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Fahrzeugdesinfektion: So funktioniert die korrekte Wischdesinfektion

Tipps vom ZKF
Fahrzeugdesinfektion zum Schutz von Mitarbeitern und Kunden

Fahrzeugdesinfektion zum Schutz von Mitarbeitern und Kunden
Bild: Michael Zierau

In der Vergangenheit gab es immer wieder Diskussionen darüber, welche Art der Desinfektion sinnvoll ist und welcher Material- und Zeitaufwand hierfür erforderlich ist. Um hier aus technischer Sicht Klarheit für die Branche zu schaffen, haben das Allianz Zentrum für Technik (AZT), der Zentralverband Karosserie- und Fahrzeugtechnik (ZKF) sowie die Interessengemeinschaft Fahrzeugtechnik und Lackierung (IFL eV) gemeinsam eine Zeit- und Materialstudie durchgeführt. Im Ergebnis erhalten alle interessierten Kreise eine Empfehlung, welche Art der Desinfektion sinnvoll ist, welche Fahrzeugbereiche desinfiziert werden sollten, wie eine Fahrzeugdesinfektion ablaufen kann und welcher zeitliche Umfang und Materialaufwand für die Desinfektionsmaßnahmen realistisch ist.

Die Grundlagen zur Fahrzeugdesinfektion

Basis für die Zeiterhebung sind die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) und die Konkretisierungen der  Berufsgenossenschaften Holz und Metall (BGHM) und Verkehrswirtschaft Post Logistik Telekommunikation (BG Verkehr) und die aktuellen Informationen des Robert-Koch-Institutes (RKI).
Das RKI schreibt in seinen Hinweisen zu Reinigung und Desinfektion von Oberflächen außerhalb von Gesundheitseinrichtungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie (Stand: 03.07.2020):

…generell nimmt die Infektiosität von Coronaviren auf unbelebten Oberflächen in Abhängigkeit von Material und Umweltbedingungen wie Temperatur und Feuchtigkeit ab. Für SARS-CoV-1 konnte gezeigt werden, dass das Virus bis zu 6 Tage auf bestimmten Oberflächen infektiös bleibt [Rabenau 2005], jedoch auf z.B. Papier und anderen porösen Materialien schon nach wesentlich kürzerer Zeit inaktiviert wird [Lai 2005]. Aus ersten Untersuchungen geht hervor, dass SARS-CoV-2 ähnliche Eigenschaften zeigt  [Doremalen 2020]. Generell kann bei niedrigen Temperaturen von einer längeren Infektiosität des Virus ausgegangen werden. Auch in biologischen Sekreten (bei Anschmutzung) ist davon auszugehen, dass das Virus länger stabil bleibt. Eine Kontamination der Oberflächen in der unmittelbaren Umgebung von infizierten Personen ist nicht auszuschließen. Nachweise über eine Übertragung durch Oberflächen im öffentlichen Bereich liegen jedoch bisher nicht vor…

In den Vorgaben der BGen heißt es zum Umgang mit Kundenfahrzeugen konkret:
… sollten die Oberflächen, die von den Beschäftigten berührt werden müssen, wie Lenkrad, Armaturenbrett, Schalthebel oder Türgriffe, mit handelsüblichem Reiniger abgewischt werden. Der Einsatz von Desinfektionsmitteln ist nicht zwingend erforderlich.

Das sei bei Reinigungsarbeiten zu beachten:

  • Einmalhandschuhe tragen (auch mit Handschuhen nicht ins Gesicht fassen!)
  • eine Wischreinigung durchführen (Reiniger nur aufzusprühen und einwirken lassen ist weniger effektiv)
  • Tücher nur einmal verwenden und dann entsorgen
  • Der Einsatz von Desinfektionsmitteln ist nicht zwingend erforderlich. Unabhängig hiervon können Desinfektionsmittel Fahrzeugoberflächen angreifen und beschädigen.
  • Bei chemischer Desinfektion sind Mittel mit nachgewiesener Wirksamkeit mit dem Wirkungsbereich begrenzt viruzid (wirksam gegen behüllte Viren), begrenzt viruzid PLUS oder viruzid anzuwenden. Abzuraten ist von der Anwendung von reinem Ethanol und Isopropanol als Desinfektionsmittel. Es besteht Feuer- und Explosionsgefahr.

Video: Fahrzeugdesinfektion richtig durchführen

Die Desinfektion von Kundenfahrzeugen in der Praxis:

Nach Umfrage bei den ZKF-Mitgliedsbetrieben haben sich im Wesentlichen zwei Arten der Fahrzeugdesinfektion in der Branche durchgesetzt:
• Wischdesinfektion mit Feuchttüchern oder handelsüblichen Reinigern und Einmaltüchern
• Desinfektion des Fahrzeugs durch Kaltvernebelung von Natriumhypochlorid*

Durch beide Maßnahmen werden die Arbeitsschutzvorgaben der BGen erfüllt. Um einen effektiven Schutz von Mitarbeitern und Kunden zu gewährleisten, sind die Reinigungs-/  Desinfektionsarbeiten bei Annahme des Fahrzeugs und vor Rückgabe an den Kunden durchzuführen.

Unabhängig von der gewählten Desinfektionsmethode ist durch die Werkstatt die Verträglichkeit des verwendeten Reinigungs- oder Desinfektionsmittels auf den zu desinfizierenden Fahrzeugoberflächen zu prüfen.

Durchführung der Wischdesinfektion

Wirkungsweise:
Durch das feuchte Abwischen mit Reinigungsmittel soll die Virusbelastung der Oberflächen am und im Fahrzeug auf ein unkritisches Maß verringert werden. Um dies Sicherzustellen ist seitens der Ausführenden ein strukturiertes Vorgehen nötig.

Vorgehen zur korrekten Desinfektion:

Ablauf:

  • PSA anlegen: Einmalhandschuhe anziehen und Schutzmaske anlegen.
  • Einmaltuch mit handelsüblichem Reiniger (fettlösende Haushaltsreiniger) befeuchten, oder fertig mit Seifenlauge getränkte Einmaltücher verwenden.
  • Flächen im Außenbereich des Fahrzeugs wischen und Türen öffnen um nötige Durchlüftung des Fahrzeugs zu gewährleisten.
  • Danach ein neues Tuch verwenden, um den Innenbereich nicht zu verunreinigen.
  • Flächen im Inneren des Fahrzeuges abwischen (Beachten: Bei Griffen, Lenkrad und Schaltern auch die Rückseiten wischen).
  • Regelmäßig Einmaltuch nachfeuchten.
  • Ggf. nachwischen der gereinigten Flächen mit trockenem Einmaltuch.
  • Tücher und Einmalhandschuhe nach Gebrauch fachgerecht entsorgen.

Kontaktflächen wischen:

Außenbereich:

Innenbereich:

Durchführung der Desinfektion mittels Kaltvernebelung

Wirkungsweise:

Natriumhypochlorid hüllt Viren und Bakterien ein und oxidiert diese. Wirkungseintritt nach ca. 15 Sek.

Desinfektion der Klimaanlage:

Zur COVID 19-Fahrzeugdesinfektion nicht notwendig

Vorgehen zur korrekten Desinfektion:
Vernebler befüllen – Je nach Fahrzeuggröße zwischen 100 und 150 ml – Betriebsdruck 4-6 bar. PSA anlegen: Einmalhandschuhe anziehen und Schutzmaske anlegen

Kontaktflächen abnebeln/desinfizieren:

Außenbereich:

Innenbereich:

Innenraumdesinfektion:

Vorarbeiten:

• Arbeit nicht in der Sonne durchführen/Fahrzeuginnenraum muss kalt (unter 22°C) sein
• Motor laufen lassen (ggf. Abgasschlauch anbringen), oder Zündung an (Batterieladeerhaltung beachten)
• Klimaanlage einschalten auf 20 °C – Lüftung auf Umluft Stufe 1
• Luftdüsen öffnen

Durchführung:

• Vernebler abschalten
• Desinfektionsmittel 5 min einwirken lassen bei geschlossenen Türen und laufendem Fahrzeug
• Fahrzeug abschalten und 3-5 Min. durchlüften
• Einmalhandschuhe entsorgen
Ein Nachwischen der Flächen und Fenster ist nicht notwendig.

Ergebnis der Zeit- und Materialstudie

Die Zeit- und Materialstudie wurde im AZT in Ismaning nach REFA Richtlinie in Kooperation mit der IFL und dem ZKF durchgeführt. Gemessen wurde an einem 5-Türer Mittelklasse Kombi und zum Vergleich an einem 2-Türer Mittelkasse Fließheck. Die gemessenen Zeiten unterschieden sich bei den Fahrzeugen nicht signifikant, so dass davon auszugehen ist, dass die benötigte Zeit und der jeweilige Materialverbrauch über alle Fahrzeugklassen von Kleinwagen über SUVs bis hin zu Oberklasse und Grossraumvans vergleichbar sind.

Für beide Desinfektionsarten wurden jeweils mehrere Durchgänge mit unterschiedlichen Werkern erfasst, um eine realistische Leistungsgradschätzung zu ermöglichen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass es sich nicht um entsprechend eingearbeitete Werker handelte, wodurch die in der Praxis durch die wiederkehrenden Abläufe einkehrende Routine noch nicht vorhanden war. Dies führt zu tendenziell höheren Zeiten im Rahmen der Zeitstudie. Da die einzelnen Arbeitsschritte für eine sinnvolle getrennte Erfassung zu kurz sind, wurde nur die
Zeit zwischen Arbeitsbeginn (Handschuhe anziehen) und Arbeitsende (Handschuhe entsorgen) erfasst und bewertet. Die gemessenen Zeiten wurden von den beteiligten Parteien einvernehmlich mit einem Leistungsgrad beurteilt und den ermittelten Durchschnittszeiten ein Verteilzeit-Zuschlag* von 40 % hinzuaddiert.

Im Ergebnis wurde für beide Arten der Fahrzeugdesinfektion ein aufgerundeter Arbeitswert von 3 AW ermittelt, der sämtliche Desinfektionsarbeiten für Annahme und Rückgabe des Fahrzeugs inklusive aller vor- und nachbereitenden Tätigkeiten umfasst. Als Verbrauchsmaterial wurden maximal 7,50 € (Stand: Oktober 2020) inkl. eines ausreichend dimensionierten Sicherheitsaufschlags von bis zu 130% ermittelt.

Besonderheit bei Kaltverneblung:

Nicht erfasst wurden die Zeiten, in denen der Vernebler den Fahrzeuginnenraum einnebelt und die Einwirkzeit für das Desinfektionsmittel nach dem Einnebeln, da in diesen Zeiträumen keine Arbeiten am Fahrzeug durchgeführt wurden und die Ausführenden in dieser Zeit anderweitig produktiv werden können.

Die Investition für die Anschaffung des Kaltverneblers wurde bei der Studie nicht berücksichtigt.

Der Verbrauch an Desinfektionsmittel bei der Kaltverneblung wurde mit durchschnittlich 50 ml ermittelt und in der Materialberechnung mit entsprechendem Aufschlag berücksichtigt.
* Definition Verteilzeit: Neben der Grundzeit, der zur unmittelbaren Aufgabenerledigung notwendigen Arbeitszeit ist bei der Ermittlung der Gesamtarbeitszeit auch die „Verteilzeit“ zu berücksichtigen. Dies sind alle während der Arbeitszeit aufgewendeten Zeiten, die nicht unmittelbar zur Erfüllung der konkret übertragenen Aufgaben gehören. Unterschieden werden sachliche und persönliche Verteilzeiten, wie z.B. Rüstzeiten, Rückfragen, Unterbrechungen des Arbeitsablaufs, persönliche Verrichtungen etc.

Fazit

Durch die Corona-Pandemie bedingt kann die Desinfektion von Kundenfahrzeugen bei der Fahrzeugreparatur je nach individuellem Schutzkonzept der Werkstatt einen notwendigen
Arbeitsaufwand darstellen. Die zu reinigenden Fahrzeugteile sind alle Innen- und Außenflächen, die beim Gebrauch durch den Kunden oder bei der Reparatur durch den oder die Mitarbeiter berührt werden können. Hierzu zählen auch die Komponenten, die bedingt durch Aerosole eine entsprechende infektiöse Oberfläche bieten können. Der erforderliche Arbeitsaufwand beträgt durchschnittlich 3 AW, egal für welche Art der Reinigung (Wischdesinfektion, oder Desinfektion durch Kaltvernebelung) der Betrieb sich entscheidet. Die Kosten für benötigtes Verbrauchsmaterial betragen einmalig 7,50€ pro Auftrag.


Anbieter von Kaltverneblern inkl. Verbrauchsmaterial
WF air 1 / ASANTO
Wasserform GmbH
Brackenheimer Str. 40
74363 Güglingen
E-Mail: anfrage@wasserform.de

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Herth+Buss Fahrzeugteile GmbH & Co. KG
Dieselstraße 2-4
63150 Heusenstamm
info@herthundbuss.com

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SEHON Innovative Lackieranlagen GmbH
Herdweg 3
75391 Gechingen
E-Mail: info@biocleen.de

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Bildnachweis:
Alle Bilder – ZKF | Michael Zierau


* Natriumhypochlorid ist in den verwendeten, stark verdünnten Konzentrationen unschädlich für Menschen, Tiere und Umwelt – Keine Nacharbeit nach der Desinfektion – Wirkung durch Oxidation des Virus nach ca. 15 sec. – Wirksamkeit nachgewiesen an SARS-Viren – Kein negativer Einfluss auf Oberflächen im Fahrzeug (lt. Herstellerangaben; ohne Gewähr)

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