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Voll verklebt

Bei der Aktion „Sterne des Handwerks“ wurden die besten und kreativsten Handwerkerfahrzeuge prämiert

Dass Firmenfahrzeuge mehr sein können als einfache Fortbewegungsmittel, haben mittlerweile sehr viele Handwerksunternehmer erkannt. Grund genug für die Aktion Modernes Handwerk e. V. (AMH), im Rahmen des Wettbewerbs „Sterne des Handwerks“ nach den besten und kreativsten Beschriftungen von Handwerkerfahrzeugen zu suchen. Unterstützung lieferten dabei Experten aus Marketing und Design. Beteiligen konnten sich seit dem Herbst letzten Jahres alle Handwerksunternehmen über die Website www.sterne-des-handwerks.de.

Konzept vonnöten
Christoph Scheller und Ralf Weißmantel, beide Professoren im Lehrgebiet Grafik-Design und Jury-Vorsitzende von „Sterne des Handwerks“, geben einen Einblick, worauf es beim gestalterischen Entwurf ankommt. „Die werbliche Beschriftung der eigenen Firmenfahrzeuge ist für Handwerksunternehmen eine effektive Möglichkeit, in der eigenen Region auf ihre Leistungen und Angebote aufmerksam zu machen“, so Scheller. „Doch nur, wenn beim Design einige Grundregeln beherzigt werden, hebt man sich wirklich im Straßenbild ab.“
Wichtig ist zunächst, dass ein werbliches Konzept vorhanden ist – ein bloßer Schriftzug mit Logo und offizieller Firmierung reicht nicht aus, um sich vom Wettbewerb zu unterscheiden: Eine originelle Idee, die ansprechend umgesetzt wird, ist häufig die Initialzündung für Aufmerksamkeit, Sympathie und einen hohen Erinnerungswert. Zentrales Element kann ein so genanntes „Key Visual“ sein – ein Motiv, ein Foto oder eine Zeichnung –, das Emotionen weckt und den Wiedererkennungswert steigert. Der Bezug zum Produkt oder zur Dienstleistung muss natürlich leicht zu erkennen sein: „Selbsterklärende Ideen haben die Chance, auch in der flüchtigen Wahrnehmung schnell verstanden zu werden. Wenn dann die Ansprache auch noch zielgruppengerecht erfolgt, umso besser“, erläutert Scheller die Kriterien für eine gelungene Umsetzung unter Marketinggesichtspunkten.
Ganzes Fahrzeug einbeziehen
Weißmantel ergänzt: „Die Zeiten eines einfachen Aufklebers auf den Fahrzeugtüren sind vorbei. Die modernen technischen Möglichkeiten, die professionelle Werbetechniker bieten, erlauben es, das komplette Fahrzeug in die werbliche Gestaltung mit einzubeziehen.“ Einen Sondereffekt erzielt man, wenn auch die Fahrzeugform – Ecken, Kanten, Rundungen sowie Seitenfenster, Rückspiegel usw. – in die gestalterische Planung mit einbezogen wird.
„Leider ist es aber häufig so, dass überhaupt kein Bezug zum tatsächlichen Angebot vorhanden ist oder einfach nur das Gewerk ohne jeden Bezug zu den eigenen, ganz besonderen Leistungen genannt wird. So läuft man schnell Gefahr, austauschbar zu werden“, skizziert Weißmantel die Fehlerquellen. Manchmal steckt der Teufel auch im Detail: Wenn z. B. die Telefonnummer oder die Internetseite fehlt, macht man dem potenziellen Kunden die direkte Kontaktaufnahme unmöglich. „So würde selbst die kreativste Fahrzeugwerbung ihrem ureigenen Zweck nicht gerecht und sich selbst ad absurdum führen“, erklären die beiden Designer unisono.
Technik ausnutzen
Um mit dem Fuhrpark allerdings eine Image steigernde Außenpräsenz zu erzielen, gilt es, bei der Technik einige wichtige Dinge zu beachten. Nadine Mikoteit, ausgebildete Werbetechnikerin in Diensten der LOGO-Werbetechnik GmbH, ist sich sicher: „Allein bei der Wahl des Folienmaterials kann man schon viel falsch machen, aber eben auch richtig.“ Heiner Schaffrath, ausgebildeter Schilder- und Lichtreklamehersteller und Inhaber von MOVE Werbetechnik, ergänzt: „Von großer Bedeutung ist es auch, das Fahrzeug vor Beklebung ordentlich vorzubereiten. Ein sauberer Untergrund ist unerlässlich, daher sollten Kunden dringend darauf achten, dass ihr Auto in einer Halle und nicht auf der Straße beschriftet wird.“ Hier sollte der Wagen zunächst gründlich gewaschen werden, um ihn möglichst staubfrei zu bekommen. Unmittelbar vor der Beklebung empfiehlt sich zudem eine Entfettung, um Fett- und Ölrückstände zu beseitigen.
Bei der Wahl des Materials gibt es auch einiges zu beachten. Nadine Mikoteit: „Es sollten stets gegossene Folien verwendet werden.“ Die sind im Gegensatz zu kalandrierten Folien zwar kostenintensiver, dafür bringen sie aber einige Vorteile mit. Dies beginnt bereits bei der Lebensdauer. „Gegossene Folien halten circa sieben bis zehn Jahre und bleiben in dieser Zeit auch formstabil – bei großer Wetterfestigkeit und Lichtechtheit. Da sie mit den Jahren nur geringfügig schrumpfen, entstehen an den Folienrändern nur minimale Schmutzstellen“, so Schaffrath. Kalandrierte Folien dagegen haben eine Lebensdauer von nur ein bis drei Jahren. Das Material schrumpft schon sehr bald und spannt gerade bei Vertiefungen, bis es dann irgendwann reißt.
Um komplizierte Formen, makellose Fotos und Farbverläufe qualitativ hochwertig „auf das Auto“ zu bekommen, werden heute verstärkt die Möglichkeiten des Digitaldrucks genutzt. Dabei wird die Gestaltung vollständig auf eine Folie aufgedruckt. Heiner Schaffrath: „Neben dem aufmerksamkeitsstärkeren „Look“, der sich hierbei oft erzielen lässt, spart diese Technik auch Zeit.“ Mit einem Schutzlaminat versehen, sind solche Autobeschriftungen auch beständig gegen physikalische Einflüsse wie Hochdruckreiniger oder in Waschanlagen. Allerdings ist ihre Lichtechtheit gegenüber den durchgefärbten Farbfolien eingeschränkt, da Digitaldrucke nur oberflächlich sehr dünn mit Farbe belegt sind. Für ganz besondere Gestaltungen empfiehlt Nadine Mikoteit eine Vollverklebung mit 3-D-Autofolie: „Die meistert auch schwierige Stellen am Auto wie Kotflügel oder Stoßstange.“ Die Folie wird hierbei mit einem Heißluftfön aufgezogen und für die optimale Haltbarkeit zum Schluss noch- mal auf 80°C erhitzt und angedrückt.
Dipl.-Ing. Andreas Gasch, Bundesinnungsmeister des Werbetechnikerhandwerks und Jurymitglied bei „Sterne des Handwerks“ weist grundsätzlich darauf hin: „Technisch ist heute vieles machbar, aber nicht alles ist auch sinnvoll und werbewirksam. Unter Berücksichtigung des Einsatzzweckes und der Nutzungsdauer des Fahrzeuges kann weniger oft auch mehr sein.“ MR

Nagelneue Rostlaube – erster Preis geht an Lackierbetrieb
Weit über 1.000 Handwerksbetriebe aus ganz Deutschland bewarben sich auf der Website www.sterne-des-handwerks.de um einen Mercedes-Benz Vito inklusive Fahrzeugbeklebung und einjährigem Versicherungsschutz. Aus diesen wurden zunächst die besten 25 ermittelt. Ausgewählt wurden die Bewerbungen, die nicht nur in punkto Gestaltung, Umsetzung und Originalität überzeugten. Vielmehr wurden diejenigen herausgefiltert, die den klarsten Bezug zu ihrem handwerklichen Angebot, hohe Funktionalität und einen großen Erinnerungsfaktor herstellen. Auch Wilfried Gottschalk aus Aachen befand sich in der Endrunde – und wurde mit seinem Entwurf einer „nagelneuen Rostlaube“ prompt auf den ersten Platz gewählt.
Die Idee zu dieser Gestaltung hatten die beiden jungen Grafiker Ben Krause und Jens Michel. Überzeugt hat bei dem Entwurf der offensichtliche Widerspruch zwischen dem gewollten Eindruck einer völlig ramponierten Rostlaube und der eigentlichen Arbeit einer Autolackiererei: Fahrzeuge zu reparieren und zu verschönern. „In allen Bewertungskategorien konnte das Gewinnerfahrzeug die beste Punktzahl erreichen“, so Christoph Scheller, Professor im Lehrgebiet Grafik-Design an der Fachhochschule Aachen, „mit einer einfachen, einfallsreichen und exakten Idee, die alle Anforderungen an eine sehr gute Fahrzeuggestaltung erfüllt.“
Im Rahmen der IHM in München wurde der Hauptpreis Anfang März an den Gewinner Wilfried Gottschalk übergeben. Nach diesem außergewöhnlichen Fahrzeugdesign wird sich der ein oder andere Handwerkskunde zukünftig wohl zweimal umdrehen.

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