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„Standardlösungen gibt es bei uns nicht“

Technik
„Standardlösungen gibt es bei uns nicht“

Tiemo Sehon über Trends in der Anlagentechnik und im Markt

Herr Sehon, lassen Sie uns zu Beginn, auch wenn sie jetzt schon ein paar Monate zurückliegt, auf die Automechanika eingehen. Haben sich dort aus Ihrer Sicht wichtige Trends im Bereich der Lackieranlagentechnik gezeigt?

Ich würde zwei Trends herausheben – zum einen die Einbindung neuerer Energiequellen wie zum Beispiel Blockheizkraftwerken oder Solaranlagen in die Lackieranlagentechnik; zum anderen die Optimierung bestehender Modelle und Anlagen – zum Beispiel bei der Beleuchtung oder der Luftführung.
Das heißt, den großen Wurf hat man diesmal vergeblich gesucht?
Eine ausgereifte Technologie noch zu verbessern, ist bereits eine große Herausforderung. Die „großen Würfe“ in der Anlagentechnik waren in der Vergangenheit immer eine Reaktion auf grundlegende Veränderungen der Lacke. Als die Lackhersteller auf Wasserbasislacke umstellten, mussten Anlagenhersteller sich Lösungen einfallen lassen. Ähnlich war die Situation, als sich – im Nachhinein muss man sagen – scheinbar ein Trend zur UV-Klarlacktechnologie abzeichnete und wir mit einer innovativen Lösung reagiert haben.
Wenn es derzeit einen Lacktrend gibt, dann sind das ja die schnellen oder – je nachdem, worauf der Fokus liegt – bei niedrigeren Temperaturen trocknenden Klarlacke. Welchen Einfluss können diese Materialien auf die Anlagentechnik haben?
Die Anlagentechnik muss für diese Lacke nicht weiterentwickelt werden. Allerdings werden die schnellen Klarlacke, wenn sie einmal auf breiter Front eingesetzt werden, Einfluss auf die Wahl der Anlagenkonstellation haben.
In welcher Hinsicht?
Bisher musste ich, um schneller oder energiesparender arbeiten zu können, anlagentechnisch investieren – zum Beispiel, indem ich einen IR-Trockner in der Kabine eingebaut habe. Nun kann ich innerhalb gewisser Grenzen auch über das Lackmaterial schneller oder sparsamer werden. Bei der Abwägung, welche Maßnahmen sich lohnen, muss einfach schärfer gerechnet werden. Umso wichtiger ist es für uns als Anlagenhersteller, die Prozesse beim Kunden exakt zu analysieren und gemeinsam auf Basis solider Daten zu überlegen: Was rechnet sich, und was rechnet sich nicht?
Unter welchen Umständen rechnet sich denn Ihrer Erfahrung nach ein BHKW?
Wir haben speziell mit dieser Technologie sehr viel Erfahrung, kompetente Partner und exakte Vergleichsdaten. Und meine Meinung lautet mittlerweile: Man kann als Lackierer mit der Entscheidung für ein BHKW grundsätzlich gar nicht verkehrt liegen. Aber man kann bei der Planung, der Realisierung und insbesondere der Dimensionierung sehr viel falsch machen. Wir werden häufig in Betriebe gerufen, die hier falsch beraten waren – um zu retten, was zu retten ist.
Wie schlägt sich der Trend zum BHKW in Ihrer täglichen Praxis nieder?
Bei den meisten Neuanlagen, die wir aufstellen, ist zumindest eine Vorrüstung für den Anschluss eines BHKW vorgesehen, und in vielen Fällen wird ein BHKW gleich mit eingebunden.
Wenn Sie Ihre aktuellen Aufträge betrachten – stammt da mehr aus dem klassischen Lackier- und Karosseriebereich, oder liegen Autohäuser bei den Investitionen vorne?
Eines steht außer Frage: Die Fahrzeughersteller haben erkannt, dass im K+L-Geschäft eine interessante Marge liegt. Wir können beobachten, dass Autohäuser sich zu großen Einheiten zusammenschließen, die dann auch genügend Volumen für das Karosserie- und Lackgeschäft bieten. Auch wenn in den letzten Jahren Reparaturvolumen in die freien Betriebe gewandert ist, wird sich der Autohaus-Anteil mittelfristig wieder erhöhen. Speziell in letzter Zeit wurden von uns einige große Neubauprojekte im Autohausbereich realisiert.
Und die freien Karosserie- und Lackierbetriebe?
Da stellt sich die Situation weniger einheitlich dar. Natürlich gibt es immer wieder Leuchtturmprojekte, große, zum Teil spektakuläre Neubauten. Generell habe ich aber den Eindruck, dass es speziell für die im Schadenmanagement stark engagierten Betriebe immer schwieriger wird, aus dem Geschäft heraus Rücklagen für große Investitionen zu bilden. Auch das ist wahrscheinlich ein Grund für den Trend zur Optimierung und Ergänzung bestehender Anlagen.
Welche Konsequenzen hat das für Ihr Geschäft?
Für uns ist das eine große Chance, denn gerade die Aufwertung und Optimierung bestehender Anlagen mit innovativen Eigenentwicklungen wie SE Öcoplus oder SE-ECO-DRY gehört zusammen mit dem Kabinenservice zu den Kernkompetenzen von Sehon Lackieranlagen. Auch wenn wir heute auch bei den Neuanlagen eine starke Position haben, ist das die Wurzel und Grundlage unseres Erfolgs. Das Know-how, das wir auf diese Art gewonnen haben, ermöglicht es uns, grundsätzlich mit einem hohen Maß an Individualität die optimale Lösung für den Kunden zu finden. Standardlösungen gibt es bei Sehon nicht – weder bei der Kabine noch im Vorbereitungsbereich.
A propos Vorbereitungsbereich – vor einiger Zeit wurde über Multifunktions- und Universalarbeitsplätz ja noch kontrovers diskutiert. In der Zwischenzeit ist es um das Thema etwas ruhiger geworden. Nun ist für 2015 eine Richtlinie der Berufsgenossenschaft Metall Nord Süd zu diesem Thema zu erwarten. Wird dann die Diskussion wieder aufflammen?
Das lässt sich schwer voraussagen. Abgekühlt ist die Debatte, weil der Trend allgemein dazu ging, den Vorbereitungsbereich technisch aufzurüsten, und so der Eindruck entstanden ist, das haben ja jetzt alle, das Thema ist durch. Mit dem Multifunktionsarbeitsplatz, mit dem die Firma Sehon die Diskussion ausgelöst hat, haben diese Lösungen aber nicht viel zu tun. Denn hier geht es tatsächlich darum, in einer kabinenartigen Umgebung komplette Reparaturen zu machen, vom Füller bis zum Klarlack, unter intensiver Einbindung der IR-Technologie. Dafür wird die BG im Laufe des nächsten Jahres eine Richtlinie herausgeben, bei der unser Konzept des Mulitifunktionsarbeitsplatzes quasi Pate gestanden hat. Es wird noch ein paar zusätzliche Verschaltungen und Kopplungen geben, die zum Beispiel sicherstellen, dass bestimmte Betriebsarten der Kabine nur mit geschlossenen Rollos laufen, oder dass der IR-Strahler nur bei bestimmten Betriebsarten in Betrieb sein kann.
Sie fühlen sich also mit Ihrem Konzept bestätigt …
Natürlich, aber zusätzliche Regelungen machen eine ohnehin anspruchsvolle Technologie nicht gerade günstiger. Gleichzeitig sehe ich natürlich, je strenger dieser Bereich geregelt ist, eine Kluft zwischen Betrieben, die sich an alle Auflagen halten, und solchen, die das nicht tun. Das gilt auch für Hersteller – da gibt es solche, die wie wir alle Normen bei allen Bauteilen erfüllen, und andere, die das laxer auslegen und entsprechend günstiger anbieten können.
Wie würden Sie generell den Markt für „günstige“ Kabinen beurteilen?
Der Preis spielt natürlich eine Rolle, allerdings ist der Betrieb einer Lackieranlage derart energieintensiv, dass sich Investitionen in energiesparende und damit in der Regel kostspieligere Anlagen innerhalb kürzester Zeit rentieren. Ein zweiter entscheidender Punkt ist der Service. Sehr viele Betriebe haben mittlerweile ihre Prozesse so optimiert, dass diese Lackieranlagen mit hoher Taktung kaufen. Wenn da bei einem Problem nicht sofort kompetente Hilfe des Herstellers bereitsteht, habe ich von einem günstigen Preis gar nichts. In der Summe ist Deutschland daher ein Premiummarkt.
Herr Sehon, vielen Dank für das Gespräch. Michael Rehm

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