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Löt- Evolution

Technik
Löt- Evolution

Mit MIG/MAG-, WIG- und Plasma-Löten Werkstoffe schonend und fest verbinden

Philipp Richter, werkzeugforum.de

Seit 3.200 Jahren löten die Menschen. Das belegen Schmuckfunde aus sumerischen Königsgräbern im heutigen Irak. Für die althergebrachte Technik war es aber ein weiter Weg vom schmucken Gold- und Silber-Löten zur hochtechnisierten Fachdisziplin des 21. Jahrhunderts. Das Lichtbogen-Hartlöten darf heute als die Krone dieser Technikevolution gelten. MIG/MAG-, WIG- und Plasmalöten halten an der antiken Grundidee der Löttechnik fest: Mit Zusatzstoffen sorgen sie für heiße Verbindung metallischer Werkstücke.
So geht aber auch die „Brudertechnik“ Schweißen zu Werke. Der Hauptunterschied: Schweißen ist heißer! Beim Löten wird weniger Hitze in die Fügezone eingebracht. Zwei DIN-Normen sorgen für klare Differenz: „Schweißen ist das Vereinigen von Werkstoffen in der Schweißzone unter Anwendung von Wärme oder Kraft mit oder ohne Schweißzusatz.“ Es können weitere Schweißhilfsstoffe (zum Beispiel Schutzgas, Schweißpulver oder Pasten) dazukommen (DIN 1910). Dagegen ist Löten – laut DIN 8505 – „ein Verfahren zum Verbinden metallischer Werkstoffe mit Hilfe eines geschmolzenen Zusatzwerkstoffes (Lot), gegebenenfalls unter Anwendung von Flussmitteln. Die Schmelztemperatur des Lotes liegt unterhalb derjenigen der zu verbindenden Grundwerkstoffe. Diese werden benetzt, ohne geschmolzen zu werden.“ Beim Löten wird nur das Lot verflüssigt. Die Bindung zum Grundwerkstoff erfolgt durch Adhäsionskräfte und Diffusion.
Problematische Werkstoffe
Den Evolutionsschritt zum Lichtbogen-Hartlöten motivierten in den 1990er Jahren vor allem problematische Werkstoffe: Hauptsächlich im KfZ-Karosseriebau, aber ebenso in der Haushaltsgeräte- und Klimatechnik war die Forderung nach korrosionsbeständigen Stahlblechen gewachsen. Wegen seiner Korrosionsbeständigkeit und seines niedrigen Preises kommt dem Zink dabei besondere Bedeutung zu. Verzinktes Feinblech setzt heute vor allem die Automobilindustrie ein.
Zink beginnt bei etwa 420 Grad Celsius zu schmelzen und bei etwa 960 Grad Celsius zu verdampfen. Diese Eigenschaften wirken sich ungünstig auf den Schweißprozess aus, da mit der Zündung des Lichtbogens (bei Stahldraht circa 1450–1520°C, Siedepunkt 2700°C) die Verdampfung des Zinks eingeleitet wird. Zinkdämpfe und Oxyde können zu Poren, Bindefehlern und Rissbildungen in den Werkstücken führen. Außerdem muss die übermäßige Rauchentwicklung durch ständige Absaugung bekämpft werden. Wenn Zinkdämpfe in den Lichtbogenbereich eindringen, verschlechtern sich zudem die Schweißeigenschaften. Verstärkt bilden sich Spritzer oder Tropfen an der Schweißnaht. Neben der Naht wird die schützende Zinkschicht beim Schweißen teilweise zerstört. Das Gleiche gilt bei dünneren Blechen sogar für die Rückseite der Verbindung.
Richtig punkten kann dagegen das Lichtbogen-Hartlöten. Wegen des geringeren Schmelzpunkts des Lotes und der geringeren Wärmeeinbringung sind hier die genannten Schwierigkeiten beim Verbinden verzinkter Bleche deutlich weniger ausgeprägt. Kaum beschädigt werden die Zinküberzüge, und der Verzug der Bauteile ist geringer. Neben dem Einsatz des Lots als Zusatzwerkstoff unterscheiden sich die spezifischen Techniken des Lötens vom Schweißen auch in Vorgehen und Einstellparametern am Gerät.
MIG/MAG-Löten
Die größten Unterschiede zum MIG/MAG-Schweißen bestehen beim MIG/MAG-Löten in den Drähten, die hier den Zusatzwerkstoff darstellen. Außerdem natürlich – typisch fürs Löten – schmilzt das Ausgangsmaterial beim MIG-Löten nicht. Das Lot wird beim MIG/MAG-Löten von einer Spule abgezogen und über ein Schlauchpaket dem Brenner zugeführt. Oft werden so genannte Push/Pull-Antriebe eingesetzt, bei denen die Drahtelektrode geschoben und gezogen wird. Um den Gleitwiderstand so gering wie möglich zu halten, wird zu Drahtführungsschläuchen aus Kunststoff geraten. Beim Löten von verzinkten Blechen kommen meistens Drähte mit Kupfersilizium-Legierungen zur Anwendung.
Als Schutzgase werden sowohl inerte Gase (MIG-Löten) als auch inerte Gase mit geringen Anteilen von aktiven Gasen eingesetzt (MAG-Löten). Für das Löten kommen Gleichstromquellen mit Konstantspannung zum Einsatz. Im Kurzlichtbogenbereich können konventionelle Stromquellen verwendet werden. Wegen der geringen elektrischen Leistung, mit der in der Regel gelötet wird, müssen die Stromquellen vor allem im unteren Bereich exakt einstellbar sein.
WIG-Löten
Wie beim WIG-Schweißen brennt der Lichtbogen bei diesem Verfahren zwischen einer nicht abschmelzenden Wolframelektrode und dem Werkstück. Als Schutzgase kommen inerte Gase zum Einsatz. Das WIG-Löten kann mit von Hand zugegebenen Lötstäben manuell ausgeführt werden oder teilmechanisiert, wobei der Lötdraht von einem separaten Vorschubwerk zugegeben wird. Es wird mit gleichförmigem Gleichstrom gelötet.
Plasma-Löten
Das Plasma-Löten kann dagegen mit gleichförmigem und impulsförmigem Strom durchgeführt werden. Eine wassergekühlte Kupferdüse schnürt den Lichtbogen ein und erhöht damit seine Energiedichte. Damit sind schmalere Nähte und eine höhere Lötgeschwindigkeit möglich. Zwei Bedingungen sind Voraussetzung: Plasma- und Schutzgas. Zur Erhöhung der Abschmelzleistung und -geschwindigkeit kann der Zusatzwerkstoff auch durch Anschließen an eine separate Stromquelle durch Widerstandserwärmung vorgewärmt werden (Plasma-Heißdraht-Löten).
Da die Wolframelektrode weit hinten im Brenner sitzt, ist die Anlage mit einer Hochspannungsimpuls-Zündhilfe ausgestattet. Diese zündet zuerst einen nicht übertragenden Hilfslichtbogen, der zwischen Elektrode und der Einschnürdüse brennt. Dieser ionisiert die spätere Lichtbogenstrecke vor, so dass der übertragende Lichtbogen danach berührungslos ohne zusätzlich Impuls zünden kann.
MSG- oder WSG-Löten
Beim MSG-Löten ist die Brennerstellung leicht stechend (Winkel 10–20°). So ermöglichen die vorlaufende Wärme und der Lichtbogen eine teilweise Verdampfung der Beschichtung schon vor dem Brenner. Aufsteigende Dämpfe gelangen nicht in den Lichtbogenbereich. Dadurch bleibt der Lichtbogen stabil und die Schutzgasdüse sauber. Probleme wie beim Schweißen einer Zinkschicht treten beim MSG-Löten kaum auf. Der Lichtbogen bewirkt auch eine Reinigung der Bindeebene. Daher sind keine Flussmittel nötig.
Profis empfehlen auf einer Zunge von vorlaufendem Lotwerkstoff zu löten. Der Lichtbogen brennt dann nicht direkt auf dem Grundwerkstoff. Zwar geht das Löten insgesamt etwas langsamer, ein Einbrand und damit die Aufmischung von Eisen ins Lot wird jedoch sicher verhindert. Die Schmelztemperatur des Lotes genügt, um die Zinkschicht zu schmelzen, so wird eine Legierung mit dem Lot ermöglicht. Es entsteht als Zwischenschicht eine Art Sondermessing, womit eine schlüssige Verbindung hergestellt ist. Die Bindung wird verstärkt durch die Diffusion von Kupfer in den Grundwerkstoff.
Beim Lichtbogen-Hartlöten wird wenig Wärme eingebracht. Zumindest weniger als beim Schweißen. Dies schützt die metallische Beschichtung vor zu großer Zerstörung. Wegen des niedrigen Schmelzbereichs des Lotes ist aber ohnehin keine hohe Wärmezuführung nötig. Das MSG-Löten kann deshalb im Kurzlichtbogenbereich erfolgen oder im unteren Leistungsbereichs des Impulslichtbogens. Je nach Blechdicke liegen die Stromstärken etwa zwischen 50 und 120 Ampere, beim Impulslöten auch etwas niedriger.
Auch beim WSG-Löten wird mit geringer Energie gelötet, im Gegensatz zum MSG-Löten wird der Brenner aber schleppend geführt. Ziel des Lichtbogens soll verstärkt das Schmelzbad sein. Die Zinkschicht wird somit nicht direkt durch den Lichtbogen verbrannt, die vorlaufende Wärme bewirkt aber auch hier einen teilweisen Abbrand der Beschichtung. Die Gefahr, dass der Grundwerkstoff aufschmilzt, besteht bei diesem Verfahren kaum.
Lichtbogen-Hartlöten
In der gesamten Autoindustrie kommt heute das Lichtbogen-Hartlöten zum Einsatz. Häufig werden das MSG-Lötverfahren und das Plasma-Löten angewandt. Meist handelt es sich um kurze Nähte, die entweder manuell oder mit Hilfe von Industrierobotern gelötet werden. Vor allem im Kfz-Karosseriebau hat das Lichtbogen-Hartlöten eine große Bedeutung erlangt. Schon in den 1970er Jahren gab es am VW-Käfer kurze Lötnähte. Von MIG-Löten war damals aber noch keine Rede. Bei der Schnelligkeit dieser Technikentwicklung bleibt nur staunend zu erahnen, welche weiteren evolutionären Sprünge bei der Löttechnik der Zukunft noch zu erwarten sind.

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