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„Lack wird zum  Technologieträger“

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„Lack wird zum  Technologieträger“

Autonomes Fahren, Car Sharing, alternative Antriebe: PPG forscht an Lacktechnologie für „Future Mobility“.

Die automobilen Megatrends werden gerne unter „Future Mobility“, Zukunft der Mobilität, zusammengefasst und etikettiert. Von der Lackierung zukünftiger Fahrzeuge ist in diesem Zusammenhang eher selten die Rede. Auf den ersten Blick kein Wunder, denn manches spricht dafür, dass die Lackierung eines Fahrzeugs an Bedeutung verlieren wird. Zum Beispiel, dass dank des autonomen Fahrens weniger Unfälle passieren und ergo weniger lackiert wird. Oder dass es dank Car Sharing weniger persönliche Autoeigner geben wird, die erst mit viel Sorgfalt die Lackfarbe aussuchen und nachher den Lack hegen und pflegen. „Mobility“, so nennt sich eine ganz neue Division von Lackgigant PPG – die sich mit genau diesen Themen befasst. Sie ist am PPG-Stammsitz in Pittsburgh angesiedelt und vereint Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den unterschiedlichsten Abteilungen. Thomas Leuchten, Director Business Development DACH/Nordic, ist mit dem Thema „Future Mobility“ eng vertraut und in die Aktivitäten der neuen Division eingebunden. „Dass Lacktechnologie in Zukunft eine untergeordnete Rolle spielt, stimmt keineswegs“, ist Leuchten überzeugt. „Im Gegenteil, anders als noch vor wenigen Jahren hat man erkannt, dass manche Aspekte zum Beispiel des autonomen Fahrens ganz eng mit der Lacktechnologie und der Lackierung verknüpft sind.“ Wir sprachen mit Thomas Leuchten über künftige Mobilitäts- und Lacktrends.

Die Branche muss sich nicht fürchten

Herr Leuchten, die „Schreckensvision“ aller, die von der Fahrzeuginstandsetzung leben, dürfte ein dank unterschiedlichster Assistenzsysteme unfallfreier, autonom funktionierender Straßenverkehr sein. Wie stark beunruhigt diese Aussicht denn einen Lackhersteller wie PPG?

Um ehrlich zu sein, fast gar nicht. Zum einen ist gerade in Sachen autonomes Fahren durch die immer mehr ins Detail gehende Beschäftigung mit dem Thema klar geworden, dass der Weg zu einem reibungslosen, unfallfreien Verkehrsgeschehen auf breiter Basis noch ein sehr langer sein wird. Infrastruktur, Kosten, Technik – all dies wurde lange unterschätzt. Zum Anderen setzt autonomes Fahren auf breiter Front ja voraus, dass der komplette Fahrzeugpark „vernetzt“ ist und überall mit der Infrastruktur, vom Verkehrsschild bis zur Fahrbahnmarkierung, „kommuniziert“. Das wird noch lange dauern.

Lacktechnologie muss Lösungen bieten

Aber es wird Pilotanwendungen
geben …

Ganz genau. Unterschiedliche Mobilitätsbereiche oder, wenn man so will, Branchen werden unterschiedlich schnell autonom. Ein einfaches Beispiel: Bei Erntemaschinen gibt es heute schon vielfach „unbemannte“ Versionen. Eine der nächsten Anwendungen werden vielleicht Busse sein, der Transportverkehr, kommunale Fahrzeuge. Aber wie gesagt, wir bei PPG begreifen das Thema „Future Mobility“ nicht als Bedrohung, sondern als extrem spannende Zukunftsaufgabe. Und als eine Aufgabe, bei der das Thema Lacktechnologie in vielfältiger Weise Lösungen bieten muss.

Reparaturen im Bereich von Sensoren

Woran denken Sie da?

Weithin bekannt ist ja mittlerweile das Problem der Stoßfängerreparatur. Da unter den Stoßfängern Sensoren verbaut sind, darf dort die Lackschicht nur eine genau definierte Dicke aufweisen, speziell, wenn Metallicpartikel im Lack sind. So sind manche Fahrzeughersteller dazu übergegangen, Stoßfängerreparaturen, sobald der Bereich von Sensoren betroffen ist, generell zu untersagen. Das kollidiert aber massiv mit dem Gebot der Nachhaltigkeit, sodass letztlich die Lacktechnologie Lösungen bieten muss.

Nicht nur für die Stoßfänger …

Ganz genau! Was völlig unterschätzt wurde: Ein Großteil der für das autonome Fahren notwendigen Sensorik weist Beschränkungen auf, die in direktem Zusammenhang mit der Lacktechnologie stehen. Für LIDAR-Sensoren spielt es durchaus eine Rolle, ob ein zu erfassender Gegenstand schwarz, weiß, bunt, kalt oder warm ist. Die Lackierung trägt also ganz entscheidend dazu bei, einen einheitlichen Reflexionsgrad und damit das Funktionieren und die Genauigkeit der Systeme sicherzustellen.

Welche Grundregel gilt da?

Dunklere Farbtöne haben bei LIDAR-Sensoren schlechtere Reflexionswerte. Je heller, desto besser. Am besten wären alle Autos weiß.

Lackfarbe ist für das Funktionieren der Sensoren wichtig

Weiß ist zwar beliebt, aber so sehr nun auch wieder nicht …

Derzeit ist etwa ein Drittel der Neufahrzeuge weiß, knapp ein weiteres Drittel Grau/Silber und dann folgt direkt Schwarz. Das Problem ist: Kein Autohersteller möchte nur noch weiße Fahrzeuge anbieten, sondern genau die Farben, die die Kunden möchten. Aber wie bekomme ich solche Farbtöne so rezeptiert, dass die Reflexionswerte passen?

Ja, wie?

Indem man Beschichtungssysteme entwickelt, die den Anforderungen der
LIDAR-Lasertechnologie gerecht werden, sodass man einen verbesserten Reflexionswert erhält. PPGs Beschichtungen haben eine spezielle Schicht, die die Absorption von Signalen in dunkler gefärbten Lacken einschränkt und die bei selbstfahrenden Autos verwendeten Sensoren unterstützt. Ein in unseren Augen tiefdunkel erscheinendes Schwarz könnte durch diese Lacktechnologie, wenn ein Sensor darauf blickt, genauso gut weiß sein.

Lack als Hightech-Produkt …

Das wird denkbar sein. Vielleicht mit allen Konsequenzen – wer weiß, vielleicht muss ja eines Tages nach dem Beschichten einer Motorhaube der Farbton kalibriert werden? Definitiv ist es aber so, dass die „neue Mobilität“ einigen innovativen Lacktechnologien, die in anderen Bereichen schon Einzug gehalten haben, auch im Kfz-Bereich zum Durchbruch verhelfen könnte.

Woran denken Sie da?

Zum Beispiel an das Thema „selbstreinigende Autolacke“.

Lacke, die sich selbst reinigen

Das geistert ja schon seit Langem durch die Fachwelt …

Genau, aber durch das „autonome Fahren“ kommt da neuer Schwung rein. Was passiert denn, wenn bei autonomer Fahrt Schneematsch an sensible Bereiche spritzt, hinter denen Sensoren sitzen? Oder wenn sich in kürzester Zeit Salznebel an der Karosserie anlagert? Wenn vitale Systeme betroffen sind, muss über selbstreinigende Autolacke ganz neu nachgedacht werden. Es kann durchaus sein, dass dann eine neue Gewichtung erfolgt – oder sogar Nachteile bezüglich anderer Eigenschaften in Kauf genommen werden müssen. Grundsätzlich haben sich selbstreinigende Oberflächen in anderen Branchen, in denen wir aktiv sind, längst etabliert, zum Beispiel bei Gebäudefarben. Gleiches gilt für das Thema „antibakterielle Beschichtungen“.

Wird das denn auch beim Automobil relevant?

Mit ziemlicher Sicherheit. Denken Sie an Car-Sharing-Modelle. Wer sitzt schon wirklich gerne in einem Fahrzeug, von dem er nicht weiß, wer vorher drinsaß. Auch hier bietet die Lacktechnologie Lösungen. Antibakterielle Beschichtungen, wie sie im Gesundheitssektor gebräuchlich sind, könnten hier für etwas Sicherheit sorgen. Dabei geht es nicht nur um Metallflächen, sondern auch um Beschichtungen für Lenkrad, Schaltknauf oder Türgriff. Viele Materialien und Technologien, über die PPG verfügt, kommen im Bereich „Mobility“ zusammen.

Das Thema Lack bleibt also auch in der Zukunft spannend?

Definitv. Es wird sogar noch vielschichtiger. Beschichtungen werden noch mehr zum Technologieträger.

Herr Leuchten, vielen Dank für das Gespräch. mr

https://de.ppgrefinish.com/de/

 


Lack wird zum Technologieträger

Thomas Leuchten

„Wer weiß, vielleicht muss
ja eines Tages nach dem Beschichten einer Motorhaube der Farbton
kalibriert werden?“



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