Es herrscht Hochbetrieb im Spies-Hecker-Trainings-Center. In der großen Kabine lackieren Seminarteilnehmer unter Aufsicht von Anwendungstechniker und Caravan-Experte David Kukies Coil-Coating-beschichtete Paneele. Sie sind Caravan-Seitenteilen nachempfunden. Im Vorbereitungsbereich demonstriert Rainer Seidel als externer Experte für Caravan- und Wohnwagenreparatur, wie man die bei diesen Fahrzeugen immer noch extrem verbreitete Hammerschlag-Struktur repariert und reproduziert. Eine dritte Gruppe von Seminarteilnehmern tauscht sich über eigene Erfahrungen mit der Caravan- und Wohnwagenreparatur aus. „Das Caravan-Seminar gehört zu unseren erfolgreichsten Weiterbildungsangeboten“, erläutert David Kukies.
Extrem hohe Nachfrage
Die erste Auflage der Spies-Hecker-Caravan-Lackakademie in Köln war vollständig ausgebucht. Wegen der hohen Nachfrage hatten Lackierer bei einem Zusatztermin erneut die Gelegenheit, sich zur fachgerechten Wohnmobilinstandsetzung zu informieren. Und auch da waren alle Plätze belegt. Kein Wunder, denn Caravan-Reparaturen häufen sich. Über eine Million Caravans, Reisemobile und Wohnwagen sind in Deutschland zugelassen. Und natürlich treten da auch Schäden auf, durch Unfälle oder ganz einfach durch Unachtsamkeit. Und diese Schäden können teuer werden. Denn eine Caravan- oder Wohnwagenreparatur wird aufgrund der komplizierten Anforderungen durch die strukturierten Oberflächen sehr teuer.
Unsichtbare Caravan- und Wohnwagenreparatur ist gefragt
Eine unsichtbare Reparatur setzt entweder den großflächigen und teuren Austausch der Karosserieteile voraus – oder eine exakte Wiederherstellung der Struktur mithilfe eines „Stempel-Verfahrens.“ Dazu kommen große Herausforderungen durch die unterschiedlichen und teils ungewohnten im Caravanbau eingesetzten Materialien. Nicht zuletzt sorgen ganz spezifische lackiertechnische Schwierigkeiten dafür, dass viele Betriebe mit solchen Aufträgen schlicht überfordert sind. So zeichnen sich die in der Regel verbauten Coil-Coating-Bleche durch eine minimale Strukturierung aus. Diese ist mit der Handlackierung nicht eins zu eins nachzustellen. Deshalb muss, um das Auge zu täuschen, in aller Regel möglichst großflächig beilackiert werden. Nur so entsteht ein weicher Übergang.
Geprüfte Caravan-Expertise
Einen Nachweis für „Caravan-Kompetenz“ hat der Zentralverband Karosserie- und Fahrzeugtechnik mit dem „Caravan-Fachbetrieb“-Siegel geschaffen. Mit 55 bis 60 solcher Betriebe rechnet Klaus Boos, beim ZKF Referent für Nutzfahrzeugtechnik, im Laufe dieses Jahres. Und im Idealfall sind die schön gleichmäßig über Deutschland verteilt. Voraussetzung für das Siegel ist ein Eintrag in die Handwerksrolle als Karosserie- oder Fahrzeugbaumeister. „Dazu muss man einen Kriterienkatalog erfüllen, der es durchaus in sich hat“, erläutert Klaus Boos.
Alle zwei Jahre eine Überprüfung
„Dieser Kriterienkatalog wurde von den Caravan-Experten von ZKF und Dekra gemeinsam entwickelt und alle zwei Jahre steht eine Überprüfung der Zertifizierung an.“ Dass dieser Aufwand sich lohnt, steht nicht nur für Klaus Boos außer Frage. „Mehr und mehr beginnen auch Versicherungen, Caravan-Schäden im Betrieb zu steuern die in der Lage sind, relativ kleinflächig zu reparieren und so Kosten zu sparen.“ Wer den Umgang mit den speziellen Untergründen und Materialien beherrscht, hat also gute Chancen, sich im Bereich der Caravan- und Wohnwagenreparatur ein solides Standbein aufzubauen. mr ■
„Der Materialmix beeinflusst die komplette Instandsetzung“
Herr Kukies, welche Faktoren haben Einfluss auf die Caravan-Reparatur?
In Wohnmobilen und Caravans sind viele unterschiedliche Materialien, wie Aluminium, PMMA, PUR, Holz, ABS und GFK, verbaut. Dieser Materialmix beeinflusst den kompletten Instandsetzungsprozess von der Farbtonfindung bis zur Lacktrocknung. Darüber hinaus stellt die geringe Lackschichtdicke die Lackierer vor besondere Herausforderungen. Das beginnt bereits bei der Vorbereitung, denn PMMA, welches bei Stoßstangen und Kühlergrills Anwendung findet, ist beispielsweise sehr lösemittelempfindlich. Daher sollte der Lackierer hier nur milde Reinigungsmittel verwenden, um Versprödung oder Rissbildung im Material zu vermeiden.
Welche Besonderheiten sind bei der Farbtonfindung zu beachten?
Die Farbtonbestimmung bei Caravans ist sehr komplex. Die Bleche für Caravans werden in der Serie im Bandwalzverfahren hergestellt und pulverbeschichtet. Die Lackschichtdicke beträgt zwischen 35 bis 40 Mikrometer. Zum Vergleich: Beim Pkw liegt sie zwischen 120 und 140 Mikrometer. Deshalb ist es empfehlenswert, für den Farbtonabgleich eigens erstellte Musterbleche als Orientierungshilfe einzusetzen.
Welche Auswirkungen hat die geringe Farbschichtdicke der Caravan-Bleche auf den Lackierprozess?
Auch die Lackstärke im Reparaturbereich ist mit 100 und 130 Mikrometer deutlich niedriger als beim Pkw. Der Lackaufbau muss darauf abgestimmt sein. Es bieten sich daher lufttrocknende Produkte an wie der Permasolid HS Speed Füller 5500 und der Permasolid HS Speed Klarlack 8800. Den Füller kann der Lackierer nach weniger als einer Stunde Lufttrocknung schleifen.
Was ist bei der Trocknung darüber hinaus zu beachten?
Durch den Materialmix können bei zu hohen Temperaturen Schäden entstehen. Das gilt insbesondere bei der Infrarottrocknung: Die starke Hitzeentwicklung kann das verbaute Aluminium und auch PUR-Verbindungen deformieren und so irreparable Schäden verursachen. Daher bieten sich lufttrocknende Produkte an.
„Das Caravan-Seminar gehört zu unseren erfolgreichsten Weiter-
bildungsangeboten.“
„Wir rechnen im Laufe
dieses Jahres mit 55 bis 60 Caravan-Fachbetrieben.“
Einige Eindrücke und Infos vom Caravan-Seminar haben wir in einem Video gesammelt. Einfach mal reinschauen!