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„Eigentlich machen wir hier Farbberatung“

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„Eigentlich machen wir hier Farbberatung“

Individualisierung durch Farbe ist bei Fahrrädern ein echtes Erfolgsrezept

Welche Farbe hat eigentlich eine Fahrradkette? Stahlgrau, würden wohl die meisten sagen, beim Gedanken an das eigene Rad vielleicht auch schmierig-schwarz oder rostrot – womit man bis vor einiger Zeit die farbliche Bandbreite der Fahrradkette ziemlich umfassend beschrieben hätte. Hätte, hätte, Fahrradkette … Wer sich heute im Internet bei Anbietern wie Urbike ein hippes Singlespeed-Bike konfiguriert, hat die Wahl zwischen sieben Farben – alleine für die Kette. Das Kettenblatt gibt es bereits in 18 Farben, noch viel mehr Optionen gibt es für Rahmen, Lenker und Vorbau; selbst bei den Reifen sind zwölf Farbtöne in der Auswahl – für jeden einzelnen, wohlgemerkt, man will ja vorne nicht unbedingt dieselbe Farbe wie hinten haben. So ergeben sich unzählige Kombinationsmöglichkeiten, je nach individuellem Geschmack der Käufer. „Du bist Dein Fahrrad“, lautet folgerichtig der Slogan, mit dem die Firma Urbike ihre Kunden zu Individualisten und ihre Produkte zu Unikaten macht. Dabei sind, abgesehen von der Farbe, die Fahrräder eher standardisiert und auf das Notwendige beschränkt. Mass customization nennt man das im Fachjargon. Ob „massenhafte Individualisierung“ oder „individualisierte Massenproduktion“; gleich wie man den Begriff übersetzt, er bleibt widersprüchlich, denn natürlich schließen sich Massenproduktion und individuelle Anpassung an Kundenwünsche im Grunde aus – es sei denn, man findet einen Weg, größtmögliche Unterscheidbarkeit mit geringstmöglichem Aufwand zu erzeugen. Farbe ist da ein perfektes Mittel. Das Internet ist Motor und Voraussetzung für diese Art von Individualisierung von Produkten. Man formt sich am Konfigurater mit ein paar Klicks nach einem Baukastensystem sein Wunschprodukt und lässt sich seine persönliche Kreation nach Hause liefern. Oder man schaut sich mögliche Varianten vor Ort an, zum Beispiel im Urbike-Shop mitten in München-Schwabing. Mike Glaser, einer der beiden Firmengründer, sieht in der Möglichkeit, sein Rad direkt im Shop zu konfigurieren oder die zuhause gewählte Konfiguration noch einmal zu überprüfen, einen deutlichen Wettbewerbsvorteil. Etwa ein Drittel ihres Umsatzes erzielt seine Firma übers Internet, je ein Drittel steuern die beiden Läden in München und seit neuestem in Hamburg bei. Weitere Shops in Köln und Berlin sind geplant.

Mit Farben spielen
In den Shops spielt das Thema Farbe eine wichtige Rolle. An der Wand hängen lackierte Mustertafeln aller verfügbaren Farbtöne für Rahmen und Anbauteile. Für Autolackierer ist das ein gewohntes Bild, die Urbike-Kunden im Laden sind von der Farbtonfülle fasziniert und beinahe ein wenig überfordert. „Mann, ist das kompliziert“, stöhnt gerade ein junger Mann, der gemeinsam mit seiner Begleiterin eigentlich nur noch vor Ort ein letztes farbliches Detail klären, einen Farbton statt am Bildschirm in natura sehen wollte. Nun nimmt er ein Farbmuster nach dem anderen von der Wand, vergleicht es mit den Ausstellungs-Bikes im Laden und fragt nach möglichen Kombinationen und Matt-heitsgraden. „Es ist schon komisch“, sinniert Mike Glaser, „in normalen Fahrradläden geht´s um das Gewicht des Rahmens, um Ketten- oder Nabenschaltung, Felgen- oder Scheibenbremse – wir machen hier eigentlich nur Farbberatung.“ Derweil verlässt der Kunde grübelnd den Laden – die Entscheidung wird noch einmal vertagt. Unterdessen steht ein anderer Interessent schon seit einer Viertelstunde am Computer und spielt im Konfigurator permanent neue Farbkombinationen durch. Beratend eingreifen muss Mike Glaser in diesem Fall nicht. „Der Kunde hat schon längst sein Fahrrad bekommen, er kommt heute nur vorbei, um ein bisschen mit den Farben herumzuspielen.“
Der Fertigungsprozess läuft bei Urbike in zwei Stufen: Rahmen, Gabeln und Lenker werden in Taiwan geordert, wo beinahe alle Fahrradhersteller fertigen lassen. Die Montage der Räder und die Pulverbeschichtung aller lackierbaren Teile – vom Kettenblatt über die Schutzbleche bis hin zum Rahmen – erfolgt in einer tschechischen Werkstatt. Rund drei Wochen muss man nach der Bestellung auf das individuell lackierte Rad warten – derzeit ein wenig länger, denn wie gesagt, das Geschäft mit den farbigen Rädern läuft richtig rund. MR

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