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„Wir sind doch kreativ!“

Design
„Wir sind doch kreativ!“

Vom Fahrzeuglackierer zum Ideengeber und Problemlöser rund um das Thema Oberfläche

Michael Rehm

„PS-Oberflächen“ – wer auf einen Lackierbetrieb mit dieser Firmierung stößt, könnte leicht auf falsche Gedanken kommen; zum Beispiel, dass man sich hier mit der Lackierung besonders leistungsstarker Fahrzeuge beschäftigt. Doch PS steht schlicht für Peter Stücker. „Mit Autos haben wir hier nur noch ganz wenig zu tun“, erzählt der Träger der Initialen. „und ob wir noch ein richtiger Lackierbetrieb sind, frage ich manchmal selbst.“ Schließlich besteht seine Klientel heute vor allem aus Designern, Architekten, Prototypenbauern und Künstlern. Angefangen hat Peter Stücker, dessen Betrieb im westfälischen Sassenberg liegt, aber sehr wohl als klassischer Autolackierer. Erst als Ein-, dann als Zwei-Mann-Unternehmen, zusammen mit seinem jetzigen Geschäftspartner und Werkstattleiter Moritz Haring, hat er vor über zwanzig Jahren Autos lackiert und nebenbei Designlackierungen angeboten. „Das Autogeschäft ist mir aber immer stärker auf den Geist gegangen“, bekennt Peter Stücker freimütig. „Es gab einfach zu viele Lackierer, bei Autohäusern hat man sich gegenseitig unterboten, Privatkunden wollten alles zum Schnäppchenpreis – wir mussten raus aus dieser Mühle.“
Der Zufall stand Pate
In welche Richtung die Reise gehen sollte, war noch nicht so klar. „Wir haben uns einfach gesagt, wir sind doch kreativ, da müsste sich doch was finden lassen“, erinnert sich Peter Stücker. Den entscheidenden Anstoß brachte dann ein Anruf bei VW in Wolfsburg. „Heute klingt das komisch, aber ich habe damals ganz blauäugig bei VW angerufen und gefragt, ob ich mal jemanden vom Design sprechen könnte. Dem hab ich dann erzählt, was wir so machen, dass wir tolle Ideen haben, Sonderlackierungen machen und viel Design, dass wir Chromeffekte lackieren können, solche Sachen halt.“ Offenbar hatte Peter Stücker genau den Richtigen an der Leitung, denn die knappe Antwort lautete: Vorbeikommen. „Wir sind dann zu VW gefahren, haben den Designern Effektlackierungen, Metallisierung und Verchromung gezeigt – und die fanden das ganz toll“, erzählt Stücker, „denn auf die Art konnten sie schnell mal einen Prototypen oder ein Tonmodell realistisch aussehen lassen.“
Der Anfang war gemacht, und in Peter Stücker begann es zu arbeiten. „Chrom, Kupfer, Edelstahl, Keramik – kein Designer kann einen Prototypen aus diesen Materialien fertigen. Aber wenn jemand ein Waschbecken-Modell aus PU-Schaum gefräst hat, sollte es natürlich trotzdem aussehen wie Keramik – warum also nicht lackieren? Und nach dem Prototypen beginnt ja nicht gleich die Serienproduktion. Bevor irgendein Produkt in Serie gefertigt wird, gibt es Vorserienmodelle, die noch nicht industriell, sondern handwerklich beschichtet werden. An der Schnittstelle zwischen Design und Produktion musste es also, so dachten wir uns, jede Menge Arbeit für Leute geben, die alle diese Oberflächen imitieren können.“
Mit dieser Einschätzung lag Peter Stücker richtig. Designer und Prototypenbauer zählen heute zu seinen wichtigsten Kunden. Dabei geht es lange nicht mehr nur darum, Materialien wie Stahl oder Keramik zu imitieren. Auch Ideen für neue und ungewöhnliche Oberflächengestaltungen sind bei Kreativen gefragt. „Metallics-, Flip-Flop- oder Mattlacke, Soft-Touch-Lacke oder Lasuren – für einen Lackierer ist diese gestalterische Fülle normal – Innenarchitekten, Designer oder Ladenbauer sind dagegen von dieser Vielfalt überrascht, fasziniert und in gewisser Hinsicht beinahe überfordert.“
Gekonnt präsentieren
Eine wichtige Rolle spielt daher eine strukturierte Präsentation der Oberflächen. Umfangreiche Musterkollektionen nehmen gleich mehrere Räume in Peter Stückers Betrieb ein. In einem Raum gibt es zum Beispiel nur Metalleffekte zu sehen: Kupfer, glänzend neu oder unterschiedlich stark patiniert, Edelstahl, glänzend, matt, gebürstet, Aluminium, Bronze. „All das muss ein Kunde sehen und anfühlen, um dann wiederum die eigene Phantasie spielen zu lassen“, weiß Peter Stücker. Oft lässt er Kunden stundenlang alleine, um sich von über 2.000 auf unterschiedlichste Materialien aufgetragenen Mustern inspirieren zu lassen. Eine wirkungs- und phantasievolle Präsentation des lackiertechnischen Leistungsspektrums vermisst Peter Stücker auch bei vielen seiner Lackiererkollegen. „Sobald ein Kunde einen vom Standard abweichenden Auftrag hat, sind Farbpaspeln ein bisschen langweilig“, meint Stücker, „aber ich kann ja nur verkaufen, was ich auch zeigen kann“, so die Erfahrung von Peter Stücker, der seine Kollektionen auch auf Designer- und Architekturmessen präsentiert.
So wichtig es ist, Inspirationen und Ideen zu liefern – umgekehrt muss es natürlich möglich sein, Kunden, die bereits konkrete Vorstellungen haben, schnell die lacktechnische Lösung ihres Problems zeigen zu können. Wenn etwa ein Designer seine Idee umgesetzt hat – besser noch davor – muss man natürlich auch über die Serienproduktion nachdenken. Die unbegrenzte Vielfalt an möglichen Oberflächen lädt dazu ein, der Phantasie freien Lauf zu lassen. „Manche optisch interessanten Oberflächen scheiden aber unter Umständen auch wieder aus“, weiß Peter Stücker, „zum Beispiel, weil ein Automat sie nicht lackieren kann. Oder weil sich eine Design-Idee nicht mit bestimmten Gewährleistungsansprüchen an die Oberfläche verträgt. All dies besprechen wir intensiv mit den Designern.“
Lackieren als Kunst
Ähnlich intensiv ist die Zusammenarbeit mit einer weiteren Kundengruppe, die auf den ersten Blick exotisch anmutet: Zahlreiche namhafte Künstler nutzen die Gestaltungskompetenz von PS- Oberflächen, um ihre Werke, in der Regel Skulpturen, mit Farben, Effekten oder auch Schutzbeschichtungen zu versehen. Auch hier stand ganz zu Anfang der zufällige persönliche Kontakt zu einem Künstler, der bei PS Oberflächen eine Möglichkeit suchte – und fand –, seine Skulpturen zu verchromen. Weil die Kunstszene aber sehr eng vernetzt ist, hat sich hier schnell ein weiteres Standbein für das Unternehmen entwickelt – und auch noch ein besonders spannendes. „Künstler haben oft eine genaue Vorstellung davon, wie die Oberfläche einer Skulptur nachher aussehen soll“, weiß Peter Stücker, „sie sind aber, was Materialien und Umsetzung angeht, sehr unbedarft. Sie haben eine Idee im Kopf und brauchen Leute, die sich darauf einlassen. Die endgültige Gestaltung entsteht dann oftmals erst nach langen Gesprächen und einigem Herumexperimentieren, manchmal gemeinsam mit den Künstlern.“
Den Weg vom Fahrzeuglackierer hin zum Ideengeber und Problemlöser rund um das Thema Oberfläche hat Peter Stücker nicht bereut; die Nische, die er belegt, ist zwar schmal, doch er füllt sie konsequent aus. Auf der Referenzliste seines Unternehmens findet sich ein who is who von Unternehmen aus Industrie, Design, Kunst, Ladenbau, Sanitär und Automotive. Auch die Ertragsmöglichkeit stimmt. „Es ist beileibe nicht so, dass der Preis keine Rolle spielt – aber es gibt halt nicht wie beim Autolackieren gleich um die Ecke einen, der dasselbe, nur eben billiger anbietet. Eigentlich muss ich sehr genau überlegen, ob es überhaupt jemanden gibt, der dasselbe wie wir anbietet.“
Weitere Informationen:www-ps-oberflächen.de

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