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Farbtonfindung: Warum Beilackieren oft nötig ist

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Farbtonfindung: Warum Beilackieren oft nötig ist

Warum die Suche nach dem passenden Farbton immer schwieriger wird und welche Rolle das Beilackieren heute spielt, haben wir Thomas Grebe, Produktmanager PPG, gefragt.

Herr Grebe, das Thema Beilackieren sorgt immer wieder für Aufregung – zumeist, wenn Versicherungen die Beilackierung im Kostenvoranschlag oder auf der Rechnung monieren. Was macht das Beilackieren zu so einem Dauerbrenner?

Die Aufgabe beim Lackieren besteht darin, eine unsichtbare Reparatur zu liefern. Wir alle wissen aber, dass aus den unterschiedlichsten Gründen Farbtondifferenzen zwischen der am Fahrzeug vorzufindenden Originallackierung und dem ausgemischten Reparaturfarbton auftreten können. Um diese zu eliminieren oder besser gesagt zu kaschieren, ist das Beilackieren ein bewährtes Verfahren. Eigentlich sollte man eher vom Einlackieren im oder ins angrenzende Bauteil sprechen. Darum geht es zumindest in den Diskussionen mit Versicherungen, eben weil es häufig die Reparaturfläche vergrößert und damit den Preis der Reparatur erhöht.

Die Gründe für Farbtondifferenzen sind ja seit langem bekannt: Unterschiedliche Produktionsstandorte, dünne Originallack-Schichten, unterschiedliche Substrate … Verändert sich die Situation denn aus Ihrer Sicht zum Guten?

Warum die Farbtonfindung schwieriger wird

Die ständige Suche nach effizienteren Prozessen in der Serienlackierung wird die Reparaturlackierung auch künftig beeinflussen. Ein einfaches Beispiel: Viele Hersteller arbeiten heute sehr stark mit Untergrundfarben. Auf die kommt dann nur ein Hauch Basislack, Klarlack und fertig. Das ist schwierig zu reproduzieren, denn in der Reparatur sind wir es gewohnt, beim Füller die passende Graustufe zu wählen. Wir haben 1998 angefangen, Farbtöne auf unterschiedlich grauen Untergründen zu rezeptieren und damit eine hohe Genauigkeit in der Farbtonreproduzierbarkeit erreicht. Das schließt die Möglichkeit ein, Farbtöne entsprechend anzupassen. Dem werden wir auch treu bleiben, da dieser Schritt der richtige war und wir nicht zurückgehen möchten.

Welche Auswirkungen haben neue Effektfarbtöne auf die Reparatur?

Auch Farbtrends stellen die Reparaturlackierung vor Herausforderungen. Betrachten wir nur einmal die eingefärbten Klarlacke. Hier hat die Klarlack-Schichtstärke großen Einfluss auf den Farbton. Wir empfehlen den Anwendern daher, sich Musterkarten mit unterschiedlichen Klarlack-Schichtstärken anzulegen und diese dann einzusetzen.

Das heißt, die Probleme nehmen eher zu?

Die Aufgaben werden nicht einfacher. Aber natürlich sind Reparaturlackhersteller wie PPG hier auf dem Laufenden. Zum einen gibt es einen engen Austausch mit den OEMs, um Kunden rechtzeitig mit den notwendigen Informationen zu versorgen, zum anderen untersucht unsere Coloristik permanent Muster aus dem Markt, um auch für Varianten die benötigten Rezepturen zu entwickeln.

Warum das Beilackieren manchmal die beste Option ist

Aber man stößt an Grenzen?

So würde ich das nicht sagen, die Farbtöne werden komplexer und wir halten da durchaus mit, aber es ist ein permanenter Wettlauf. 1990 hatten wir 80 Mischlacke im Regal, jetzt haben wir 95 – und die sind notwendig, um das Repertoire der OEMs abzudecken. In der OEM-Lackierung kommen etwa 200 bis 300 unterschiedliche Pigmente zum Einsatz. Wir müssen das mit weniger schaffen, um die Mischbank kompakt und die Prozesse effizient zu halten. Und ja, am Ende kann auch einmal das Einlackieren die beste Option darstellen.

Nun hat sich der Weg zum Farbton in vielen Betrieben ja deutlich geändert. In den meisten Lackierbetrieben werden Farbtonmessgeräte eingesetzt. Hat das die „Farbton-Treffergenauigkeit“ erhöht?

In der Breite sicherlich – zum Beispiel, weil die Auswahl an Farbtönen mit dem Spektro breiter gefasst werden kann. Ich muss, wenn ich einen VW vermessen habe, ja nicht nur unter den VW-Farbtönen suchen, sondern kann auch eine „freie Suche“ über den gesamten Bestand von rund 80.000 Farbtönen ausführen. Aber trotz der Messgeräte variiert der Farbtonfindungsprozess in den Betrieben immer noch stark. Die einen messen mit dem Spektro und gehen dann direkt ans Werk, andere messen erst und suchen dann zur Sicherheit die Farbtonpaspel, wieder andere verlassen sich nach wie vor ausschließlich auf die Farbtonpaspeln.

Ist grundsätzlich Beilackieren eine Lösung?

Es gibt ja auch Betriebe, die nur mit dem Spektro messen und dann grundsätzlich einlackieren …

Wenn sich das als sicheres und schnelles Verfahren erwiesen hat – warum nicht? Wir sehen es nicht als unsere Aufgabe an, einen einzigen für alle Betriebe passenden Prozess festzulegen und den dann zu propagieren. Wichtig ist, dass der Prozess zum Betrieb passt – und effizient ist. Dazu gehört auch, sich möglichst früh im Ablauf, bei der Auftragsannahme um den Farbton zu kümmern. Ist das ein Exot oder nicht? Eventuell ein Dreischichter? Wie stark muss ich die Reparaturfläche erweitern? Wenn ich das früh weiß, bin ich bei der Prozessplanung schneller. Der Monteur muss zum Beispiel nur einmal ran. Hier kann auch ein Tool wie unser easyBlend sehr gut helfen. Ebenso bei der Dokumentation des Schadens: Wenn ich dem Kunden bzw. der Versicherung plastisch zeige und mit aussagefähigen Bildern dokumentiere, wie weit die Reparaturzone beim jeweiligen Farbton gehen muss, schafft das Glaubwürdigkeit und Transparenz.

Herr Grebe, vielen Dank für das Gespräch. mr ■


Thomas Grebe, Produktmanager PPG

„Die Farbtöne werden
immer komplexer und
wir halten da durchaus
mit, aber es ist ein permanenter Wettlauf.“



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