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Reparatur muss Schritt halten

Technik
Reparatur muss Schritt halten

Einfluss neuer Serienlacke auf Reparaturverfahren

Quelle: Allianz Zentrum für Technik

Der Trend zur Individualisierung von Fahrzeugen durch Effektlacke bzw. matte Klarlacke nimmt weiter zu. Eine AZT-Befragung von mehr als 30 Fahrzeugherstellern ergab, dass die Einführung von Sonderlackierungen ab Werk bereits vollzogen ist oder in naher Zukunft erfolgen soll. Mit zunehmender Marktdurchdringung von Fahrzeugen mit Sonderlackierung werden auch Werkstattbetriebe künftig häufiger als bisher mit neuen Serienlackierungen in der Unfallinstandsetzung konfrontiert. Nach AZT-Erfahrungen wird die Reproduzierbarkeit bei der Reparatur von vielen lackierenden Betrieben derzeit kritisch beurteilt. Daraus können in der Schadenabwicklung Probleme für alle Beteiligten entstehen. Die nachfolgenden Ausführungen liefern einen Überblick über aktuelle Trends in der Serienlackierung und ihre Auswirkungen auf gängige Reparaturverfahren in der Unfallinstandsetzung, die das Allianz Zentrum für Technik in umfangreichen Reparaturversuchen untersucht hat.
Trends in der Serienlackierung
Nach Angaben der Fahrzeughersteller wird heute an den Bändern mehrheitlich mit dem traditionellen Lackaufbau (Substrat, Grundierung, Füller, Basislack und Klarlack) gearbeitet. Einzelne Unternehmen haben für einige Modelle die füllerlose Serienlackierung eingeführt.
In der Serienlackierung geht die Entwicklung hin zum Einsatz von Sonderpigmenten wie Chromaflair, von Effektlacken wie Perlmutt bis hin zu matten Klarlacken ab Werk. Auch Dreischicht-lackierungen mit zum Teil gefärbtem Klarlack werden angeboten. Für die Instandsetzung verweisen die Fahrzeughersteller überwiegend auf die technischen Vorgaben des jeweiligen Lackherstellers, die unter dessen Namen oder aber unter dem Namen des Fahrzeugherstellers (hier meist gemeinsam mit einem oder mehreren Lackherstellern erarbeitet) veröffentlicht werden.
Die Reparaturversuche
In den Reparaturversuchen wurden Lackierungen an Neuteilen, Reparaturlackierungen, Beilackierung im Teil, Spotlackierungen sowie Reparaturlackierungen an Seitenteilen mit auslaufendem Klarlack an C- bzw. D-Säulen durchgeführt.
Füllerlose Werkslackierungen
Bei der füllerlosen Werkslackierung ist im Reparaturprozess ein Füller erforderlich. Dies können marktübliche Standardfüller oder aber auch bereits auf den Farbton des zu applizierenden Basislacks abgestimmte Tönfüller sein. Die Instandsetzung ist, wie bei traditionellen Serienlacken, problemlos möglich.
Tönfüller
Für in der Serie angewandte farblich abgestimmte Tönfüller werden geeignete Produkte von den Reparaturlackherstellern angeboten, die in den Reparaturversuchen einwandfreie Ergebnisse erzielten.
Zwei- und Mehrschichteffekt- Lackierungen
Bei Zweischichtlackierungen mit glänzendem Klarlack konnte bei allen Reparaturarten und -methoden ein sowohl technisch als auch optisch einwandfreies Ergebnis erzielt werden. In einigen Ausnahmefällen mit besonderen Effekten war für die Reparatur eine Dreischichtlackierung erforderlich. In diesen Fällen musste ein gefärbter Klarlack verwendet werden. Soweit Fahrzeuge am Band mit Dreischichtlacken beschichtet werden, ist grundsätzlich auch eine Dreischichtlackierung bei der Instandsetzung erforderlich. Zusätzlich zu Farbton und Effekt muss in diesen Fällen noch die Tönung der ersten Klarlackschicht über Musterbleche bestimmt werden.
Matte Klarlacke
Für alle Schichten unterhalb des Klarlacks ergeben sich keinerlei Änderungen zum bisherigen Lackierprozess. Für die matten Klarlacke selbst können die bisher angewandten Reparaturtechniken zur Begrenzung der Lackierfläche derzeit nicht mehr angewendet werden. Insbesondere kann matter Klarlack an C- oder D-Säulen nicht auslaufend lackiert und poliert werden. Gleiches gilt für die Spotlackierung, da auch hier ein Polieren der Beispritzzonen erforderlich wäre, was jedoch zu Glanzstellen im matten Klarlack führen würde. Im Reparaturfall sind die matten Klarlacke weitaus aufwendiger und damit kostenintensiver als glänzende Klarlacke. Hier müssen im Extremfall komplette Seiten lackiert werden, wo bisher nur ein Teil bearbeitet wurde.
Fazit
Der überwiegende Teil der bei neuen Serienlackierungen zum Einsatz kommenden Lacktechnologien kann in der Werkstatt mit den herkömmlichen Verfahren, unter Beachtung der Reparaturvorgaben, reproduziert werden. Bei Zweischicht-Effektlackierungen war nur in Ausnahmefällen eine Dreischichtlackierung in der Reparatur erforderlich. Matte Klarlacke ergaben keine Änderungen für alle Schichten unterhalb des Klarlackes. Für den matten Klarlack selbst können wirtschaftliche
Instandsetzungsmethoden zur Begrenzung der Reparaturfläche derzeit nicht mehr angewendet werden. Dies kann im Extremfall den Aufwand für die Lackierung bis zum dreifachen Wert gegenüber einem herkömmlichen Klarlack erhöhen. Hier besteht deutlicher Handlungsbedarf für die Reparaturlackhersteller. Sie sind aufgefordert, geeignete Reparaturlösungen und -materialien voranzutreiben und die Reparaturbetriebe entsprechend zu informieren.
Die Kalkulation aller in dieser Studie durchgeführten Arbeiten konnte mit den gängigen Kalkulationssystemen durchgeführt werden. Die Kalkulation eines eventuell anfallenden zeitlichen Mehraufwandes ist über Sonderpositionen möglich, die der Lackmaterialien über die Anpassung des jeweiligen Materialwertes (Index).

Die AZT-Studie

Das Allianz Zentrum für Technik (AZT) hat in einem umfangreichen Forschungsprojekt den Einfluss neuer Serienlacke und Lackierverfahren im Produktionsprozess auf die Reparaturverfahren im Reparaturbetrieb untersucht. Das Projekt wurde unterstützt vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).

„Wir sind im ständigen Austausch“
Herr Hermann, das AZT hat jetzt die Untersuchung „Einfluss neuer Serienlackierungen auf Reparaturverfahren“ veröffentlicht. Nun könnte man ja sagen, neue Trends in der Serie gab es schon immer, und immer ist es bislang der Reparaturseite gelungen zu reagieren und Schritt zu halten. Was ist jetzt neu? Ist das Problem jetzt drängender geworden?
Derzeit gibt es Fahrzeuge, die werksseitig mit einer Zweischicht-Lackierung versehen sind, die jedoch bei manchen Lackherstellern in der Reparatur nur als Dreischicht-Lackierung dargestellt werden kann.
Wo liegen die größten Probleme? Bei den matten Lacken?
Nicht zwingend bei Mattlacken – zwar kann es auch hier Probleme bei der Reparatur geben, wenn sich zum Beispiel der Mattheitsgrad der Originallackierung durch unsachgemäße Pflege verändert hat. Hier bieten jedoch die Lackhersteller eine Reihe von Lösungen an, zum Beispiel im Mattheitsgrad einstellbare Klarlacke. Einige Reparaturverfahren wie beispielsweise auslaufendes Beilackieren von Klarlack an A-, B-, C-Säulen oder Spotlackierungen sind nicht mehr möglich. Mattlack lässt sich im Übergangsbereich nicht beipolieren. Größere Probleme kann die in der Reparatur als Dreischicht auszuführende Lackierung mit eingefärbten Klarlacken bereiten. Hier kann die Farbtonfindung schwieriger werden.
Auf welchem Wege versucht das AZT Einfluss zu nehmen, damit Entwicklungen, die zu einer erschwerten Reparierbarkeit führen, vermieden werden?
Wir sind im ständigen Austausch mit Herstellern, Zulieferern und der Reparaturbranche. Für den Bereich Lackierung treiben wir das Thema „Reparaturfreundlichkeit“ im Dialog mit Lackherstellern und Verbänden. Kratzfestere Klarlacke galten beispielsweise anfänglich auch als nicht reparierbar. Hier haben wir gemeinsam mit der Branche erreicht, dass inzwischen akzeptierte Kalkulationswerte, Reparaturmaterialien und -methoden für die Instandsetzung dieser Lacke zur Verfügung stehen.
Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Frage „Beilackierung angrenzender Teile“? Welche der oben genannten Probleme lassen sich durch eine größerflächige Reparatur lösen, und wie lautet Ihre Meinung zu dieser Lösung?
Beilackieren kann eine Lösung sein. Eine pauschale Vorgabe der Beilackierung angrenzender Teile kann es nicht geben, denn das würde bedeuten, dass in vielen Fällen, ohne zu wissen, ob eine Beilackierung tatsächlich erforderlich ist, diese vorgegeben wird. Letztlich kann die Entscheidung nur vom ausführenden Lackierfachmann anhand der von ihm für diesen Schaden gespritzten Farbmuster getroffen werden. Und wie im Lackmerkblatt festgehalten, sollte diese Entscheidung mit dem Auftraggeber, dem Sachverständigen oder der Versicherung abgesprochen werden.
Herr Hermann, vielen Dank für das Gespräch. Michael Rehm

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