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Die eigene kleine Lackfabrik

Technik
Die eigene kleine Lackfabrik

Industrielacksysteme ermöglichen eine Fülle von Lackqualitäten für unterschiedlichste Aufgaben

Michael Rehm

Fahrzeuglackierer erhalten durch Industrielackierungen interessante Möglichkeiten, sich ein zweites Standbein aufzubauen. In den seltensten Fällen werden für diese Lackierungen die Materialien aus der Reparatur-Mischbank verwendet. Gefragt sind weniger die -Zigtausend Farbtonnuancen und -effekte der hochwertigen Reparaturlacksysteme, sondern vielmehr Materialien, die es ermöglichen, ein breites Spektrum von Lackqualitäten für unterschiedlichste Untergründe und Anwendungen zu erreichen. Die Reparaturlackmarken bearbeiten das Thema Industrielacksysteme mit unterschiedlicher Intensität. Manche Reparaturlackhersteller haben solche Systeme im Programm, andere konzentrieren sich ausschließlich auf die Pkw- und Nfz-Lackierung. Ein Hersteller, bei dem traditionell Wert darauf gelegt wird, beide Märkte zu bedienen, ist MIPA Paints aus dem niederbayerischen Essenbach. Wir sprachen mit den beiden Vorständen Markus und Klaus Fritzsche.
Stellen Sie einen Trend fest, dass Fahrzeuglackierer zunehmend in den Bereich Industrielackierung gehen?
Diese Entwicklung dauert schon einige Zeit an. Je nach Standort kann es sein, dass Betrieben ihr klassischer Markt schwindet und sie Alternativen brauchen. Unser Eindruck ist auch, dass Entwicklungen wie die Schadensteuerung ein bisschen dazu beitragen, dass manche sich über die Ausrichtung ihres Betriebs Gedanken machen. Viele Lackierer habe den Beruf eigentlich ergriffen, weil sie lackieren wollen, nicht weil sie sich mit unterschiedlichsten Prozessen in der Schadenabwicklung, mit marketingtechnischen und juristischen Feinheiten abgeben wollen.
Das heißt, die Industrielackierung wird attraktiver?
Man kann hier sehr schwer verallgemeinern. Es gibt Betriebe, die ab und zu mal einen Schaltschrank oder einen Anhänger lackieren, aber auch solche, die sich sehr stark spezialisiert haben und die heute eher einer modernen Lohnbeschichterei gleichen – beide betreiben nach landläufigem Sprachgebrauch Industrielackierungen.
Können Sie denn beide Betriebstypen mit Materialien bedienen?
Selbstverständlich, MIPA Paints bietet ein breites Spektrum von Lacken für industrielle Anwendungen und mit Pro Mix Industry und Pro Mix Aqua auch zwei Mischsysteme, die es den Kunden ermöglichen, selbst die für den jeweiligen Auftrag benötigte Lackqualität auszumischen. Da es hier um Industrielackierung als zusätzliches Betätigungsfeld für Fahrzeuglackierer gehen soll, legen wir Wert auf die Tatsache, dass unsere Vertreter und Außendienstler beide Systeme, Refinish- und Industrielacke, aus einer Hand anbieten und entsprechend beraten. Natürlich gibt es im Hintergrund getrennte Techniker und Produktmanager für die Bereiche, aber beim Kunden ist ein Ansprechpartner für beide Bereiche zuständig. Nur so können Synergien wirklich genutzt werden. Auch die Farbtoninformationssysteme sind einheitlich aufgebaut, sodass hier keine Reibungsverluste entstehen. Unsere Härter und Verdünnungen sind ebenfalls für beide Systeme kompatibel.
Sie sprachen das Thema Beratung an: Ist die Industrielackierung in dieser Hinsicht ein etwas undankbares Feld für den Lackhersteller, weil sehr viel Beratung bei manchmal geringen Volumina erforderlich ist?
Das sehen wir bei MIPA nicht so – zum einen wechseln sich kleine Materialmengen mit Aufträgen ab, die sehr materialintensiv sind und über einen langen Zeitraum laufen, zum anderen gibt es im Industriebereich häufig Aufträge an sehr prestigeträchtigen Objekten. Und nicht zuletzt mag Beratung zwar manchmal aufwendig sein, sie ist aber immer ein hervorragendes Mittel zur Kundenbindung. Was gibt es besseres, als wenn ich als Lackhersteller gemeinsam mit dem Kunden die für einen speziellen Auftrag erforderliche Lackqualität herausfinde und damit ein Beschichtungsproblem des Kunden löse? Solche Fälle gibt es in der Industrielackierung sehr häufig.
Kommen wir auf die Lacktechnik zu sprechen: Wie sind Ihre Industrielacksysteme aufgebaut?
Wir arbeiten sowohl bei Pro Mix Industry als auch bei Pro Mix Aqua mit Farbkonzentraten, die mit unterschiedlichsten Bindern gemischt über 80 lösemittel- oder wasserbasierte Lackqualitäten ergeben – je nach beschichtungstechnischer Aufgabenstellung.
Wie stellt sich das Thema Farbton in der Industrielackierung dar?
Natürlich etwas unkomplizierter als bei der Reparaturlackierung. Gefragt sind primär Unitöne, aber auch manchmal Metallics. Anders als in der Reparaturlackierung, wo es fast nur Hochglanz gibt, spielen aber unterschiedlichste Strukturen und Mattierungsgrade eine große Rolle.
Gibt es farbtontechnische Einschränkungen?
Nein, egal, ob RAL-, NCS- oder andere Töne, wir können alles ausmischen. Etwas zurückhaltend sind wir nur bei den Effekten. Wir bieten zwar zahlreiche Metallics, aber nicht das komplette Spektrum wie in der Reparaturlackierung. Erstens ist die Nachfrage relativ gering, zweitens könnte das ja zu einem Kannibalisierungseffekt bei unserer Reparaturlackreihe führen.
Welche Unterstützung bei der Farbtonsuche bieten Sie?
Zum einen die Farbtonsoftware, zum anderen Farbtonpaspeln, seit neuerem aber mit unserem Pro Mix Color Scan auch ein sehr einfaches Spektralfotometer für den Industriebereich, das es ermöglicht, Farbtöne auf Oberflächen zu messen und ihnen RAL-, NCS- oder andere Töne zuzuordnen. Im Grunde ist das eine elektronische Farbtonkarte für mittlerweile über 10.000 Töne.
Welche Schulungsangebote gibt es?
Wir bieten hier am Standort Essenbach zwei Typen von Schulungen: In der Einführungsschulung geht es um den Umgang mit dem System und die Grundfunktionsweise der unterschiedlichen Binder und Konzentrate. In der Fortgeschrittenen-Schulung werden unterschiedlichste Lackqualitäten erstellt, wobei da natürlich auch die Wünsche der Schulungsteilnehmer entscheidend sind. Ein ganz wichtiges „Nebenprodukt“ dieser Schulung ist die Erstellung eines Musterkoffers, mit dem der Schulungsteilnehmer künftig zu seinen Kunden gehen kann. Speziell im Bereich der Struktur-und Mattlackierung sind anschauliche Muster extrem wichtig.
Wie ist die Nachfrage nach Schulungen?
Sehr stark, und das ist auch kein Wunder: Wenn man sich ein wenig mit den Industrielacksystemen beschäftigt, wird man zum Herren seiner eigenen kleinen Lackfabrik.
Vielen Dank für das Gespräch.

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