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Weit mehr als „Mundschutz“

Technik
Weit mehr als „Mundschutz“

Auch beim Schleifen ist die richtige Arbeitsschutzausrüstung Pflicht

Die Statistiken sind eindeutig: Kfz-Lackierer sind überdurchschnittlich häufig berufsbedingt erkrankt und setzen sich im Arbeitsalltag schwerwiegenden, häufig unsichtbaren Gefahren aus. Schützen muss sich letztlich jeder selbst. Aber auch der Arbeitgeber hat Fürsorgepflichten und muss den berufsgenossenschaftlichen Richtlinien zur Vermeidung von Berufskrankheiten nachkommen. Atem- und Gesundheitsschutz ist beim Lackieren und beim Umgang mit Lösemitteln eine Selbstverständlichkeit. Auch bei der Verarbeitung von Wasserbasislacken und VOC-konformen Materialien ist geeigneter Atemschutz zum Schutz vor Gasen, Dämpfen und Partikeln unerlässlich. Diese Erkenntnis hat sich in den Lackierwerkstätten durchgesetzt, und sie wird umgesetzt, indem Atemschutzmaske, Handschuhe und geeignete Lackierkleidung getragen werden.

Etwas anders stellt sich die Situation beim Schleifen dar. Obwohl viele Mitarbeiter einen großen Teil der täglichen Arbeitszeit mit Schleifarbeiten verbringen, werden die Gefahren, die dabei für die Gesundheit entstehen, noch häufig unterschätzt. Entsprechend nachlässig wird oft die notwendige Schutzausrüstung gehandhabt. Dabei entstehen beim Schleifen feinste Stäube, die voll lungengängig sind. Über die Gesundheitsgefahren beim Schleifen und geeignete Schutzmaßnahmen sprachen wir mit Ulrike Tries. Die Fahrzeuglackierermeisterin und staatlich geprüfte Gestalterin ist Senior Engineer Technical Service für Schleifen, Abdecken, Gesundheitsschutz im 3M-Geschäftsbereich Autoreparatur-Systeme.
Frau Tries, welche Gesundheitsgefährdungen bestehen beim Schleifen? Bei Schleifarbeiten in Lackierwerkstätten entstehen Stäube, also feinste feste Partikel, die in die Luft aufgewirbelt werden und lange Zeit schweben können. Es wird zwischen Feinstaub und Grobstaub unterschieden. Feinstaub hat eine Partikelgröße von weniger als 10 µm, während Grobstaub eine Partikelgröße von mehr als 10 µm hat. Bei Schleifarbeiten haben wir es immer mit einem Gemisch beider Stäube zu tun. Diese winzigen, im Schleifstaub enthaltenen Partikel sind aufgrund ihrer geringen Größe „lungengängig“. Dies bedeutet, dass winzigste Partikel eingeatmet werden und in der Lunge verbleiben. Auch nach vielen Jahren können sie unter anderem Krebs auslösen. Diese Gefahr wird häufig unterschätzt.
Atemschutzmasken sind also auch beim Schleifen Pflicht. Welche Standards müssen solche Masken erfüllen? Für den Atemschutz bei Schleifarbeiten gibt es eine exakte Klassifizierung von Partikelfiltern. Filter der Stufe P1 sollten bei geringen Staubkonzentrationen, so genannten „inerten“ Stäuben ohne unmittelbare Gesundheitsgefährdung eingesetzt werden. Inerte Stäube sind Substanzen, die mit potenziellen Reaktionspartnern wie Luft oder Wasser nicht oder nur in sehr geringem Maße reagieren. Bei höheren Staubkonzentrationen minder-giftigen, gesundheitsgefährdenden Stäuben sollten Filter der Stufe P2 getragen werden. Die Filterstufe P3 wird bei hohen Konzentrationen giftiger Stäube verlangt. 3M empfiehlt bei Schleifarbeiten die Schutzklasse P2.
Wie sehen entsprechende Masken aus?
Wir sprechen hier von Partikelmasken, die im Wesentlichen aus der inneren Stützschale, dem Nasenbügel, einer äußeren Grobstaub-Filterschicht, die größere Partikel abhält, und einer darunter- liegenden Feinstaub-Filterschicht bestehen. Diese letzte Filterschicht bindet durch elektrostatisch geladene Fasern kleinste, lungengängige Partikel.
Nun ist ja gerade bei anstrengenden Tätigkeiten wie dem Schleifen der Tragekomfort einer Maske entscheidend. Wie lässt sich der verbessern?
In vielen Betrieben entscheidet der Lackierer selbst über seine persönliche Schutzausrüstung. Ein großes Produktportfolio, wie 3M es bietet, ist hier sehr vorteilhaft, denn die individuellen Komfortansprüche und Vorlieben variieren stark. Grundsätzlich ist, wie wir feststellen, die Trageakzeptanz von Atemschutz deutlich höher geworden, denn unsere Produkte sind aufgrund von leichteren Materialien und verbesserten Atemeigenschaften besser und angenehmer zu tragen. So wird eine möglichst hohe Trageakzeptanz erzielt.
Wie lange sind die beim Schleifen üblichen Masken zu verwenden?
Es gibt viele Einflussfaktoren auf die Standzeit von Partikelfiltern, aber keinen eindeutigen Indikator dafür. Je nach Schadstoffkonzentration, Luftfeuchtigkeit oder dem Luftbedarf des Benutzers sollte der Partikelfilter spätestens dann gewechselt werden, wenn der Atemwiderstand merklich ansteigt. Empfohlen wird der Wechsel am Ende eines Arbeitstages.
Und wie sind die Masken aufzubewahren? 3M-Partikelfilter haben eine Lagerdauer von drei Jahren ab Herstellung, wobei das Lagerablaufdatum auf der Verpackung angegeben ist. Es ist wichtig, die Masken trocken und vor direkter Sonnenstrahlung geschützt zu lagern. Partikelfilter, die aus der Originalverpackung herausgenommen werden, setzen sich bereits mit Partikeln aus der normalen Umgebungsluft zu. Daher sind einzeln verpackte Partikelmasken empfehlenswert.
Was hat eine Maske wie die „3M-Aura“, die einer der letzten Lackiererblatt-Ausgaben beigelegt war, dem sonst üblichen „Mundschutz“ voraus?
Um sich in den Prozessschritten Trockenendschliff und Vorbereitung effektiv vor Stäuben zu schützen, ist die Partikelmaske Komfort Serie Aura P2 besonders gut geeignet. Sie verfügt im Vergleich zu anderen Produkten durch eine verbesserte Filtertechnologie über eine deutliche Reduzierung des Einatemwiderstandes. Dieser liegt bis zu 77 Prozent unter dem vorgeschriebenen Mindestwert ein deutliches Plus für die Gesundheit. Zudem wurde der Tragekomfort und der Dichtsitz an Nase und Kinn durch einen neuen Bügel und eine Lasche deutlich verbessert. Durch Ultraschallschweißpunkte an der Maskenoberseite wird das Beschlagen der Brille effektiv verhindert und eine gute Sicht garantiert.
Was ist vom Argument „Wir verfügen ja über Staubabsaugung an der Maschine, da ist eine Maske überflüssig“ zu halten?
Selbstverständlich beseitigt eine professionelle Staubabsaugung einen Großteil der Partikel in der Luft, trotzdem ist das Tragen einer Maske unerlässlich. Im Werkstattalltag werden verschiedene Schleifarbeiten von mehreren Mitarbeitern gleichzeitig ausgeführt. Durch den Handschliff ist z. B. immer Feinstaub in der Luft, der voll lungengängig ist.
Welche anderen Schutzmaßnahmen sind beim Schleifen zu treffen? Was ist in Sachen Haut- und Handschutz zu beachten?
Wir unterscheiden zwei Arten von Handschuhen. Für die mechanische Vorbereitung, dazu zählen wir das Schleifen, eignen sich Handschuhe der Kategorie 2, während bei Lackierarbeiten die lösemittelbeständigen Vinylhandschuhe eingesetzt werden sollten. Ab einem gewissen Grad sind Schädigungen der Haut – ähnlich wie beim Gehör oder den Augen – irreparabel!
Apropos Augen – was ist in Sachen Schutzbrille zu beachten?
Besonders beim Schleifen ist eine Schutzbrille sehr wichtig, da bei diesem Prozess die Augen durch die feinen Partikel nachhaltig geschädigt werden können. In erster Linie wird der Augenschutz auf den Funkenflug reduziert. Dabei wird die Linse ebenso durch die dauerhafte Belastung mit Partikeln – ähnlich einem Schleifeffekt bei Sandkörnern im Auge – geschädigt. Daher sollten beim Schleifen immer schlagfeste Schutzbrillen getragen werden.
Welche Hilfe können Sie bei der Entwicklung des für den jeweiligen Betrieb individuellen Arbeitsschutzkonzepts bieten?
Ein erfolgreicher Gesundheitsschutz kommt nicht über Nacht. Der 3M-Außendienst klärt mit Schulungen direkt in den Betrieben, aber auch an Berufs- und Meisterschulen auf. Große Resonanz findet auch die kompetente Begleitung durch die Werkstattprozesse mit dem etablierten 3M-Werkstatt-Optimierungs-Konzept (WOK). Im Bereich Gesundheitsschutz werden hier sich ähnelnde Arbeitsabläufe mit ihren Gefahren in verschiedenen Gesundheitsschutz-Bausteinen zusammengefasst.
Frau Tries, vielen Dank für das Gespräch. Michael Rehm

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