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Flugzeuglackierung der Extra-Klasse

Design
Flugzeuglackierung der Extra-Klasse

Über den Wolken ist die Freiheit bekanntlich grenzenlos. Zumindest gilt das für das Design. Bei der Oberflächenqualität muss der Flugzeugbauer Extra Aircraft dagegen extrem enge Toleranzen einhalten.

Rund 800 Stunden reine Lackierarbeit – so viel veranschlagt Daniel Ristau, Lackierermeister bei Extra Aircraft, für ein Flugzeug im Standard-Design. Wer glaubt, das ist viel, täuscht sich: „Für individuelle Custom-Design-Wünsche können das schnell mal bis zu 1.700 Stunden sein.“

Bauprozess von A bis Z

Extra Aircraft bedient ein breites Kundenspektrum: Privatkunden, Airshow-Piloten, Flugschulen sowie militärische Flugstaffeln. Dabei ist der Anspruch des Herstellers, so gut wie alles im Werk vor Ort zu fertigen. „Vom Engineering bis zum ersten Testflug machen wir alles selbst, um so unabhängig wie möglich zu sein“, erklärt Markus Extra, Geschäftsinhaber der Extra Aircraft. Lediglich einzelne Teile wie Motoren oder die Avionik, die Bildschirme, werden eingekauft. Sein Vater Walter Extra, Kunstflieger und Flugzeugkonstrukteur, begann damit bereits in den 1980er-Jahren. Ristau ergänzt: „Im Grunde sind wir eine Kfz-Werkstatt, die Flugzeuge lackiert. Das erfolgt in der gleichen Technik, den gleichen Lackieranlagen und mit den gleichen Auftragsverfahren.“

Herausforderung: Lackaufbau bei Extra Aircraft

Eine besondere Herausforderung für das zwölfköpfige Lackiererteam liegt im Untergrund: Die Flugzeugmodelle bestehen fast ausschließlich aus Carbon. „Für unsere gelernten Kfz-Lackierer ist das bereits ungewohnt, da Carbon sich anders lackieren lässt als Blech“, erklärt Ristau, der selbst gelernter Kfz-Lackierermeister ist. Das Hauptaugenmerk liegt weniger auf einzelnen Lackschichtdicken, bei den Sportflugzeugen gilt generell: Je leichter das Gewicht, desto besser die Performance. „Unsere Flugzeuge können wir nie in einem sauberen Durchgang lackieren. Beim Abreißen des Klebebandes passieren leicht Fehler und man muss nacharbeiten“, so Ristau. Ist ein Flugzeug nur 10 bis 15 Gramm zu schwer, lässt sich das im Finish durch Polierarbeit gegebenenfalls wieder rausholen. Liegt es immer noch darüber, muss alles heruntergeschliffen werden. „Da ist auch keine Beizflüssigkeit möglich, da das Carbonmaterial hochempfindlich ist und beschädigt werden könnte“, führt Ristau aus.

Kein Design unmöglich

In drei abtrennbaren Kombi-Lackierkabinen werden die Designvorstellungen der Kunden wunschgemäß umgesetzt. Dabei lassen sich zwei Lackierkabinen á sieben und elf Metern Länge zu einer großen Kabine zusammenlegen – die Flugzeugbauteile müssen für die Lackierarbeit trotz ihrer Größendimension in eine Kabine hineinpassen. Den Kunden bietet das Unternehmen sowohl eine Auswahl zwei- bis vierfarbiger Standard-Designs an als auch die Möglichkeit, sich Farbe und Design selbst auszusuchen. Ein hausinterner Designer hilft den Kunden auf dem Weg von der Idee zum fertigen Look auf dem Lack. Hier gilt der Grundsatz:
Alles ist möglich, selbst wenn die Designs aufwendig mit der Airbrushpistole aufgebracht werden müssen. Reglementierte Vorgaben, wie bei Airlines oft vorhanden, gibt es kaum: Die Kennung muss unter dem Flügel sein, ansonsten richtet sich alles nach Kundenwunsch. Markus Extra betont: „Die Linienführung oder applizierte Sticker müssen genau so sein, wie es der Kunde wünscht.“ Das arbeitsintensivste Flugzeug bislang war eine rote Custom-Design-Lackierung mit aufwendigem Flammenmuster in sieben verschiedenen Farben im Dreischichtaufbau. „Kunden, die aus der Nähe kommen, begleiten den Bauprozess ihres Flugzeuges auch gerne“, fügt Extra hinzu. Bei internationalen Kunden sei das aber oftmals aufgrund der Distanz nicht möglich.

Neue Anforderungen für Lackierer bei Extra Aircraft

Der Flugzeugrumpf ist besonders anspruchsvoll zu lackieren, da auch Innenflächen der Flugzeuge lackiert werden, die der Lackierer selbst nicht sehen kann. „Das kann ich dann nur blind und nach Gefühl machen“, erklärt Ristau. Schlecht erreichbare Stellen oder einfach die Größe der einzelnen Bauteile – ein Flügel hat z. B. 22 Quadratmeter Fläche – stellen besondere Herausforderungen für Lackierer dar. „Der linke Flügel soll ja auch exakt aussehen wie der rechte, das erfordert gerade bei aufwendigen Designs absolute Präzisionsarbeit mit häufigem Nacharbeiten“, so Ristau.

Hoch hinaus?

„Wir verwenden wasserbasierte Basislacke von Glasurit und Octoral sowie Klarlacke aus dem Kfz-Bereich, denn unsere Flugzeuge müssen keine drastischen Temperaturunterschiede aushalten“, erklärt Extra. Während sich Airline-Flugzeuge in Flughöhen von 40.000 Fuß (ca. 12 Kilometer) bewegen, erreichen die Extra-Maschinen nur um die 10.000 Fuß (ca. 3 Kilometer) Flughöhe. Hier spielt wieder der Untergrund eine wichtige Rolle: Das Material Carbon darf bestimmte Temperaturen nicht übersteigen. „Die Carbon-Bauteile halten im Trockenprozess bis zu 80 Grad aus, unser Trockenofen arbeitet aber nur mit 60 bis 70 Grad Celsius“, verdeutlicht Ristau. Verschiedene Lackfarbtöne können sich aber auch auf das Material auswirken: So sind dunkle Farbtöne manchmal tabu, wenn die Flugzeuge in besonders heißen Regionen fliegen müssen. „Verkaufen wir ein schwarz lackiertes Flugzeug nach Dubai, heizt sich das Carbon auf, das Harz verflüssigt sich und die Stabilität des Flugzeugs könnte nicht mehr gewährleistet werden“, fügt Ristau hinzu. Jeder Lackfarbton wird daher auf unterschiedliche Temperaturen gemessen und getestet, ob der Lackaufbau für den Farbton zulassungsfähig ist.

Läufer verboten

Die Lackfinishqualität der Extra-Maschinen muss höher als bei Fahrzeugen sein – das hat vor allem aerodynamische Gründe. Zudem müssen die Flugzeuge sowohl am Himmel als auch am Boden gut aussehen. Bewegliche Teile wie Querruder werden im Werk vor Ort geschliffen und auf Hochglanz poliert. Ristau macht deutlich: „Es dürfen keine Fettkanten entstehen, sonst gibt das Probleme für den Piloten.“ Die Gewichtsgrenzen dürfen nicht überschritten werden, da sonst die Performance der Extra-Flugzeuge etwa auf Flugshows zu stark beeinträchtigt wird.

Und was ist, wenn mal etwas beschädigt wird?

Spot-Repair ist für die Flugzeugbranche nicht möglich, in der Regel wird ein leicht beschädigtes Bauteil aus Gewichtsgründen abgeschliffen und ein komplett neuer Lackaufbau gemacht. Schwer beschädigte Bauteile müssen gänzlich ersetzt werden. „Wir denken hier in anderen Dimensionen: Auf einen Flügel kommen etwa sechs bis sieben Liter spritzfertiger Klarlack, das sind drei bis vier große Becher“, so Ristau. Eine Reparatur geht aber bedeutend schneller als beim Lackneuaufbau. In hundert Stunden lässt sich da vieles retten …

am ■

www.extraaircraft.com

Wir haben die Firma Extra Aircraft auch auf unserem Youtube-Kanal porträtiert. Einfach mal reinschauen!

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