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Was Böses, aber seriös

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Was Böses, aber seriös

Harleys kauft man selten von der Stange – das gilt auch für die Lackierung

Das Bild ist wirklich beeindruckend: In langen Reihen steht im Showroom der Bike-Farm in Melle Harley an Harley, insgesamt sind es weit über 50 Motorräder, dazwischen auf Podesten komplett umgestaltete Custom-Bikes. Eine Treppe führt hinauf zur Bar auf der Empore, die mit zu Sofas umgebauten Chevrolet-Hecks, alten Zapfsäulen und riesigen Kakteen Highway-Atmosphäre atmet. Aber auch Champagnerflaschen in der Vitrine und Havannas im Humidor dürfen nicht fehlen. So ungefähr muss der Himmel für Harley-Fahrer aussehen. Kein Wunder, dass sie oft und gerne hierher kommen – einfach so, zum Fachsimpeln, Treffen planen oder Touren besprechen, aber auch, um sich ein neues Bike abzuholen. Die Bike-Farm ist einer der größten Harley-Händler Deutschlands, und kaum ein Motorrad verlässt den Laden, ohne dass die Serienausstattung verändert wurde.

Fahrbar und bezahlbar
Dabei pflegt die Bike-Farm ihren eigenen Stil, den Geschäftsführer Gerhard Remmert mit „fahrbar und bezahlbar“ beschreibt. „Dezentes Motortuning ist die Regel, breitere Reifen gehören auch dazu. Dazu kommen dann eine breitere Schwinge, ein paar mehr Chromteile, und so schaukelt sich das Ganze hoch. Am Ende machen die Umbauten doch einen ganz ordentlichen Teil des Gesamtpreises aus“, weiß Remmert. Eher zurückhaltend zeigen sich seine Kunden bei der Lackierung. Und dafür gibt es viele Gründe. Einer davon liegt auf der Hand. „Die Leute geben in der Regel so viel Geld für Umbauten aus, dass nachher für eine spezielle Lackierung gar nicht mehr so viel übrig ist – und das, obwohl man hier für relativ wenig Geld die stärksten Effekte erzielen kann.“
Dezentes Styling überwiegt
Doch starke Effekte sind ein heikles Thema für Harley-Fahrer. „Viele unserer Kunden sind eher zurückhaltend und wollen nicht dem gängigen Vorurteil vom protzigen, extrovertierten Harley-Fahrer Nahrung liefern. So ist dezentes Styling angesagt.“ Ziemlich out sind großflächige, gegenständliche Airbrush-Lackierungen. Totenköpfe oder sich auf dem Tank räkelnde Damen sucht man hier vergebllich. Auch Flip-Flop-Lackierungen und andere extreme Effekte sind für Remmerts Klientel nicht unbedingt der Hit. „Zu technisch, passt nicht“, lautet sein Urteil. Stark angesagt sind dagegen „Old-School“-Designs, Zweifarbenlackierungen im Stil der 50er und 60er. Oder einzelne, dezente Airbrush-Motive, die an diese Zeiten erinnern.
Reparatur als Ausnahme
Alle drei Jahre sieht Gerhard Remmert seine Kunden im Schnitt. Meist kommen sie, um irgendetwas umgestalten zu lassen. Unfallreparaturen sind dagegen eher die Ausnahme. „Wenn eine Harley auf der Straße liegt, denn hat der Besitzer in der Regel vergessen, den Ständer auszuklappen“, meint Remmert trocken. Etwas anders sieht das bei Kunden seiner „Zweitmarke“ Ducati aus: „Die wollen alle fahren, und das ziemlich schnell; gerne auch auf Rennstrecken.“ Sobald die ersten warmen Wochenenden kommen, füllt sich daher seine Werkstatt zuverlässig. Kleiner Wermutstropfen dabei: Auf die Lackierung legen die Hobby-Rennfahrer wenig Wert. Wer seine Maschine ab und zu auf die Straße legt, sieht keine Notwendigkeit, in eine teure Lackierung zu investieren.
Schriftzug statt Bilder
Kein Zweifel; die interessantere Lack-Kundschaft sind die Harley-Fahrer. Wenn die Bike-Farm Lackieraufträge annimmt, kommt Rainer Voigt zum Zuge, dessen Betrieb, das „Lackiercenter Melle“, praktischerweise im selben Gebäude wie die Bike-Farm untergebracht ist. Neben dem „Tagesgeschäft“ für Autohäuser und Privatkunden lackiert er im Schnitt zwei Maschinen pro Woche, mit starken saisonalen Schwankungen. Auch Airbrush-Arbeiten gehören zu seinem Repertoire. Ausgeführt werden diese, wie auch alle anderen Lackierungen mit der Wasserbasislackreihe seines Lacklieferanten Lechler: „Speziell bei den kleinen Flächen sind die Wasserlacke konkurrenzlos schnell“, lautet Rainer Voigts Urteil. Meist nutzt er die Airbrushpistole nicht für Figürliches, sondern um den Harley-Davidson-Schriftzug in allen Varianten anzubringen. Chrom- und Mattlack-Effekte haben ebenfalls Hochkonjunktur.
Nicht immer haben die Kunden bereits genaue Vorstellungen, wenn sie ins Lackiercenter Melle kommen. Für Rainer Voigt kein Problem – genau genommen sind ihm die Kunden am liebsten, die ihm freie Hand lassen. „Viele Harley-Kunden sagen einfach: Mach mir was Böses“, erzählt Rainer Voigt. Was damit gemeint ist, weiß er schon. Was Böses, aber seriös. MR

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