Startseite » Know-how »

Mitarbeiter entwickeln statt suchen

Know-how
Mitarbeiter entwickeln statt suchen

Im Handwerk braucht es aktives Personalmanagement

Zwei Phänomene ziehen seit geraumer Zeit ihre Runde durch die K+L-Branche: Erstens wird es immer schwieriger, qualifizierbaren Nachwuchs anzuheuern. Zweitens wird der gut ausgebildete Nachwuchs dann von der Industrie förmlich aufgesogen. Im Wettbewerb am Arbeitsmarkt zieht selbst der ansonsten sehr gut aufgestellte und auf Wachstum eingestellte Betrieb den Kürzeren. Die Personalausstattung gleicht dann oft einer Mangelverwaltung, in der die nötigsten Löcher mit kurzfristigen Maßnahmen gerade noch gestopft werden.

Vorschnell wird als Grund dafür der demografische Wandel bemüht, der jedoch als Ursache für den Nachwuchsmangel speziell im Handwerk nur bedingt taugt und durchaus auch in Zweifel gezogen werden kann. Ein wenig mehr Ursachenforschung könnte aber helfen, Herr des Problems zu werden. Warum also ist es für K+L-Betriebe so schwierig, gutes Personal zu finden und zu binden?
Handwerk nur als Einstieg
Erstens gibt es natürlich gesellschaft-
liche Gründe: Unsere Gesellschaft „ver-abiturisiert“ allmählich. Weil alle unsere Kinder es einmal besser haben sollen, ist bildungspolitisch gewollt, dass immer mehr Schülerinnen und Schüler ihre Laufbahn mit der Hochschulreife beenden. Während vor gut 25 Jahren noch weniger als ein Fünftel eines Jahrgangs Abitur machte, liegt die Quote heute bei rund der Hälfte eines Jahrgangs. Damit geht einher, dass sich die Lebensentwürfe sehr stark verändert haben. Handwerkliches Arbeiten kommt darin immer seltener vor. Häufiger wird dagegen als Motiv für den angestrebten Meistertitel genannt, aus der Werkstatt ins Büro oder dann auch ohne Abitur an eine Fachhochschule zu wechseln.
Zweitens hat es die Branche mit den Berufsbildern Karosseriebau und Lackierung schwer im automotiven Umfeld. Denn während der Kfz-Mechaniker, -Elektriker oder -Mechatroniker schon einmal die Bühne des Alltags eines normalen Menschen betreten hat, führte die K+L-Branche über mehrere Jahrzehnte ein Schattendasein. Es ist gewissermaßen ein Verdienst der Schadensteuerung, dass die Branche stärker ins Blickfeld der Verbraucher geraten ist und bewusst als eigenständig wahrgenommen wurde. Verankert ist sie dort noch nicht generell – weder als Dienstleister noch als Arbeitgeber.
Planen und Gestalten
Das dritte Ursachenbündel betrifft die Betriebe selbst – natürlich in unterschiedlichem Ausmaß. Formuliert als Fragen: Sind wir im regionalen Umfeld bekannt als lokale Marke? Sind wir dort als attraktiver Arbeitgeber positioniert ? Geben wir unseren Mitarbeitern Gründe, stolz zu sein, dass sie bei uns arbeiten? Geben wir unseren Mitarbeitern
eine verbindliche Perspektive für ihre Entwicklung bei uns? Betreiben wir eine aktive Personalplanung und -entwicklung? Bieten wir unseren Mitarbeitern ein attraktives Arbeits- und Lebensumfeld? Sicher ist: Wer am Arbeitsmarkt erfolgreich agieren will, muss hier – genauso wie beim Kunden – Marketing und Marktbearbeitung betreiben. Sicher ist zudem: Wer von Mitarbeitern Ordnung, Sauberkeit, Verbindlichkeit, Professionalität erwartet, der muss sich auch genauso präsentieren in allen Facetten der Beziehung zum (potenziellen) Mitarbeiter.
Der Fortbestand und vielmehr noch das Wachstum der K+L-Betriebe werden in Zukunft viel stärker getragen von einem ausgefeilten Personalmanagement. Aktionistische Schnellschüsse werden ersetzt durch weitsichtige Planung und Gestaltung. Dazu beispielhaft einige erfolgversprechende Ansätze:
  • In der Personalbedarfsplanung wird ermittelt, wer mit welcher Qualifika-tion und welchen Kompetenzen in den nächsten Jahren in Büro und Werkstatt gebraucht wird. Mit diesen Informationen kann der Betrieb dann planen und gestalten; denn nicht für alle Funktionen werden einschlägige Ausbildungen benötigt.
  • Bei der Nachwuchsrekrutierung helfen (gerne vertraglich geregelte) Kooperationen mit allgemeinbildenden Schulen. Im ersten Schritt sollen dabei weder Auszubildende noch Praktikanten gewonnen, sondern gemeinsame Projekte initiiert werden.
  • Wenn daraus im zweiten Schritt Praktikanten resultieren, sollten diese am Ende stolz auf etwas sein können und eine Geschichte zum Weitersagen mitnehmen. Und warum nicht den Praktikanten mit seinen Eltern zum Lunch einladen? Eltern haben in der Lebensphase Einfluss und Gewicht.
  • Auszubilden ist anspruchsvolle Arbeit: Klare Strukturen und gegenseitige Erwartungen, angemessene Kümmerung und regelmäßige Feedbacks helfen dabei, Ausbildung und Auszubildende zu den besten im Umfeld zu machen. Das macht den Betrieb zu einem interessanten Arbeitgeber, wenn Auszubildende darüber sprechen.
  • Social Media sollte auch unter dem Gesichtspunkt des Personalmarketings mit Content versorgt werden. Und warum nicht auch die Personalanzeige auf Facebook, die dann von den bestehenden Mitarbeitern geteilt wird? Somit landet sie genau in der Zielgruppe.
  • Der gesamte Auswahl- und Einstellungsprozess positioniert den Betrieb und hat großen Einfluss auf die spätere Performance des Mitarbeiters, aber auch auf das, was die abgelehnten Bewerber ihren Kollegen erzählen. Nicht nur deshalb sollte er hochprofessionell ablaufen.
  • Auf Inhaber- und Managementebene profitieren die Betriebe mittlerweile sehr stark von der Vernetzung, und es entsteht ein Gefühl von Stärke und Verbundenheit. Warum nicht auch auf Mitarbeiterebene? Oder als Familienfest jährlich an einem anderen Betriebs-Ort? Verwirklichung im Beruf hat immer auch eine soziale Komponente.
Die Liste lässt sich in vielen Aspekten fortsetzen. Themen wie Vertragsgestaltung, Vergütung, Mitarbeitergespräche, innerbetriebliche Verantwortungsübernahme für Querschnittaufgaben sind weitere Kernelemente des wirkungsvollen Personalmanagements.
Aufwand lohnt sich
Damit stellt sich immer auch die Frage des Aufwands: Ganz sicher kostet es Kraft, Mühe und ein paar Euro, diese Prozesse solide einzuführen. Qualifizierte, engagierte und identifizierte Mitarbeiter machen sich dann aber bezahlt. Die Entwicklung dieser Managementaufgabe gleicht in der Wahrnehmung einem Thema, das vor wenigen Jahren ähnlich diskutiert wurde: der Marktbearbeitung. Seinerzeit fast geächtet investieren heute erfolgreiche Betriebe viel Zeit und Geld, um mit Kunden und Multiplikatoren Kontakt zu bekommen und sich über den Markt auszutauschen. Hier gibt es eine weitere Parallele zum Schmunzeln: Wurden doch früher die Kundenannahmebereiche recht stiefmütterlich behandelt, sind sie heute meistenorts recht vorzeigbar bis richtig klasse. Die meisten Sozialräume sind dagegen der lebende Beweis, dass das Thema Mitarbeiter noch nicht angekommen ist, wo es hingehört.
Perspektive stimmt
Der Landesinnungsverband des Bayerischen Karosserie- und Fahrzeugbauerhandwerks hat dies erkannt. Mit seinem Projekt Junge Innung Bayern (JIB) fokussiert er die Bereiche Unternehmens-nachfolge, Fachkräftenachwuchs und Mitarbeiterbindung. Mit einem Mix aus Maßnahmen auf Innungsebene sowie aus Hilfe zur Selbsthilfe wird er seine Mitglieder unterstützen, sich als attraktive Arbeitgeber im Umfeld zu positionieren. HEPP Unternehmensimpulse begleitet das Projekt analytisch-konzeptionell und kreativ. Den Beteiligten ist klar, dass hier nicht das Gewohnte intensiver betrieben, sondern neue Wege beschritten werden sollen. Dass die Betriebe von einem solchen Angebot zügig profitieren, dafür gibt es eine Perspektive: Die Branche hat sich recht schnell und nachhaltig in die Rolle des Dienstleisters eingefunden – warum nicht auch in die des modernen Arbeitgebers?
Der Autor L. Stefan Höslinger arbeitet seit 20 Jahren u. a. zu Fragen der Organisations- und Personalentwicklung und begleitet seit 15 Jahren K+L-Betriebe in ihrer unternehmerischen Entwicklung.

Unternehmen im Fokus
Aktuelle Ausgabe
Titelbild Lackiererblatt 2
Aktuelle Ausgabe
02/2024
EINZELHEFT
ABO
FACEBOOK


Malerblatt Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Malerblatt-Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Medien GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum arcguide Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des arcguide Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de