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Für Karosseriebetriebe rückt Klimaservice immer stärker in den Fokus

Die einst strikt getrennten Berufsbilder Karosserie, Lack, Mechanik und Elektronik bilden eine immer größer werdende Schnittmenge. Längst muss das jeweilige Fachpersonal über den Tellerrand schauen. Für Karosseriebetriebe rückt beispielsweise der Klimaservice immer mehr in den Fokus. Der Grund dafür liegt in der Bauweise moderner Fahrzeuge: Der Kondensator ist in der Regel in direkter Nachbarschaft zum Motorkühler montiert. Kommt es zu einem Unfallschaden im Frontbereich, ist häufig auch das Klimaanlagenbauteil beschädigt. Mit der einfachen Erneuerung ist es jedoch nicht getan, erst wenn die Anlage befüllt ist, kann sie den Passagieren ein angenehmes Klima verschaffen. Natürlich könnte man für solche Arbeiten die Fahrzeuge in Fremdunternehmen verbringen. Dadurch wird aber zum einen die Reparaturdauer in die Länge gezogen, zum anderen geht dem Unternehmer eine gehörige Portion Umsatz verloren.

Welche Voraussetzungen müssen Betriebe erfüllen, um einen fachgerechten Klimaservice anbieten zu können? Welche Investitionen sind nötig? Über das und einiges mehr hat sich unser Autor Uwe Meuren mit Horst Gottwald, Vertriebsleiter Automotive, Dometic WAECO International GmbH unterhalten.
Herr Gottwald, ist das Angebot Klimaservice für einen Karosserie- und Lackierbetrieb grundsätzlich rentabel?
Ja, sogar sehr. Denn bei fast jeder Reparatur eines Frontschadens oder bei Lackierarbeiten an der Fahrzeugfront muss die Klimaanlage entleert oder instandgesetzt werden. Dieses Geschäftspotenzial sollte sich kein Betrieb entgehen lassen.
Welche Anforderungen muss ein Betrieb mitbringen, um einen Klimaservice durchführen zu können?
Vor allem den gesetzlich vorgeschriebenen Sachkundenachweis für die Arbeit an Fahrzeug-Klimaanlagen. Darüber hinaus ist es sicherlich sehr hilfreich, mindestens einen Kfz-Meister, einen ausgebildeten Mechatroniker oder Kfz-Mechaniker im Betrieb zu beschäftigen.
Sind bauliche Maßnahmen erforderlich? Wenn ja, welche?
An den Gebäuden eines Werkstattbetriebs sind keinerlei Um- oder Erweiterungsbaumaßnahmen nötig. Der Servicepoint lässt sich äußerst platzsparend unterbringen.
Wie hoch sind die Investitionen in Personal und Ausrüstung?
Die Neuanschaffung einer Klimaservicestation sowie des notwendigen Zubehörs ist im Schnitt mit etwa 3.500 Euro zu veranschlagen. Die Investitionen ins Personal sind ebenfalls sehr überschaubar: Ein Service-Vorgang nimmt in der Regel den Gegenwert eines Arbeitswerts in Anspruch.
Warum halten Sie es für unbedingt erforderlich, dass ein Karosseriebetrieb auch in Sachen Klimaservice firm sein sollte?
Jede Behebung eines Unfallschadens an der Front und jede Karosseriearbeit in diesem Bereich setzt die Demontage von Teilen der Klimaanlage voraus. Sämtliche Hauptbaugruppen einer Klimaanlage wie Kondensator, Kompressor, Filtertrockner und die meisten Leitungen sind in der Fahrzeugfront untergebracht. Damit erschließt sich der Sinn für jeden Karosseriebetrieb nahezu von selbst.
Sie bieten ein Partnerschaftsprogramm für Reparaturbetriebe an. Wie funktioniert dies, und worin liegt der Nutzen einer solchen Partnerschaft für Karosseriebetriebe?
WAECO AirConService-Partner werden von unseren Spezialisten stets mit den neuesten spezifischen Informationen sämtlicher Fahrzeughersteller versorgt. Unsere kompetente Techniker-Hotline hilft Betrieben bei etwaigen Problemen direkt am Telefon und hält jede Menge fachlicher Tipps rund um die effektive Klimaanlegenwartung- und -reparatur bereit. Außerdem unterstützt WAECO seine Partner gezielt mit speziellen Marketingmaßnahmen, stellt individuelle Verkaufsunterlagen zur Verfügung und informiert seine Partnerbetriebe tagesaktuell über ein passwortgeschütztes Internet-Portal über Produktneuheiten sowie über alle Neuheiten rund um den Service an Pkw-Klimaanlagen.
Entschließt sich ein Unternehmen künftig im Klimaservice aktiv zu sein – in welch Kältemittel-Technologie, R134a oder R1234yf, soll man investieren?
In erster Linie ist das Kältemittel R 134a noch sehr lange das Maß aller Dinge. Bis Ende 2016 werden Neufahrzeuge mit einer Typzulassung vor dem 1. Januar 2011 auf jeden Fall noch R 134a-Klimaanlagen ausgeliefert. Bei einer durchschnittlichen Lebensdauer dieser Pkw von 15 Jahren, sind also gut 43 Millionen Fahrzeuge mit dem „alten“ Kältemittel auf unseren Straßen unterwegs. In den kommenden Jahren jedoch wird das alternative Kältemittel R 1234yf in den Fokus rücken. Denn auch Neuwagen sind nicht vor Unfallschäden gefeit. Somit ist eine Investition in beide Techniken für vorausschauende Betriebe sicherlich unerlässlich.
Heißt das, ich muss in zweierlei Techniken investieren?
Leider ja; der Umgang mit dem neuen Kältemittel erfordert eine andere technische Ausstattung von Servicegeräten. Von daher gibt es keine andere Möglichkeit.
Karosseriebauer und Lackierer sind keine Mechaniker – reicht die Fingerfertigkeit zur Instandsetzung einer Klimaanlage dennoch aus?
Die Befähigung der im Betrieb Beschäftigten ist sicherlich vorhanden. Allerdings ist zu beachten, dass der mit einer Instandsetzung betraute Mitarbeiter über einen Sachkundenachweis verfügt.
Welche Arbeiten sind nach einer Reparatur unbedingt erforderlich, um die vollständige Funktion der Klimaanlage zu gewähren?
Dadurch, dass die einzelnen Arbeitsabläufe eines Klimaservices in der Regel vollautomatisch gesteuert ablaufen, ist nach einer Reparatur oder einem Service lediglich noch die einwandfreie Funktion der Klimaanlage zu überprüfen. Dabei geht es in der Hauptsache um die Leistung des Kompressors und die im Fahrgastraum gemessene Kälteleistung der Anlage.
Viele Reparaturbetriebe vergeben den Klimaservice an Spezialisten weiter. Welches Umsatzpotenzial geht da verloren?
Der reine Befüllvorgang einer Pkw-Klimaanlage kostet pro Fahrzeug zurzeit etwa 60 bis 70 Euro. Da der Kältemittelpreis stetig steigt, ist hier ein weiterer Anstieg zu erwarten. Hinzu kommen selbstverständlich die Aufwendungen für die aufgebrachte Arbeitszeit sowie die Kosten für den Transport des Kundenfahrzeugs zu einer anderen Werkstatt. Alles in allem verzichtet ein Betrieb, der keinen Klimaservice bietet, also auf jede Menge Umsatz und Profit.
Ist der von Ihnen angesprochene Fachkundenachweis immer wieder durch Nachschulungen aufzufrischen? Dazu gleich eine Anschlussfrage: Ist dieser Nachweis sowohl für R134a als auch für R1234yf gültig oder muss jeweils eine Schulung absolviert werden?
Die seit dem Jahr 2008 neu geregelte Richtlinie sieht vor, dass der erbrachte Sachkundenachweis sowohl für das Kältemittel R 134a wie auch für R 1234yf gültig ist. Die Nachschulung eines Mitarbeiters, der den Nachweis bereits besitzt ist demnach nicht erforderlich.
Warum ist der Nachweis erforderlich?
Er ist nun einmal gesetzlich vorgeschrieben und hat auch durchaus großen Sinn, denn bei unsachgemäßem Umgang mit Fahrzeugklimaanlagen, Kältemittel und Servicegeräten besteht Gefahr für Leib und Leben. Ich denke, diesem Risiko will sich niemand aussetzen.
Welchen Service bieten Sie Unternehmen, die sich erstmalig mit dem Gedanken befassen in das Klimaservicegeschäft einzusteigen?
Zusätzlich zu den Schulungen zur Erlangung des Sachkundenachweises bietet WAECO jedem Käufer eine gezielte praktische Ersteinweisung in die Technik seiner ASC-Klimaservicestationen und natürlich umfassenden technischen Support durch unsere geschulten Außendienstmitarbeiter und die spezielle Telefon-Hotline.
Letzte Frage: Welchen „Allround-Tipp“ können Sie den Karosserie- und Lackierbetrieben geben, die künftig Klimaservice anbieten wollen?
Durch eine verbesserte Ausnutzung ihrer Ressourcen und eine bessere Werkstattauslastung profitieren interessierte Betriebe in hohem Maße. Sie werden für Kunden durch eine Ausweitung ihres Serviceangebots zudem noch attraktiver und erwirtschaften nicht nur zusätzlichen Umsatz, sondern stärken auch die Kompetenz ihrer Mitarbeiter. So gesehen ist der Klimaservice im Grunde genommen ein Muss für jeden Karosserie- und Lackierbetrieb.
Herr Gottwald, vielen Dank für das interessante Gespräch. Uwe Meuren

Heiße Diskussion um Kältemittel

Seit Januar 2012 gelten bei Kältemitteln für Klimaanlagen neue Regeln. Im Mittelpunkt der Diskussion steht der so genannte GWP- (für Global Warming Potential) Wert, der die klimaschädigende Wirkung eines Stoffes darstellt. Nach der EG-Richtlinie 25006/40/EG erhalten Fahrzeuge, deren Klimaanlagen mit einem Mittel betrieben werden, dessen GWP-Wert über 150 liegt, weder eine Typengenehmigung noch eine Betriebserlaubnis. R134a sorgt seit einigen Jahren für gutes Klima in Fahr- und Flugzeugen sowie in Gebäuden, ist aber aufgrund seiner chemischen Zusammensetzung extrem umweltschädlich und überschreitet den von der EG geforderte GWP-Wert um ein Vielfaches. Zwei Kältemittel, beide nach Angaben der jeweiligen Hersteller umweltneutral, lieferten sich bis zur endgültigen Entscheidung ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die gesetzliche Genehmigung: Das von der Automobilindustrie favorisierte R1234yf sowie das von Umweltschutzverbänden angepriesene, natürliche Kältemittel CO2. Letztendlich fiel die Entscheidung zu Gunsten der Automobilindustrie und künftig werden die Klimaanlagen mit R1234yf betrieben – zumindest wenn es nach dem Willen der Gesetzgeber und Hersteller geht. Viele Branchenkenner sind aber der Überzeugung, dass R1234yf noch keine Marktreife hat. Zu dieser Überzeugung gelangt man unwillkürlich, betrachtet man die Durchdringung des Fahrzeugmarktes: Bis zum 1. Januar 2017 werden weiterhin Fahrzeuge produziert, in deren Klimaanlage sich R134a befindet. Lediglich etwas mehr als ein Viertel aller im Verkehr befindlichen Fahrzeuge werden dann schon das neue Kältemittel in der Klimaanlage haben. Rechnet man eine durchschnittliche Fahrzeuglebensdauer von 15 Jahren zu dem am 31.12.2016 letzten, produzierten „R134a-Auto“ so werden 2031 nicht ganz 75 Prozent der Fahrzeugklimaanlagen mit R1234yf betrieben. Was aber bedeuten die Zahlen für Werkstätten? Dazu lassen wir Michael Beer, Produkt Manager Klimatechnik bei der Dometic Waeco International GmbH, zu Wort kommen: „Bis tatsächlich erste Autos auf Deutschlands Straßen rollen, deren Klimaanlage mit R1234yf betrieben ist, dauert es noch bis Mitte oder gar Ende 2012. Die Überwiegende Mehrheit klimatisierter Autos ist nach wie vor mit R134a unterwegs. Für Servicebetriebe und Reparaturunternehmen, die einen Klimaservice im Zuge der Instandsetzung durchführen müssen, stellt sich erst mittelfristig eine Änderung ein. Nur langsam setzen sich die Fahrzeuge mit dem neuen Kältemittel am Markt durch. Unter Druck ein neues Klimaservicegerät kaufen – davon rate ich dringend ab. Werkstattinhaber können sich mit der Anschaffung eines neuen Servicegerätes Zeit lassen und sich ausgiebig informieren, um die für die jeweiligen Bedürfnisse passende Version zu finden.“

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