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Wer Glas repariert, muss aufrüsten

Technik
Wer Glas repariert, muss aufrüsten

Scheibenaustausch ist immer häufiger mit Diagnose und Kalibrierung von Fahrerassistenzsystemen verbunden

Quelle: Hella Gutmann

Mit dem Fernziel „Autonomes Fahren“ investieren die Automobilhersteller und Zulieferer weltweit in immer komplexere Fahrerassistenzsysteme (FAS). Zudem rücken Vorteile hinsichtlich Komfort und Sicherheit die modernen FAS in die Gunst der Neuwagenkäufer. Die Vielfalt an High-tech-Sensoren wird also künftig eher noch zunehmen. Wohl demjenigen, der sich rechtzeitig darauf einstellt. Während etablierte FAS wie das Antiblockiersystem, die Anti-schlupfregelung und elektronische Stabilitätsprogramme noch mit den Informationen simpler elektrischer und mechanischer Sensoren auskamen, arbeiten die jüngeren FAS auch mit Informationen von Videokameras, Radar- und Infrarotsensoren. Laserscanner sollen in Kürze folgen. Auf der Basis solcher 3-D-Informationen übernehmen FAS quasi in Echtzeit Plausibilitätsprüfungen des Fahrerverhaltens in Relation zum Fahrzeugumfeld und den Fahrbedingungen. Je nach FAS wird der Fahrer gewarnt bzw. informiert oder es wird ein aktiver Eingriff vorgenommen.
Es liegt in der Natur der Sache, dass Hightech-Sensoren zur Umfelderfassung in der Fahrzeug-Außenhaut positioniert sind: Radar- und Infrarotsensoren im Wesentlichen in den Front- und Heckmodulen, Kameras in den verglasten Bereichen. Längst sind solch FAS nicht mehr der Oberklasse vorbehalten: Ob VW Golf, Ford Focus oder Nissan Qashqai – immer häufiger befindet sich eine Kamera hinter der Frontscheibe. Sie bildet somit einen festen Bestandteil der Glasschadenreparatur! Auch Radarsensoren und Rückfahrkameras sind im Kommen. Darauf müssen sich K&L-Werkstätten einstellen – insbesondere diejenigen, die auch Scheibenreparatur und -austausch ausführen.
Während die Programmierung eines vergleichsweise simplen Regensensors nach dem Scheibentausch mit einem Profi-Diagnosegerät in Minutenschnelle durchgeführt werden kann, verlangen FAS mit Kameras deren hochgenaue optische Kalibrierung. Die Kamera nach dem Scheibentausch einfach nur in den vormontierten Halter an der Scheibe zu klicken, beschreibt keine fachgerechte Arbeit. Kundenbeanstandungen sind vorprogrammiert. Zwar besitzen viele Systeme schon eine Selbstjustierung seitens des Steuergeräts, doch diese funktioniert in der Regel nur innerhalb eines gewissen Regelfensters. Wird die Kameraposition durch einen Scheibentausch verändert und anschließend nicht neu kalibriert, kann dieses Regelfenster bei Beladungsänderungen schnell überschritten sein. Dann geht das FAS außer Betrieb – unangenehm, wenn es sich nur um ein Komfortsystem wie das Head-up-Display handelt, aber fatal, wenn es sich um ein sicherheitsrelevantes System wie den Spurhalteassistent handelt. In jedem Fall stellt ein nicht funktionierendes FAS einen Beanstandungsgrund bei der technischen Abnahme bzw. HU des Fahrzeugs dar.
Exakte Ausrichtung
Doch entgegen mancher Meldung kommt man allein mit einem guten Diagnosegerät bei der Kalibrierung eines 3-D-Sensors wie der Videokamera meist nicht zum Ziel. Da sie aufgrund ihrer hohen Präzisionsanforderungen nicht auf die Karosserie, sondern parallel zur Fahrachse, also auf die Hinterachse, ausgerichtet sein muss, ist für ihre Kalibrierung/Justierung zusätzlich eine Vorrichtung zur Vermessung/Kalibrierung der Sensoren auf der x-, y- und z-Achse des Fahrzeugs nötig. Erschwerend kommt hinzu, dass so gut wie jeder Automobilhersteller sein eigenes Süppchen kocht – sowohl hinsichtlich der Kalibrierungs-Vorgehensweise als auch bei der Kalibriertafel mit deren Hilfe das Kamera-Steuergerät das Ist-Bild mit dem hinterlegten Sollbild abgleicht.
Aus diesem Grund hat der Diagnose-Spezialist Hella Gutmann Solutions ein Multimarken-System entwickelt. Wir berichteten bereits darüber, siehe Lackiererblatt 2/2014. Das sogenannte CSC-Tool (Camera & Calibration Tool) funktioniert zwar ausschließlich mit den Diagnosegeräten der mega macs-Reihe, doch die Investition rechnet sich. „Wenn es das CSC-Tool von Hella Gutmann nicht gäbe, wäre die markenübergreifende Kalibrierung von Kameras nicht bezahlbar, denn jeder Hersteller arbeitet mit seinem eigenen System“, erklärt Martin Klein, Technischer Betriebsleiter der AES Autoglas GmbH und Vorstandsmitglied im Bundesverband Autoglaser (BVA). „Wenn man in einigen Jahren noch im Geschäft sein will, muss man sich mit Know-how und der entsprechenden Werkstattausrüstung auf die korrekte Kalibrierung dieser Sensoren einrichten“, bestätigt auch Andreas Müller, Kassenprüfer im Verband und selbst Inhaber zweier Autoglas-Betriebe.
Know-how und Ausrüstung
„Heute gibt es schon automatische Fernlichtsysteme, die Objekte in einer Distanz von 500 Metern erfassen, und neue Lasersysteme schauen sogar schon 800 Meter voraus. Da bedeutet die geringste Abweichung der Kamera, dass der abgeblendete Bereich des Scheinwerfers ein paar Meter neben dem realen Objekt liegt. Der entgegenkommende Verkehr wird geblendet und damit gefährdet.“
In ihren eigenen, insgesamt acht Filialen entlang der A 7 und A 96 haben die beiden Autoglas-Ausbilder schon seit rund zwei Jahren Praxiserfahrungen mit den Handheld-Diagnosegeräten mega macs 50 und mega macs 42 SE gesammelt. Ihr Wissen geben sie demnächst weiter – durch die Gründung des Autoglas Schulungs Centers (ASC) in Neu-Ulm. „Wir dachten ursprünglich nur daran, Schulungen für Autoglaser anzubieten, haben uns aber aufgrund des starken Interesses auch anderen Werkstätten geöffnet“, erklärt Martin Klein. Damit dort bald die ersten 2-Tages-Lehrgänge zum Thema FAS stattfinden können, arbeiten sie eng mit Hella Gutmann Solutions zusammen. Aufgrund der guten Erfahrungen und einfacher Handhabung wurde jetzt auch die neue Schulungsstätte mit zehn mega macs 42 SE und einem mega macs-PC in speziellen Autoglaser-Varianten „Glass Plus“ ausgestattet. Karosseriebetriebe, die Glas reparieren und austauschen, werden dagegen auf die „Body Plus“-Variante zurückgreifen – auch sie enthält die erforderlichen Informationen über Glas. Außerdem erhielt das ASC eines der ersten CSC-Kalibriertools. Die Kalibriervorrichtung für Kameras (und optional Radarsensoren) aus dem Haus Hella Gutmann ist bis dato auf dem Markt ohne Alternative, wenn an Fahrzeugen unterschiedlicher Hersteller gearbeitet werden soll.
Auch für Hella Gutmann ist die Zusammenarbeit mit den Spezialisten des ASC, als markenneutrale Ausbildungsstätte interessant und kommt einer optimierten Weiterentwicklung der Branchenlösung „Glass Plus“ für den mega macs 42 SE und mega macs PC sowie des CSC-Tools zugute. Das Feedback der „verlängerten Werkbank“ floss in den konstruktiven ‚Feinschliff’ des Kalibriertools ein.

Kalibrierung Schritt für Schritt Wie rasch eine Kamerakalibrierung ablaufen kann und worauf man achten muss, demonstrierten die beiden Ausbilder vorab am Beispiel VW Golf 7 mit Spurhalteassistent. Dauer: 20 Minuten!
Anschließen des VCI (kabel-loses mega macs Kommunikations-Modul) an die OBD-Schnittstelle im Fahrzeug 1
Im Zweifelsfall hilft der mega macs mit einer Positionsangabe. Die Fahrzeugidentifikation erfolgt bei einem derart jungen Fahrzeug sogar automatisch über die im Steuergerät hinterlegte VIN (Vehicle Identification Number). Im Menüpunkt >Grundeinstellungen< wird >Kamera kalibrieren< ausgewählt. Dann „sagt“ der mega macs, was zu tun ist.
Die richtigen Voraussetzungen schaffen
Zur Fahrzeug-Vorbereitung gilt es die vom mega macs genannte modellspezifische Checkliste abzuarbeiten. 2 Sie beinhaltet u.a. den korrekten Luftdruck, die ebene Stellfläche, den Anschluss einer ausreichenden Stromerhaltungsquelle etc.
Die exakte Ausrichtung des CSC-Grundträgers zur Fahrachse des Fahrzeugs
Der mega macs nennt den vom Fahrzeughersteller für die Kalibrierung definierten Abstand der Kalibriertafel zur Vorderachse. Dieser wird per Meterstab eingerichtet. 3 Dann wird je ein Lasermesskopf an den Hinterrädern des Fahrzeugs fixiert. 4 Deren Laser zielen auf die Skalen rechts und links am Justierbalken des Trägers. Über Spiegel unterhalb der Skalen wird der Laserstrahl zum Radaufnehmer zurückgelenkt. Stimmen die Werte überein, steht das Fahrzeug mittig und parallel zum Grundträger.
Positionierung der Kalibriertafel
Gemäß der Angabe des mega macs wird die eigentliche Kalibriertafel exakt in der vorgegebenen Höhe und im definierten Abstand zur Mitte der Vorderräder positioniert. 5 Libellen und Maßeinteilungen am Grundträger helfen bei der Positionierung.
Erfassen der Ist-Höhen am Fahrzeug
An allen vier Radpositionen werden die Höhen vom Boden bis zu den Kotflügel-Unterkanten gemessen und in der mega macs-Maske eingetragen. 6
Kalibrierung
Sind diese Werte eingetragen, startet der mega macs den eigentlichen Kalibrier-Vorgang. 7 Das Kamerasteuergerät gleicht das hinterlegte Soll-Bild mit dem Ist-Bild auf der Tafel ab – fertig!
Dokumentation
Im Anschluss bietet der mega macs die Möglichkeit zur offiziellen Dokumentation der Kalibrierung – ein wichtiger Punkt zur Verrechnung der Arbeit mit dem Versicherer sowie zur eigenen Absicherung. Wird ein mega macs 42 SE oder mega macs-PC genutzt, erfolgt der Ausdruck via bluetooth an den Werkstatt- Drucker. Das Dokument ist mit den Fahrzeugdaten, dem Namen des Ausführenden, Datum und Uhrzeit als Nachweis für die Kamera-Kalibrierung versehen und kann abgestempelt werden.

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