Die sorgfältige Komplettrestaurierung einer Oldtimerkarosserie setzt eine einwandfreie Oberfläche voraus: frei von Schmutz, Unterbodenschutz, alten Beschichtungen und natürlich Rost. Doch wie kommt man an das blanke Blech? Beim Schleifen stößt man schnell an Grenzen. Daher lohnt es sich, einen genauen Blick auf andere Methoden zur Entlackung und Entrostung zu werfen.
Sandstrahlen
Dieses Verfahren ist wohl das herkömmlichste und ist mittlerweile zum Standard geworden. Dabei handelt es sich bei dem Strahlmittel schon lange nicht mehr um richtigen Sand. Dieser ist zum einen gesundheitsschädlich, zum anderen hinterlassen die scharfen Kanten der Sandkörner Spuren, die nachher mühsam beseitigt werden müssen.
Strahlmittel
- Fürs Grobe, zum Beispiel durchgerostete Bodenbleche, gibt es Korund-Strahlmittel in unterschiedlichen Korngrößen.
- Etwas sanfter geht man mit Strahlmitteln auf Glasbasis zu Werke.
- Auch Mischungen aus beiden Materialien sind möglich. Der Vorteil bei derart abrasiven Strahlmitteln: Entlacken und Entrosten erfolgen in einem Arbeitsgang, der Effekt ist gründlich, und man sieht schnell, was Sache ist unter dem Lack.
- Besonders sanft ist das dagegen das Kunststoffstrahlen. Kunststoffgranulat wurde erstmals beim Entlacken der empfindlichen Aluminiumhaut von Flugzeugrümpfen eingesetzt.
- Eher zum Entlacken als zum Entrosten eignet sich Natriumbicarbonat. Im Grunde ist das nichts anderes als Backpulver, welches in verschiedenen Körnungen pur oder unter Zugabe von Wasser verwendet wird.
Hochdruck-Wasserstrahlverfahren
Eine besonders schonende Methode stellt das Entlacken mit Wasserdruck dar. Das Verfahren eignet sich für alle metallische Oberflächen, auch für Aluminium. Das zu bearbeitende Metall wird dabei in einer speziellen Kabine mit einem kreisenden Hochdruck-Wasserstrahl bearbeitet. Dabei kann ein Wasserdruck von 800 bis 3.100 bar erzeugt werden. Der Durchmesser des Strahls lässt sich dabei zwischen zwei und fünf Zentimetern verstellen. Je nach Druck und Breite des Strahls werden zwischen drei und 18 Liter Wasser pro Minute verbraucht. Die zu bearbeitende Karosserie wird dabei auf einem Rahmen fixiert, der um 360 Grad gedreht werden kann, sodass alle Stellen komfortabel erreicht werden können.
Für das Entlacken mit dem Hochdruck-Wasserstrahl spricht nicht zuletzt ein Umweltargument: Das Wasser wird gefiltert und kann daher für weitere Behandlungen wiederverwendet werden, während die Rückstände in einem Becken ausgefiltert und später entsorgt werden.
Entlacken im Tauchbad
Eine schonende, wenn auch aufwendige Möglichkeit, Karosserien zu entlacken, ist ein Tauchbad. Beim Tauchbad-Entlacken wird die Karosserie zunächst auf einem Entlackungsgestell befestigt. Die komplette Konstruktion wird dann mit Hilfe eines Deckenkrans in das Entlackungsbecken getaucht. Das Entlackungsmittel besteht aus einer Mischung aus Lauge, Wasser und Entlackungsverstärkern
Trockeneisstrahlen
Für die wirtschaftliche und gleichzeitig schonende Reinigung verschiedenster Oberflächen hat sich das Trockeneis-Strahlverfahren bewährt. Das Trockeneisstrahlen ist ein Partikelstrahlverfahren, bei dem CO2-Pellets als Strahlmittel verwandt werden. Aus der Strahlpistole kommen dabei minus 79 °C kalte Kohlendioxid-Pellets.
Durch den Aufprall der Pellets mit hoher Geschwindigkeit wirkt eine, wenn auch sanfte, kinetische Energie. Gleichzeitig führt der Temperaturschock an der Oberfläche zur Versprödung und zur Rissbildung. Dazu kommt schließlich die 700-fache Volumenerweiterung des Trockeneises durch das Verdampfen. Verschmutzungen, Unterbodenschutz, aber auch Lackfilme werden damit regelrecht abgesprengt. Im Bereich der Fahrzeugrestaurierung ist das Trockeneisstrahlen weniger als Entlackungsmethode, sondern als besonders effektives Mittel zur Reinigung gefragt. Auf diese Weise können außer Farbschichten auch Öle, Fette, Teer, Bitumen, Tinte, Harz, Klebstoffe, Wachs, Silikon- und Gummirückstände, Kaugummi und andere Substanzen entfernt werden.
Nach dem Einsatz sind keine Strahlmittelreste zu entsorgen. Das Strahlmedium löst sich hierbei buchstäblich in Luft auf. Zurück bleibt eine saubere Oberfläche und die abgestrahlten Substanzen.
TIPP: Trockeneis räumt zwar mit Unterbodenschutz, Fett, Schmutz oder auch Beschichtungen gründlich auf, Rost ist damit jedoch nicht entfernbar.
Thermisches Entlacken
Beim thermischen Entlacken im Pyrolyseofen wird die Karosserie unter Sauerstoffausschluss sehr hohen Temperaturen von bis zu maximal 400 °C ausgesetzt. Das Verfahren wird daher auch als „Schwelpyrolyse“ bezeichnet. Alle organischen Materialien, welche sich noch an der Karosserie befinden, wie Lack, Spachtel und Unterbodenschutz werden dabei zersetzt, sodass lediglich die reine Stahlkarosserie bestehen bleibt.
Thermisches Entlacken bietet sich vor allem bei Oldtimer-Karosserien an. Das Verfahren ist günstiger, schneller und ressourcenschonender als herkömmliche Verfahren. Der größte Vorteil dieser Methode besteht darin, dass es selbst schwierigen Bereiche vordringt. Im Gegensatz zum Strahlen, wo federnde Materialien wie Spachtel oder Kunststoffe zu Problemen führen, lassen sich mit der thermischen Entlackung einwandfreie Ergebnisse erzielen, ohne dass die Oberfläche verformt oder ausgedünnt wird.
TIPP: Da Anbauten aus Aluminium, Verklebungen oder Kunststoffteile der ‧Pyrolyse nicht standhalten, sind Karosserien in Materialmischbauweise, also ‧z. B. aus einem Stahl-Aluminium-Werkstoffverbund nicht für dieses Verfahren geeignet.