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Sprache als Schlüssel

Know-how
Sprache als Schlüssel

Die BaMaLa in Lahr geht bei der individuellen Sprachförderung neue Wege

„Spritzspachtel schleifen, Teile abkleben, Stoßstange lackieren“ – wenn der Somalier Abdalla Abdikarim erzählt, was er im ersten Lehrjahr als Fahrzeuglackierer alles macht, dann gehen ihm die Fachbegriffe locker von den Lippen. Aufgeschlossen erzählt er über seinen Betrieb und beschreibt, wie viel Freude er an dem Beruf hat. Mit leuchtenden Augen berichtet auch Abdallas Klassenkamerad Abubakar Ceesay aus Gambia von seiner Ausbildung zum Lackierer. In Weil am Rhein hat er einen Ausbildungsplatz gefunden und freut sich darüber, dass er sich mit den Kollegen schon gut versteht. Dass die beiden als Flüchtlinge erst vor zwei Jahren nach Deutschland gekommen sind – ohne auch nur die geringsten Deutschkenntnisse –, ist kaum zu glauben. Doch an der Badischen Maler- und Lackiererfachschule in Lahr (BaMaLa) erhalten Flüchtlinge wie Abdalla und Abubakar eine einzigartige Chance.

Die Schule in der Schule

An der Fachschule gibt es unter der Leitung von Dr. Tobias Lander seit drei Jahren einen extra Sprachschulbereich – eine Schule in der Schule, könnte man sagen. In den VABO-Klassen (Vorqualifizierung Arbeit und Beruf ohne Deutschkenntnisse) sitzen Schüler, die zunächst noch keine konkreten beruflichen Perspektiven haben – nicht nur Asylbewerber, sondern auch EU-Ausländer. „Das ist kein Sprachkurs, sondern ein Vollzeitunterricht“, erklärt Lander. In mehreren Klassen werden die Schüler hier auf verschiedenen Sprachniveaus unterrichtet. „Bei manchen geht es tatsächlich darum, erst Lesen und Schreiben zu lernen“, erzählt Tobias Lander, „andere schaffen es dagegen innerhalb von einem Jahr auf ein Niveau von mindestens A2, mit dem ein Hauptschulabschluss erreichbar ist. „Turbo-VABO“ nennt Lander solch einen Sprachkurs im Schnelldurchgang. Natürlich sind so engagierte Schüler auch für ausbildende Handwerksbetriebe interessant. „Sehr viele dieser Schüler können wir nach den Kursen direkt in Lehrstellen vermitteln“, so der Sprachexperte. „Unsere VABO-Kurse sind so gesehen ein echtes Erfolgsmodell.“

Förderung in Lehrlingsklassen

Zudem gibt es auch in den regulären Lehrlingsklassen Schüler, die zwar bereits den Ausbildungsvertrag in der Tasche haben, jedoch ebenso geringe oder gar keine Deutschkenntnisse besitzen. „Manche Betriebe haben sich meist auf persönlicher Ebene für Zuwanderer als Lehrlinge interessiert“, erklärt Thomas Wulff, Fachbetreuer an der BaMaLa. Der Grund ist plausibel: Es mangelt an jeder Ecke an Fachkräften und an Nachwuchs. Eigentlich also eine Win-win-Situation. Aber einen Haken gibt es: Eine Ausbildung ohne ausreichende Deutschkenntnisse ist unmöglich. Eine individuelle sprachliche Förderung ist hier also genauso notwendig wie in den Vorqualifizierungsklassen. „Daher mussten wir uns auch für die normalen Lehrlingsklassen Maßnahmen zur individuellen Förderung überlegen“, so Thomas Wulff. „Das kann so weit gehen, dass die Betriebe nach jedem Unterrichtsblock einen Zwischenbericht erhalten, sodass sie über den Stand des Azubis Bescheid wissen. Zusätzlich geben wir Tipps, mit welchen Maßnahmen auch der Betrieb die Azubis fördern kann.“

Unterrichten im Tandem

Auch im Fachunterricht werden neue Wege eingeschlagen. „Seit dem letzten Jahr haben wir angefangen, im Tandem zu unterrichten. Das bedeutet, dass ich als Sprachlehrer parallel mit den Fachlehrern unterrichte“, erklärt Dr. Lander das Prinzip. Doppelt hält ja bekanntlich besser. Sandra Wolters, Studienrätin an der Fachschule in Lahr, erklärt den besonderen Vorteil des Tandemunterrichtes: „Der normale Unterricht kann ungestört weiterlaufen, während der zweite Kollege, ein Sprachexperte, unterstützend eingreift. Speziell bei den vielen komplizierten deutschen Fachbegriffen ist eine kurze Erklärung hilfreich – und oftmals auch ausreichend, um dem Unterricht wieder zu folgen.“ So ist es möglich, die vorhandenen Unterschiede im Sprach- und Lernniveau innerhalb des Unterrichtes anzupassen.

Tobias Lander führt weiter aus: „Auf der einen Seite haben wir Schüler mit Abitur und auf der anderen Seite haben wir Migranten ohne Deutschkenntnisse. Das unter einen Hut zu bekommen, ist extrem schwierig.“ Seit diesem Jahr wird mit einem neuen Konzept gearbeitet, welches Lander mit der engagierten Kollegin Frau Wolters entwickelt hat. „Dort wollen wir ganz gezielt durch Nachhilfe und individuelle Förderung im Unterricht helfen. Zudem ist auch die Schulung und Sprachsensibilisierung von Fachlehrern ein Kernelement des Konzeptes.

Zusammen ans Ziel

Die unterschiedlichen Kenntnisse der Schüler können aber auch genutzt werden, ganz nach dem Motto: Die Stärkeren helfen den Schwächeren. „Das funktioniert zum Teil sehr gut. Das Modell der Schülercoaches zum Beispiel ist besonders für jene Schüler wertvoll, die später vielleicht den Meisterabschluss anstreben“, erklärt Lander. „Diese lernen schon ein Stück weit das Lehren und Vermitteln.“

Die BaMaLa bietet einen idealen Standort, da hier eine direkte Schnittstelle zu den Handwerksberufen vorliegt. Regelmäßig werden Betriebe, Auszubildende sowie potenzielle Lehrlinge zusammengeführt – sei es über die Vermittlung von Praktika, bei Schulfesten oder den Ausbildertagen. „Wir sind die erste Schule, die überhaupt mit diesem Konzept arbeitet“, erklärt Tobias Lander, „und wir haben in den letzten drei Jahren sehr positive Erfahrung damit gemacht.“

Asyl, Duldung, Abschiebung

Im Falle der Flüchtlinge steht und fällt der Erfolg der sprachlichen und beruflichen Qualfizierung mit dem jeweiligen Asylstatus. Von der rechtlichen Situation hängt nicht nur für die Asylbewerber, sondern auch für die Ausbildungsbetriebe sehr viel ab. „In Lahr ist die Zahl der Afrikaner sehr hoch“, erklärt Tobias Lander. „Einerseits ist deren Engagement sich fortzubilden sehr groß, da ihre Anerkennungsquote recht niedrig ist, andererseits steht die Gefahr einer Abschiebung oft im Raum. Auch Thomas Wulff, Fachlehrer für Kfz-Lackierer an der BaMaLa, beobachtet täglich, dass die Bereitschaft zur Integration und das Engagement zur Berufsausbildung gerade bei Ayslbewerbern mit unklarem Anerkennungsstatus sehr hoch ist. „Generell lässt sich sagen, dass mit einer Ausbildungsstelle die Gefahr einer Abschiebung deutlich geringer ist. Und ein erfolgreicher Abschluss ist der beste Weg, um Asyl zu bekommen. Eine vernünftige politische Lösung für dieses Problem ist dringend notwendig, denn über Lehrlinge wie Abubakar und Abdalla können sich die Handwerksbetriebe eigentlich nur freuen.“

Evelyn Becker


Testen und Fördern

Einmal im Jahr veranstaltet die BaMaLa einen Diagnosetag, bei dem Lehrbetriebe und ausbildungsinteressierte Jugendliche Informationen zur Ausbildungsreife erhalten.Foto: BaMaLa

Das Problem ist bekannt: Sprach- und Bildungsdefizite bei potenziellen Auszubildenden erschweren oder verhindern die klassische duale „Standard“-Ausbildung in Betrieb und Berufsschule. Ob die Sprachkenntnisse potenzieller Auszubildender ausreichend sind, um eine Ausbildung durchzuziehen, lässt sich vorab schlecht beurteilen –
ein hohes Risiko für Ausbildungsbetriebe.

Die Lösung: Ein Test zur Feststellung sprachlicher und anderer Kenntnisse von Ausbildungsanfängern. Dafür veranstaltet die BaMaLa einmal im Jahr einen Diagnosetag, bei dem Lehrbetriebe und ausbildungsinteressierte Jugendliche Informationen zu ihrer Ausbildungsreife erhalten. Mehr noch: Auf Basis der Ergebnisse dieser Diagnose lassen sich individuelle Fördermaßnahmen entwickeln, die eine erfolgreiche Ausbildung unterstützen.

Auf verschiedenen Niveaus werden beim Diagnosetag folgende Fähigkeiten überprüft:

  • Kognitive Basiskompetenz
  • Sprachkompetenz
  • Methodische Kompetenz
  • Lernstand Mathematik

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