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Entlacken und Entrosten - Verfahren für Fahrzeugkarosserien

Restauration
Entlacken und Entrosten – Verfahren für Fahrzeugkarosserien

Entlacken und Entrosten - Verfahren für Fahrzeugkarosserien
Eine schonende, wenn auch aufwendige Möglichkeit, Karosserien zu entlacken, ist ein Tauchbad. Foto: M. Rehm

Die sorgfältige Komplettrestaurierung einer Oldtimerkarosserie setzt eine einwandfreie Oberfläche voraus: frei von Schmutz, Unterbodenschutz, alten Beschichtungen und natürlich Rost. Doch wie kommt man an das blanke Blech? Beim Schleifen stößt man schnell an Grenzen. Daher lohnt es sich, einen genauen Blick auf andere Methoden zur Entlackung und Entrostung zu werfen.

Sandstrahlen

Beim Sandstrahlen stehen verschidene Strahlmitteln zur Verfügung, die sich vor allem in ihrer Aggressivität unterscheiden. Foto: M. Rehm
Beim Sandstrahlen stehen verschidene Strahlmitteln zur Verfügung, die sich vor allem in ihrer Aggressivität unterscheiden. Foto: M. Rehm

Dieses Verfahren ist wohl das herkömmlichste und ist mittlerweile zum Standard geworden. Dabei handelt es sich bei dem Strahlmittel schon lange nicht mehr um richtigen Sand. Dieser ist zum einen gesundheitsschädlich, zum anderen hinterlassen die scharfen Kanten der Sandkörner Spuren, die nachher mühsam beseitigt werden müssen.

Sandstrahl-Spezialisten steht ein ganzes Arsenal von Strahlmitteln zur Verfügung, die sich vor allem in ihrer Aggressivität unterscheiden.
Strahlmittel
  • Fürs Grobe, zum Beispiel durchgerostete Bodenbleche, gibt es Korund-Strahlmittel in unterschiedlichen Korngrößen.
  • Etwas sanfter geht man mit Strahlmitteln auf Glasbasis zu Werke.
  • Auch Mischungen aus beiden Materialien sind möglich. Der Vorteil bei derart abrasiven Strahlmitteln: Entlacken und Entrosten erfolgen in einem Arbeitsgang, der Effekt ist gründlich, und man sieht schnell, was Sache ist unter dem Lack.
  • Besonders sanft ist das dagegen das Kunststoffstrahlen. Kunststoffgranulat wurde erstmals beim Entlacken der empfindlichen Aluminiumhaut von Flugzeugrümpfen eingesetzt.
  • Eher zum Entlacken als zum Entrosten eignet sich Natriumbicarbonat. Im Grunde ist das nichts anderes als Backpulver, welches in verschiedenen Körnungen pur oder unter Zugabe von Wasser verwendet wird.
TIPP: Aggressive Strahlmittel können nachteilige Effekte auf das Materialgefüge haben. Dächer oder Hauben können durch zu intensiven Beschuss ihre Formstabilität verlieren. Die Folge sind die gefürchteten „Frösche“ im Blech.

OldtimerrestaurierungHochdruck-Wasserstrahlverfahren

Eine besonders schonende Methode stellt das Entlacken mit Wasserdruck dar. Das Verfahren eignet sich für alle metallische Oberflächen, auch für Aluminium. Das zu bearbeitende Metall wird dabei in einer speziellen Kabine mit einem kreisenden Hochdruck-Wasserstrahl bearbeitet. Dabei kann ein Wasserdruck von 800 bis 3.100 bar erzeugt werden. Der Durchmesser des Strahls lässt sich dabei zwischen zwei und fünf Zentimetern verstellen. Je nach Druck und Breite des Strahls werden zwischen drei und 18 Liter Wasser pro Minute verbraucht. Die zu bearbeitende Karosserie wird dabei auf einem Rahmen fixiert, der um 360 Grad gedreht werden kann, sodass alle Stellen komfortabel erreicht werden können.
Für das Entlacken mit dem Hochdruck-Wasserstrahl spricht nicht zuletzt ein Umweltargument: Das Wasser wird gefiltert und kann daher für weitere Behandlungen wiederverwendet werden, während die Rückstände in einem Becken ausgefiltert und später entsorgt werden.

TIPP: Nicht verhindern lässt sich bei dem Verfahren, dass Wasser in Hohlräume eindringt. Um Korrosion zu verhindern, sollte eine wassergestrahlte Karosserie daher unmittelbar im Anschluss erhitzt werden. Ach kann ine schützende Beschichtung mit Epoxyd-Primer aufgetragen werden.

Entlacken im Tauchbad

Eine schonende, wenn auch aufwendige Möglichkeit, Karosserien zu entlacken, ist ein Tauchbad. Foto: M. Rehm
Eine schonende, wenn auch aufwendige Möglichkeit, Karosserien zu entlacken, ist ein Tauchbad. Foto: M. Rehm

Eine schonende, wenn auch aufwendige Möglichkeit, Karosserien zu entlacken, ist ein Tauchbad. Beim Tauchbad-Entlacken wird die Karosserie zunächst auf einem Entlackungsgestell befestigt. Die komplette Konstruktion wird dann mit Hilfe eines Deckenkrans in das Entlackungsbecken getaucht. Das Entlackungsmittel besteht aus einer Mischung aus Lauge, Wasser und Entlackungsverstärkern

Bei einer Temperatur von 80 °C kommt es zu einer Aufquellung der Lackschicht und zu einer chemischen Zerstörung des Bindemittels. Wieder aus dem Tauchbecken zurück, wird der zerstörte Lack mit Wasserhochdruck entfernt. Die Karosserie wird sorgfältig gespült und ebenfalls mit Wasserhochdruck gereinigt. Aluminiumuntergründe und verzinkte Stahlbleche können bei einer Softentlackung mit modifizierten Lösemittelgemischen entlackt werden. Umgekehrt bedeutet dies, dass Mischkarosserien, etwa aus Aluminium und Stahl, nicht tauchbadentlackt werden können – es sei denn, man trennt die Bauteile.
TIPP: Wenn nach der Tauchbad-Entlackung Rost zum Vorschein kommt, kann die Karosserie in einem weiteren Tauchbecken ein 40 bis 50 °C warmes Entrostungsbad nehmen. Dabei verwendet man ein phosphorsäurehaltiges Entrostungsmittel mit Rostinihibitor. Mit der Entrostung wird gleichzeitig eine Passivierung auf blankem Metall erreicht. Die Phosphorsäure verhindert eine Bildung von korrosiven Rückständen auf der Metalloberfläche.

Trockeneisstrahlen

Auch im Automotive-Bereich wird das Trockeneis-Strahlverfahren eine Nische erobern. Der Hauptvorteil: Kein Staub.
Fotos: Kärcher (1), M. Rehm

Für die wirtschaftliche und gleichzeitig schonende Reinigung verschiedenster Oberflächen hat sich das Trockeneis-Strahlverfahren bewährt. Das Trockeneisstrahlen ist ein Partikelstrahlverfahren, bei dem CO2-Pellets als Strahlmittel verwandt werden. Aus der Strahlpistole kommen dabei minus 79 °C kalte Kohlendioxid-Pellets.

Durch den Aufprall der Pellets mit hoher Geschwindigkeit wirkt eine, wenn auch sanfte, kinetische Energie. Gleichzeitig führt der Temperaturschock an der Oberfläche zur Versprödung und zur Rissbildung. Dazu kommt schließlich die 700-fache Volumenerweiterung des Trockeneises durch das Verdampfen. Verschmutzungen, Unterbodenschutz, aber auch Lackfilme werden damit regelrecht abgesprengt. Im Bereich der Fahrzeugrestaurierung ist das Trockeneisstrahlen weniger als Entlackungsmethode, sondern als besonders effektives Mittel zur Reinigung gefragt. Auf diese Weise können außer Farbschichten auch Öle, Fette, Teer, Bitumen, Tinte, Harz, Klebstoffe, Wachs, Silikon- und Gummirückstände, Kaugummi und andere Substanzen entfernt werden.

Nach dem Einsatz sind keine Strahlmittelreste zu entsorgen. Das Strahlmedium löst sich hierbei buchstäblich in Luft auf. Zurück bleibt eine saubere Oberfläche und die abgestrahlten Substanzen.

TIPP: Trockeneis räumt zwar mit Unterbodenschutz, Fett, Schmutz oder auch Beschichtungen gründlich auf, Rost ist damit jedoch nicht entfernbar.

Thermisches Entlacken

Das Verfahren wird daher auch als „Schwelpyrolyse“ bezeichnet. Foto: M. Rehm
Das Verfahren wird daher auch als „Schwelpyrolyse“ bezeichnet. Foto: M. Rehm

Beim thermischen Entlacken im Pyrolyseofen wird die Karosserie unter Sauerstoffausschluss sehr hohen Temperaturen von bis zu maximal 400 °C ausgesetzt. Das Verfahren wird daher auch als „Schwelpyrolyse“ bezeichnet. Alle organischen Materialien, welche sich noch an der Karosserie befinden, wie Lack, Spachtel und Unterbodenschutz werden dabei zersetzt, sodass lediglich die reine Stahlkarosserie bestehen bleibt.

Die Nachbehandlung ist analog zu jener bei der chemischen Entlackung. Die Karosserie wird mit einem Hochdruckreiniger gewaschen, in einem Tauchbad nachentlackt, in einer phosphorhaltigen Lösung entrostet und anschließend neutralisiert.
Thermisches Entlacken bietet sich vor allem bei Oldtimer-Karosserien an. Das Verfahren ist günstiger, schneller und ressourcenschonender als herkömmliche Verfahren. Der größte Vorteil dieser Methode besteht darin, dass es selbst schwierigen Bereiche vordringt. Im Gegensatz zum Strahlen, wo federnde Materialien wie Spachtel oder Kunststoffe zu Problemen führen, lassen sich mit der thermischen Entlackung einwandfreie Ergebnisse erzielen, ohne dass die Oberfläche verformt oder ausgedünnt wird.

TIPP: Da Anbauten aus Aluminium, Verklebungen oder Kunststoffteile der ‧Pyrolyse nicht standhalten, sind Karosserien in Materialmischbauweise, also ‧z. B. aus einem Stahl-Aluminium-Werkstoffverbund nicht für dieses Verfahren geeignet.

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