prozesse verantwortlich war. „Mit einem kleinen Team haben wir uns den ganzen Tag mit der Optimierung der Prozesse beschäftigt“, berichtet Zipp, „und uns gefragt, wo innerhalb des Prozesses Zeit verschwendet wird. Wie kann es zum Beispiel sein, dass es manchmal vier Tage braucht, um ein Auto zu reparieren, wenn die effektive Arbeitszeit nur vier Stunden beträgt? Die Antwort darauf ist denkbar einfach: Jedes Mal, wenn ein Fahrzeug von einer Abteilung in die nächste, von einem Bearbeiter zum anderen wechselt, geht Zeit verloren. Daher lautet unser Prinzip: Ein Mann, ein Auto.“ Dass dieses Konzept in Hardewijk aufgeht, zeigt die gestiegene Anzahl von Reparaturen, die nicht etwa darauf beruht, dass mehr Kleinschäden repariert werden. Ursache dafür ist, dass sich die Spanne der vor Ort reparierten Schäden im Lauf der Zeit nach oben hin erweitert hat. „Ursprünglich ging man davon aus, hier 60 bis 70 Prozent der Schäden reparieren zu können und den Rest an schweren Schäden weiterzusteuern “, berichtet Joop van Nieuwenhoven, „heute liegt die vor Ort reparierte Quote bei 85 Prozent, denn die Mitarbeiter nutzen die Technik der Reparaturstationen immer besser und kreativer aus.“
Anmerkung der Redaktion: Die Recherche zu diesem Beitrag erfolgte bereits Ende letzten Jahres. Mittlerweile wurde die CARE-Gruppe, die sich im Besitz einer holländischen Bank befand, aufgelöst. Einige Betriebe wurden geschlossen, andere einzeln oder in Gruppen an Einzelunternehmen oder andere Werkstattketten verkauft.

Michael Rehm

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